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Die Termine der 46. Kalenderwoche
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Benedikt / Adobe

In der Hochphase der Pandemie mussten sich Beschäftigte im Gesundheitswesen gegen Corona impfen lassen. Das BAG befasst sich mit dem Rauswurf von zwei Krankenschwestern, die ihrem Arbeitgeber gefälschte Bescheinigungen über einen Piks vorgelegt hatten, um weiterarbeiten zu können. Das BVerfG verkündet sein Urteil zu Schuldenbremse und Klimafonds. Und der BGH seinen Entscheid zu einem Abschleppunternehmen, das ein Auto erst nach Zahlung von rund 5.000 Euro "Verwahrkosten" herausrücken wollte.

9. Nov 2023

Fake-Atteste. Pünktlich zum (bisher leichten) Anstieg der Corona-Infektionen befasst sich das BAG am 16.11. mit der Fälschung von Bescheinigungen über eine angebliche Impfunfähigkeit. Nicht alltäglich: Die oberste Instanz muss diesmal nicht bloß zwischen konträren Ansichten verschiedener Obergerichte entscheiden, sondern sogar verschiedener Spruchkörper desselben Berufungsgerichts. Denn über zwei bemerkenswert ähnlich Fälle hatten zwei Kammern des LAG Schleswig-Holstein mit ganz unterschiedlichem Ergebnis geurteilt. In dem einen ging es um eine Krankenschwester, im anderen um eine Pflegeassistentin derselben Klinik. Die hatte im Dezember 2021 alle Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass sie eine Immunisierung gegen Covid-19 nachweisen müssten, anderenfalls einen frischen Genesenennachweis oder ein Attest über eine medizinische Kontraindikation gegen das Vakzin (so der inzwischen aufgehobene § 20a IfSG zur „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“). Anderenfalls werde man das Gesundheitsamt verständigen, und vor allem: Die Betreffenden dürften nicht weiterarbeiten.

Die beiden Frauen luden sich daraufhin im Internet eine „Bescheinigung einer vorläufigen Impfunfähigkeit“ herunter – mutmaßlich gegen Bezahlung. Darin hieß es, bis zum Vorliegen eines Impfstoff-Allergie-Gutachtens seien die Patientinnen impfunfähig. Eine Untersuchung durch die Ärztin hatte es nicht gegeben, auch keine Befragung am Telefon oder online. Als Ausstellerin war eine Medizinerin benannt, die es der Gesundheitsbehörde zufolge offenbar gar nicht gab; laut Arbeitgeber war sie eine „berüchtigte Corona-Leugnerin“. Auch weitere Beschäftigte des Hospitals hätten einen vollständig inhaltsgleichen „Nachweis“ abgegeben. Mit Zustimmung des Betriebsrats wurden sie fristlos gekündigt; vor einer ordentlichen Entlassung waren die Klägerinnen (eine seit 1988 in Diensten des Krankenhauses, die andere seit 2004) durch einen Tarifvertrag geschützt. Was die 4. Kammer in Kiel billigte, weil es sich um eine „schwere Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis“ gehandelt habe. Wogegen die 5. Kammer fristlose Kündigungen nur für zulässig hielt, „wenn das Gewicht der Pflichtverletzung durch besondere Umstände erheblich verstärkt wird“. Doch ein „gewichtiger Grund“ (§ 626 I BGB) lag in der Vorlage des „Fake-Dokuments“ – so die Förde-Richter – nicht vor. So habe es sich um keinen strafbaren Betrug gehandelt. Zudem dürfe „nicht verkannt werden, dass sich in den Medien auch Ärzte immer wieder kritisch über die Covid-Impfstoffe äußerten, so dass in Teilen der Bevölkerung eine durchaus ernst zu nehmende Angst vor erheblichen und langanhaltenden Impfnebenwirkungen (zB: Long Covid) bestand und besteht“.

Gelockerte Bremse. Für die „große Politik“ könnte wichtig werden, was das BVerfG am 15.11. verkünden will. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion klagt dort gegen die Ampel-Koalition. Diese hat nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen auf ein (inzwischen umbenanntes) Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ übertragen, die die Große Koalition einst zur Pandemie-Bekämpfung geschaffen und dafür die Schuldenbremse ausgesetzt hatte. Die obersten Richter haben darüber im Juni verhandelt. Sie kündigten an: „Das Verfahren gibt Anlass, sich mit bisher nicht geklärten grundsätzlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der notlagenbedingten Kreditaufnahme gemäß Art. 115 II 6 GG sowie den allgemeinen Grundsätzen des Haushaltsverfassungsrechts auseinanderzusetzen.“

Gekaperter Pkw. Kann ein Abschleppunternehmen zehn Monate lang die Herausgabe eines aus einem Parkverbot abgeschleppten Fahrzeugs verweigern, um die Bezahlung der Verwahrkosten zu erzwingen? In dem Streitfall, den der BGH im September erörtert hat (NJW-aktuell H. 37/2023, 6), will er am 17.11. das letzte Wort sprechen. Immerhin geht es für den Halter um üppige (knapp) 5.000 Euro. Umso ärgerlicher für ihn, als nicht er selbst, sondern seine Schwester den Wagen trotz Verbotsschilds auf einem fremden Innenhof abgestellt hatte. Das OLG Dresden hatte die Forderung auf 75 Euro gekappt.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.