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Die Termine der 48. Kalenderwoche
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Muss ein Händler im Internet Details einer Garantie aufführen, die gar nicht von ihm, sondern dem Hersteller stammt? Das will der Bundesgerichtshof beim Versand von Schweizer Offiziersmessern klären. Am Bundessozialgericht geht es um die Versicherungspflicht von Niederlassungsleitern einer bundesweiten Steuerberatungs-GmbH. Der Bundesrat soll mehrere Sicherheitsgesetze billigen. Und die Justizminister treffen sich – aber nur per Video.

19. Nov 2020

Auf Messers Schneide. Muss ein Händler im Internet auch dann über die näheren Konditionen einer Garantie aufklären, wenn er auf deren Bestehen erst auf einer nur durch einen weiteren Klick erreichbaren Unterseite hinweist? Das OLG Hamm meint: ja, selbst wenn sie werblich nicht besonders hervorgehoben sei und die Garantieerklärung bloß vom Hersteller stamme. Der BGH will am 26.11. entscheiden, welcher von zwei miteinander streitenden Versandshops recht bekommt, die Schweizer Offiziersmesser vertreiben. Der Beklagte hatte das rote Universalzweckutensil auf der Plattform Amazon angeboten; unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ stand ein Link mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“. Bei dessen Anklicken erschien ein Informationsblatt mit einem Hinweis auf die Garantie des Produzenten. Danach erstrecke sich diese zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder unsachgemäßen Gebrauch entstünden, seien nicht gedeckt.

Im Gegensatz zum LG Bochum reichte das den Oberrichtern in Hamm nicht aus. Sie bezweifelten zwar, dass den Händler eine Haftung als Täter oder Gehilfe nach § 479 I BGB treffe, der Vorgaben für einfache und verständliche Garantieerklärungen macht. Doch habe der Kläger einen Unterlassungsanspruch nach dem Wettbewerbsrecht (§§ 3 I, 3a, 8 I 1 UWG). Die Informationspflicht bei Fernabsatz- und Außerhausgeschäften (§ 312d BGB) greife jedenfalls dann ein, „wenn das Warenangebot einen Hinweis (in welcher Form auch immer) auf das Bestehen einer Garantie enthält“, schreiben sie unter Hinweis darauf, dass ein Unternehmer gegebenenfalls über deren Bedingungen informieren müsse (Art. 246a § 1 EGBGB).

Freiberufler als Arbeitnehmer. Sind Niederlassungsleiter einer bundesweiten Steuerberatungs-GmbH sozialversicherungspflichtig, wenn sie lediglich an der jeweilige Filiale beteiligt werden – und das bloß als stille Gesellschafter? Damit hat sich das BSG für den 24.11. einen Fall auf seine Agenda gesetzt, dessen Ruhen das SG Potsdam mit Blick auf ein anderes Verfahren 2006 neun Jahre lang ausgesetzt hatte. Die Vorgeschichte: Die zuständige Krankenkasse hatte als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach einer Betriebsprüfung einer solchen Teilhaberin ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis unterstellt. Denn sie führe die Geschäfte der GmbH nicht wie eine Eigentümerin und könne dort keine wesentlichen Entscheidungen verhindern; auch trage sie kein nennenswertes Unternehmensrisiko, weil sie zwar am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sei – nicht aber an Verlusten, die über ihre Vermögenseinlage hinausgingen. Der mutmaßliche Arbeitgeber konterte mit dem Hinweis auf eine Sperrminorität der örtlichen Chefin; auch habe sie eigene Mandate akquiriert und sei allein verantwortlich für die fachliche sowie betriebliche Führung der Kanzlei. Doch wie schon die erste Instanz fand auch das LSG Berlin-Brandenburg, gegen eine selbstständige Tätigkeit spreche bereits die von der Ertragslage unabhängige feste Vergütung.

Rechtspolitik. Statt vor Ort in Bremen treffen sich die Justizminister wegen der Pandemie am 26./27.11. nur zu einer virtuellen Herbstkonferenz. Anders als bei ihrer Videotagung im Frühjahr soll es diesmal aber Beschlüsse etwa über Legal-Tech-Inkassounternehmen und zum „Zivilprozess der Zukunft“ geben. Real zusammenkommen wollen hingegen am 27.11. die Vertreter der Länder. Der Bundesrat stimmt dann in letzter Runde unter anderem über zwei Sicherheitsgesetze ab. So muss künftig zwei Fingerabdrücke abgeben, wer einen Personalausweis beantragt; diese werden aufgrund von EU-Vorgaben darauf gespeichert. Passfotos müssen digital gefertigt werden – entweder unter Aufsicht in einer Behörde vor Ort oder durch ein zertifiziertes Studio. Dadurch soll verhindert werden, dass Bilder durch Manipulationen mehreren Personen zugleich ähnlich sehen („Morphing“) (NJW-aktuell H. 25/2020, 8). Auch die Entfristung diverser Befugnisse von Bundesamt für Verfasssungsschutz, BND und MAD soll gestrichen werden (NJW-aktuell H. 46/2020, 8).

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.