Original und Fälschung. Eine „weltberühmte Sängerin“ (so der BGH in seiner Ankündigung) klagt am 4.11. vor den obersten Zivilrichtern gegen die Produktionsfirma eines Musicals. Den Namen Tina Turner nennen die Karlsruher Urteilsfinder aus Datenschutzgründen zwar nicht – aber wer es ist, ist kein wirkliches Geheimnis. Die Steine des Anstoßes sind die Plakate, mit denen für die Show geworben wird: Schon die Verwendung ihres Namens soll verboten werden; ebenso aber auch Fotos, die eine Doppelgängerin von Turner zeigen, welche bei den Aufführungen die Hauptrolle spielt und – vor allem – die altbekannten Hits wie „Nutbush City Limits“ schmettert. Das Double heißt Dorothea „Coco“ Flechter, das Stück „Simply the Best – Die Tina Turner Story“. (Nicht zu verwechseln übrigens mit der ebenfalls aktuellen Inszenierung „TINA – Das Tina Turner Musical“ mit der oben abgebildeten Kristina Love.) Die Anwälte der Klägerin machen geltend, dass ein Betrachter aufgrund der Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen davon ausgehe, sie selbst sei dort abgebildet. Doch habe sie weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Namens eingewilligt. Die verklagte Produktionsfirma aus Passau konterte, die Künstlerin habe vor zehn Jahren ihre Karriere offiziell beendet; da sei es lebensfremd anzunehmen, dass jemand ohne entsprechende pressemäßige Ankündigung von einer Rückkehr der Klägerin auf die Bühne ausgehe.
Das LG Köln fand das nicht. Da der Hinweis fehle, dass es sich um eine bloße „Tribute“-Show handele, werde bei Durchschnittsrezipienten der Eindruck erweckt, dass die Klägerin daran mitwirke oder sogar selbst darin auftrete. Schließlich gebe es diverse Künstler wie die Rolling Stones, die Scorpions oder Heino, die auch im fortgeschrittenen Alter noch auf den Bühnen der Welt aufträten. Das dortige OLG meinte zwar ebenfalls, die Darstellerin erinnere aufgrund ihrer Frisur und Pose stark an die Klägerin in der Zeit, als sie noch selbst performt habe. Letztlich könne auch dahinstehen, ob sie „gleichsam ein optisches Monopol auf die Frisur (,Löwenmähne’) oder sonstige visuellen Attribute (Minirock etc.)“ habe. Dennoch liege hier keine „Eindruckserweckung“ oder „Namensanmaßung“ vor. Denn ein Comeback einer Über-80-Jährigen würde eine solche Sensation darstellen, dass sie nicht bloß dergestalt beworben und in überwiegend kleineren Hallen stattfinden würde. Das Fazit: Die Kunstfreiheit und die Einwilligungsfreiheit für zeitgeschichtliche Bildnisse (§ 23 I KUG) siegten hier über das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Recht am eigenen Bild sowie den Datenschutz.
Ohne Lohn. Wer Arbeitslosengeld beziehen will, muss nicht nur ohne Job sein und sich bei der Arbeitsagentur melden, sondern auch eine Anwartschaftszeit erfüllt haben. Diese beträgt zwölf Monate und muss innerhalb einer Rahmenfrist von (aktuell) 30 Monaten erfüllt werden (§§ 142 f. SGB III). Das BSG will am 3.11. klären, was genau auf diese Anwartschaftszeit angerechnet wird. Das Problem: Die Klägerin hat sie nach Ansicht der Arbeitsverwaltung und des LSG Hessen nur deshalb nicht erreicht, weil sie nach einem gerichtlichen Vergleich mit ihrem Arbeitgeber aus der Anstellung ausgeschieden ist, im letzten Monat aber kein Gehalt mehr bekam und daher nicht mehr sozialversicherungspflichtig war. Somit habe das Arbeitsverhältnis auch nicht als fortbestehend gegolten (§ 7 III SGB IV).
Diverses. Der Bundesrat tritt am 5.11. zusammen. Gesetze aus der 19. Legislaturperiode des Bundestags hat er nicht mehr in der Pipeline. Daher geht es in der Länderkammer etwa um eine Initiative von Schleswig-Holstein für eine Änderung des Kaffeesteuergesetzes, um Spenden solcher Bohnen aus einem Steuerlager von dem staatlichen Obolus zu befreien und somit Lebensmittelvernichtungen zu verhindern. Und der BGH verkündet am 4.11. sein Verdikt zur verbandsrechtlichen Haftung von Fußballvereinen für ihre Anhänger. Anlass ist eine Strafe für die pyrotechnische Randale, die Hooligans des FC Carl Zeiss Jena bei einem Zusammentreffen mit Hansa Rostock angezettelt hatten (NJW-aktuell H. 26/2021, 6).