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Die Termine der 45. Kalenderwoche
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Der "Widerrufsjoker" diente vielen Bankkunden als willkommener Trick, aus teuren Kreditverträgen auszusteigen, weil sie lange zuvor nicht korrekt über ihre Rechte belehrt worden waren. Der BFH muss klären, ob davon auch die Finanzämter profitieren. Ein fleißiger Teilzeitlehrer beschäftigt mit seinem Wunsch nach einer höheren Pension das BVerwG. Dort kämpft auch ein wegen sexueller Übergriffe degradierter Bundesbeamter gegen seine Herabstufung. Und der Gesetzgeber ist aktiv: Der Bundestag und die Justizminister tagen.

2. Nov 2023

Widerrufsjoker. Die Suche nach beachtenswerten Entscheidungen in den Terminkalendern unserer obersten Bundesgerichte kann mühselig sein – nicht alle neigen dazu, vorab auf die Highlights aufmerksam zu machen. Erst auf den zweiten Blick offenbart denn auch in unserer Berichterstattungswoche die Liste auf der Webseite des BFH eine Besonderheit: Gleich elf Verhandlungen werden dort für den 9.11. mit jeweils ein oder zwei kargen, aber sehr ähnlichen Sätzen angekündigt – und das mit Vorinstanzen aus sechs Bundesländern. Deren Abruf offenbart dann eine „Perle“ an der Schnittstelle von Steuer- und Zivilrecht, nämlich die Frage: Müssen Bankkunden, die den berühmt-berüchtigten Widerrufsjoker gezogen haben, um vorzeitig aus alten Kreditverträgen mit hohen Zinsen auszusteigen, auf die erhaltenen Vergleichszahlungen Steuern zahlen?

Man erinnert sich: Die gewachsenen Anforderungen von EuGH und BGH an die ordnungsgemäße Belehrung von Verbrauchern, ohne welche die Frist für das begründungslose Recht zum Widerruf des Vertrags nicht zu laufen beginnt, hat vielen Darlehensnehmern als Hebel gedient, um sich Jahre später von lästigen Kreditverpflichtungen zu lösen. Ein zähes Pingpong-Spiel zwischen Karlsruhe und Luxemburg bei verschiedenen Arten von Verbraucherverträgen und zu den unterschiedlichsten Details folgte. Diese von manchen Anwaltskanzleien offensiv beworbene Hintertür erlaubte vielen Mandanten, in Zeiten von Null- und Negativzinsen auf günstigere Verträge umzusteigen. Die Schuldverhältnisse wurden rückabgewickelt, und die wechselseitigen Ansprüche auf Rückgewähr und Nutzungsersatz führten zu Zahlungen an die Aussteiger. Doch da wollten die Finanzämter – offenbar bundesweit – nicht leer ausgehen: Im Einvernehmen mit den Geldhäusern kassierten sie darauf Kapitalertragsteuer. Völlig richtig, befand etwa das FG Köln: „Ein Vergleichs­betrag, der von der Bank als Ersatz für Nutzungsvorteile geleistet wird, die sie aus laufenden Zins- und Tilgungszahlungen gezogen hat, führt zu Kapitaleinkünften.“

Fleißiger Teilzeitlehrer. Mit dem Ruhegehalt eines früheren Oberstudienrats befasst sich am 9.11. das BVerwG. Vor seiner Tätigkeit an einer Malerfachschule hatte er unter anderem eine Ausbildung als Maler und Lackierer absolviert sowie ein Architekturstudium bis einschließlich der Diplom-Vorprüfung durchlaufen; ein Studium in Farbtechnik und Raumgestaltung hatte der Berufsschullehrer mit der Prüfung zum Lehramt abgeschlossen, anschließend den Vorbereitungsdienst. Erst als Angestellter, dann als Beamter auf Probe arbeitete er zunächst in Teilzeit – aber zeitweise deutlich mehr, als sein Deputat verlangte. Umstritten ist vor allem, wieweit diese zusätzliche Betätigung bei seinen Versorgungsbezügen berücksichtigt werden muss.

Degradierter Beamter. Gegen seine Herabstufung kämpft ein Regierungsdirektor des Bundes. Schon früh fiel der Diplom-Volkswirt – zeitweise tätig als Entwicklungshelfer und später ans einschlägige Bundesministerium abgeordnet – in mehrerlei Hinsicht unangenehm auf, auch durch Übergriffe in betrunkenem Zustand. Das VG Berlin befand: „Ein Beamter, der Kolleginnen über 15 Jahre verbal sexuell belästigt und in ­sexuell bestimmter Weise körperlich berührt, begeht ein schweres Dienstvergehen, das zur Zurückstufung führt.“ Und billigte die Degradierung zum Oberregierungsrat. Das BVerwG verhandelt am 9.11. darüber.

Gesetzgeber. Der Bundestag beschäftigt sich vom 8.–10.11. erstmals mit der Einführung digitaler Kommunikation mit dem BVerfG sowie mit der Reform des Namensrechts. Endgültig verabschiedet werden soll ein Gesetz zur Finanzierung politischer Stiftungen. Die Justizministerkonferenz diskutiert am 10.11. nach derzeitiger Planung über 42 Themen – darunter Vorstöße gegen Stalking mit Bluetooth-Trackern, eine Entkriminalisierung des „Schwarzfahrens“ und Maßnahmen gegen Hate Speech.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.