Widerrufsjoker. Die Suche nach beachtenswerten Entscheidungen in den Terminkalendern unserer obersten Bundesgerichte kann mühselig sein – nicht alle neigen dazu, vorab auf die Highlights aufmerksam zu machen. Erst auf den zweiten Blick offenbart denn auch in unserer Berichterstattungswoche die Liste auf der Webseite des BFH eine Besonderheit: Gleich elf Verhandlungen werden dort für den 9.11. mit jeweils ein oder zwei kargen, aber sehr ähnlichen Sätzen angekündigt – und das mit Vorinstanzen aus sechs Bundesländern. Deren Abruf offenbart dann eine „Perle“ an der Schnittstelle von Steuer- und Zivilrecht, nämlich die Frage: Müssen Bankkunden, die den berühmt-berüchtigten Widerrufsjoker gezogen haben, um vorzeitig aus alten Kreditverträgen mit hohen Zinsen auszusteigen, auf die erhaltenen Vergleichszahlungen Steuern zahlen?
Man erinnert sich: Die gewachsenen Anforderungen von EuGH und BGH an die ordnungsgemäße Belehrung von Verbrauchern, ohne welche die Frist für das begründungslose Recht zum Widerruf des Vertrags nicht zu laufen beginnt, hat vielen Darlehensnehmern als Hebel gedient, um sich Jahre später von lästigen Kreditverpflichtungen zu lösen. Ein zähes Pingpong-Spiel zwischen Karlsruhe und Luxemburg bei verschiedenen Arten von Verbraucherverträgen und zu den unterschiedlichsten Details folgte. Diese von manchen Anwaltskanzleien offensiv beworbene Hintertür erlaubte vielen Mandanten, in Zeiten von Null- und Negativzinsen auf günstigere Verträge umzusteigen. Die Schuldverhältnisse wurden rückabgewickelt, und die wechselseitigen Ansprüche auf Rückgewähr und Nutzungsersatz führten zu Zahlungen an die Aussteiger. Doch da wollten die Finanzämter – offenbar bundesweit – nicht leer ausgehen: Im Einvernehmen mit den Geldhäusern kassierten sie darauf Kapitalertragsteuer. Völlig richtig, befand etwa das FG Köln: „Ein Vergleichsbetrag, der von der Bank als Ersatz für Nutzungsvorteile geleistet wird, die sie aus laufenden Zins- und Tilgungszahlungen gezogen hat, führt zu Kapitaleinkünften.“