„Bundesnotbremse“. Mancherlei Kritik hat das BVerfG auf sich gezogen von Menschen, die sich eine strengere Rechtsprechung zu den Schutzmaßnahmen gegen Corona wünschen – zumindest eine grundlegendere. Denn bislang haben die Karlsruher Richter einen Berg von Beschwerden gegen staatliche Anordnungen auf den Tisch bekommen, nebst Eilanträgen auf den Erlass von einstweiligen Anordnungen. Eingeschritten sind die Verfassungshüter jedoch nicht, sondern haben schon im Sommer eine Entscheidung über ausgewählte Hauptsacheverfahren für den Herbst angekündigt. Am 30.11. soll es nun soweit sein. Nicht nur um die „Bundesnotbremse“ werde es dabei gehen, sondern auch um Hinweise „für Folgefragen, die sich stellen werden“, sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth am 12.11. im ZDF anlässlich eines Festakts, der unter anderem zu seinem fast eineinhalb Jahre zurückliegenden Aufrücken an die Gerichtsspitze stattfand – etwa für kommende Pandemien oder für Maßnahmen in der gegenwärtigen Infektionswelle. So betrifft die anstehende Entscheidung Kontaktbeschränkungen (§ 28b I 1 Nr. 1 IfSG), Ausgangsbeschränkungen (Nr. 2), Freizeiteinrichtungen (Nr. 3), touristische Beherbergung (Nr. 10) sowie Schulschließungen und Testpflicht (§ 28b III IfSG).
„Das Gericht blieb nicht still“, versicherte Harbarth: Es habe inzwischen über 700 Entscheidungen getroffen. Im Oktober hat der Erste Senat Befangenheitsanträge gegen ihn und die Berichterstatterin beim Vierten Bevölkerungsschutzgesetz, Susanne Baer, zurückgewiesen. Gestützt waren sie insbesondere auf ein Dinner-Treffen des Plenums mit der Bundesregierung unter anderem zum Thema „Entscheidungen unter Unsicherheiten“. Was zusätzlich deshalb Befremden auslöste, weil das Richter-Oktett zur „Beschleunigung“ keine mündliche Verhandlung angesetzt hat – obwohl das höchste Gericht dies in den Monaten dazwischen zu anderen Themen getan hat, und das trotz der Pandemie. Segelanweisungen, die der Gesetzgeber gerade in diesen Tagen dringend gebrauchen könnte.
Geschäftsschließung. Wenn Gewerbeimmobilien wegen Corona-Anordnungen nicht mehr oder kaum noch verwendbar sind, ist ein Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu vermuten. Das hat der Bundestag Ende vergangenen Jahres in Art. 270 § 7 EGBGB eingefügt. Mit einem solchen Fall befasst sich am 1.12. der BGH: Eine Einzelhandelskette für Textilien sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs musste im März/April vergangenen Jahres aufgrund einer Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vier Wochen lang den Verkauf von Bekleidung und Wäsche einstellen – und wollte deshalb auch den Mietzins nicht entrichten. Sie habe alle ihre 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil der Belegschaft in „Kurzarbeit 0“ geschickt. Die gewerbliche Vermieterin hingegen verwies darauf, dass ein Teil des Sortiments weiter verkauft werden durfte und das Objekt weiter zur Lagerhaltung genutzt werden konnte. Das LG Chemnitz vergatterte die Handelskette zur vollständigen Zahlung der Miete. Das OLG Dresden hingegen rang sich zu einer salomonischen Lösung durch und verteilte die Kostenlast hälftig, ließ aber die Revision zu.
Kurzarbeit. Die eben erwähnte „Kurzarbeit 0“ musste auch eine Verkaufshilfe in einer Bäckerei hinnehmen. Sie wehrt sich am 30.11. vor dem BAG dagegen, dass die Arbeitgeberin mit Blick darauf ihren Jahresurlaub gekürzt hat. Vor dem ArbG Essen und dem LAG Düsseldorf drang sie damit nicht durch, weil auch das EU-Recht Urlaubsansprüche nur für Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung gebiete.
Mietgerichtstag. Am 3./4.12. holt der Deutsche Mietgerichtstag seine wegen Corona verschobene März-Veranstaltung nach. Noch unklar ist, ob dies hybrid oder nur online geschehen wird. Zu den zahlreichen Themen gehört ein Vortrag von Prof. Dr. Florian Jacoby über „Ein Jahr WEG-Reform“.