„Gelbe Scheine“. Wann muss eine Krankenkasse Krankengeld zahlen, obwohl beim Ausstellen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht alles rund gelaufen ist? Drei Fälle dieser Art nimmt sich am 29.10. das BSG zur Brust. So geht es um die Klage einer Versicherten, die das LSG Berlin-Brandenburg abgewiesen hat. Sie bezog seit 9.10.2014 Arbeitslosengeld I; am Tag darauf bescheinigte ihr die Hausärztin eine fortdauernde „AU“ für voraussichtlich drei weitere Wochen wegen einer Schulterentzündung. Ein Prüfer vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung befand am 29.10.2014, die Frau – sie war bei ihrem Ehemann als Sekretärin an gestellt gewesen – sei für eine „leichte angemessene Tätigkeit“ auf dem Arbeitsmarkt geeignet. Gleichwohl stellte die Hausärztin Folgebescheinigungen aus – die letzte allerdings erst drei Tage nach Ablauf der vorherigen. Zu den Obliegenheiten der Antragstellerin gehörte laut dem LSG Berlin-Brandenburg aber, „einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufzusuchen und diesem die Beschwerden zu schildern“; ein Telefonat des Ehepartners mit dem Mediziner habe nicht genügt. Einem Krankengeldanspruch steht demnach ein nachträglich ausgestellter „gelber Schein“ nur dann nicht entgegen, wenn ein Versicherter alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare unternommen hat. Hinzukommen muss, dass er von einer Fehlentscheidung des Vertragsarztes betroffen war, etwa durch eine irrtümlich nicht erstellte AU-Bescheinigung. Und schließlich muss er seine Rechte bei der Krankenkasse schleunigst geltend machen.
Mehr Glück hatte ein Arbeitsloser vor dem LSG Sachsen- Anhalt, der unter Fußproblemen litt. Hier waren die Bescheinigungen ebenfalls nicht lückenlos und auch nicht als rückwirkend deklariert; die Hausärztin hatte ihn auf einen späteren Termin „umbestellt“. Was dem Mann half: Die Medizinerin hatte rechtzeitig einen Frage bogen der Kasse ausgefüllt und zurückgeschickt. Weil ohnehin mit einem langwierigen Heilungsprozess zu rechnen gewesen sei, habe das ohne erneute persönliche Vorstellung gereicht. Nachsichtig zeigten sich dieselben Richter auch gegenüber einem Arbeitslosen mit Leistenbruch: Seine Hausärztin hatte ebenfalls bloß ein Formular ausgefüllt und ohne neue Untersuchung per Fax bestätigt, dass er bis zu einer Operation keine Berufstätigkeit aufnehmen könne.
Teure „Schneebälle“. Immer wieder ein Zankapfel zwischen betrogenen Kapitalanlegern und dem Fiskus sind Steuern auf Ausschüttungen, die bei den berüchtigten Schneeballsystemen oft nur auf dem Papier stehen. Am 27.10. beugt sich der BFH über zwei Klagen hierzu. So hatte eine Investorin von einem Finanzdienstleister, der mittlerweile deshalb rechtskräftig verurteilt wurde, Scheinrenditen aus Aktiengeschäften bezogen. Mit Billigung des FG Niedersachsen entschied das Finanzamt, gutgeschriebene Renditen seien steuerpflichtig, wenn ein Anleger die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage habe. Entscheide er sich für eine Wiederanlage, führe diese Schuldumschaffung zu einem Zufluss der Rendite, sofern der Gläubiger zum Zeitpunkt dieser Novation leistungsbereit und leistungsfähig sei. Im Streitfall waren zahlreiche andere Geldgeber ausgezahlt worden, bevor das Betrugssystem aufflog. Der Knackpunkt: Entgegen einer Mitteilung ihnen gegenüber war keine Kapitalertragsteuer angemeldet oder gar abgeführt worden. Im Gegensatz zu den Kollegen aus Hannover ließ das FG Nürnberg die Forderungen des Staats in derselben Konstellation scheitern, denn schon diese Falschbehauptung habe eine Abgeltungswirkung zugunsten des Anlegers gehabt. Die Bayern ließen die Revision zu, weil es etliche Parallelverfahren gebe.
Fleißige Volksvertreter. Vom 28.–30.10. geht der Bundestag wieder ans Werk. In letzter Lesung will er Familien und Behinderte steuerlich entlasten, Investitionen beschleunigen und Arbeitsschutzkontrollen verschärfen. Ferner auf der finalen Agenda: ein Register für Lobbyisten gegenüber der Politik, eine bessere Versorgung mit Arzneimitteln und mehr Ladestellen für Elektrofahrzeuge.