Diensttelefone. Der „Gestaltungsmissbrauch“ (§ 42 AO) ist der Joker im Steuerrecht, wenn Finanzämter oder Finanzgerichte keine Vorschrift finden, die in einer konkreten Konstellation eine Steuerersparnis untersagt – deren Anerkennung sie aber für zutiefst ungerecht hielten. Der BFH befasst sich am 23.11. in drei Fällen damit, ob jene Vorschrift hier passt. Geklagt hat ein Unternehmen aus der Verlags- und Werbebranche, das nach eigenen Angaben sein Entlohnungssystem „optimieren“ wollte. Dazu gehörte der Ankauf von Mobiltelefonen von seinen Mitarbeitern für jeweils 1 bis 6 EUR; die Geräte wurden ihnen anschließend sofort wieder zur Verfügung gestellt – auch zur privaten Nutzung. Kosten für Reparaturen, Wartung und Verlust übernahm der Arbeitgeber, ebenso die Flatrategebühr bis zu jeweils unterschiedlichen Höchstbeträgen. Unter Berufung auf § 3 Nr. 45 EStG, der „die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten“ steuerfrei stellt, wollte er dafür keine Lohnsteuer abführen.
Da wollten die Steuerbeamten nicht mitspielen. Als Argument führten sie unter anderem den amtlichen Hinweis des Bundesfinanzministeriums zu R 3.45 seiner Lohnsteuerrichtlinien ins Feld, die in Zusammenarbeit mit den Landesbehörden erstellt werden. In den dort aufgeführten Beispielen wird für genau diese Fallgestaltung eine Steuerbefreiung der Verbindungsentgelte abgelehnt, weil ein solcher Kaufvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalte. Die Dritte Gewalt binden solche verwaltungsinternen Handreichungen bekanntlich nicht. Und so befand denn auch das FG München: Nicht nur das zivilrechtliche, sondern ebenso das wirtschaftliche Eigentum an den Smartphones sei auf die Firma übergegangen. Schließlich müssten die Telefone bei einer Beendigung des Arbeitsvertrags an sie zurückgegeben werden.
Schwangerschaft. In gynäkologisches Fachwissen muss sich am 24.11. das BAG einarbeiten. Eine Hauswirtschaftshelferin wendet sich gegen ihre Entlassung, die ein großer Arbeitgeber innerhalb der ersten beiden Wochen nach ihrer Einstellung in der sechsmonatigen Probezeit ausgesprochen hat. Kurz darauf teilte sie mit, sie sei zu dem Zeitpunkt bereits schwanger gewesen, habe dies aber erst später erfahren. Daher genieße sie Sonderkündigungsschutz (§ 17 I Nr. 1 MuSchG). Das ArbG Heilbronn und das LAG Baden-Württemberg wollten der vorgelegten „Schwangerschaftsbestätigung“ ihrer Frauenärztin aber nicht folgen. Sie meinten, abzustellen sei auf den anhand der Ultraschalluntersuchungen errechneten und in einem weiteren Attest mitgeteilten voraussichtlichen Entbindungstermin. Maßgeblich für den Kündigungsschutz sei, wann die Befruchtung stattgefunden habe, was durchschnittlich am 12. oder 13. Zyklustag stattfinde. Anders als die Erfurter Bundesrichter meinten, sei vom prognostizierten Geburtstag nur um 266 statt um 280 Tage zurückzurechnen: Letzterer Zeitraum umfasse die mittlere Schwangerschaftsdauer, die bei einem Menstruationszyklus zehn Lunarmonate zu je 28 Tagen (ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung an) betrage – und das sei mit typischen Verläufen nicht in Deckung zu bringen, da eine Befruchtung der Eizelle erst nach der Ovulation möglich sei. Wenn eine Arbeitnehmerin das Vorliegen einer Schwangerschaft über eine statistische Wahrscheinlichkeit herleiten will, geht dies nach Ansicht der rebellischen Vorinstanzen nur bei „typischen Geschehensabläufen“ über einen Anscheinsbeweis.
Vorsteuer. Das System des Vorsteuerabzugs ist anfällig für kriminelle „Umsatzsteuerkarusselle“. Der EuGH befindet am 24.11. über eine Anfrage des FG Nürnberg. Das will wissen: Kann dem zweiten Erwerber eines Gegenstands der Abzug versagt werden, weil er wissen musste, dass der ursprüngliche Verkäufer bei der ersten Veräußerung Mehrwertsteuer hinterzog, obwohl auch der erste Erwerber wusste, dass der ursprüngliche Verkäufer bei der ersten Veräußerung Mehrwertsteuer hinterzog? Und wie der dann zu versagende Betrag zu ermitteln ist.
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