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Die Termine der 43. Kalenderwoche
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Zwangsmitglied in der Handwerkskammer auch mit einer bloßen Nebentätigkeit? Dagegen kämpft eine „Make up“-Artistin vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dort macht außerdem ein Bürger geltend, das Bundesinnenministerium müsse ihm auch alle Direktnachrichten offenbaren, die es über den Kurznachrichtendienst Twitter erhalten oder versandt hat – obwohl diese gerade nicht öffentlich sind. Doch die Vorinstanz hat ihm auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes recht gegeben.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 21. Okt 2021.

Gefüllter Schminkkoffer. Wer als Gewerbetreibender ein zulassungspflichtiges Handwerk betreibt, wird in die Handwerksrolle aufgenommen – die 53 Branchen in der nicht alphabetisch geordneten Anlage zur HwO reichen vom Maurer bis zum Orgelbauer. Wer hingegen ein zulassungsfreies Handwerk oder ein handwerksähnliches Gewerbe betreibt, muss sich in ein Gewerbeverzeichnis eintragen lassen. Das BVerwG befasst sich am 26.10. mit einer „Make-up-Artistin“, die sich dagegen sträubt. Schließlich habe ihre Ausbildung nur im Besuch eines Kurses von 220 Stunden bestanden. Und ihre Tätigkeit übe sie bloß nebenher aus; im Hauptberuf sei sie nämlich Lagerarbeiterin. Die örtliche Handwerkskammer wollte die Frau dennoch unter ihre Fittiche nehmen. Da die der Aufforderung nicht nachkam, sich dort anzumelden, drohte sie ihr eine Eintragung von Amts wegen an. Denn es handele sich um ein „stehendes, handwerksähnliches Gewerbe“, für dessen Ausübung „umfassende Kenntnisse von Material- und Inhaltsstoffen der dekorativen Kosmetik und deren Wirkungsweise“ erforderlich seien. Das VG Stuttgart und der VGH Mannheim schlugen sich auf die Seite der Klägerin: Hier gehe es lediglich um einen „kleinen Teilausschnitt aus dem vielfältigen Berufsbild des Kosmetikers“. So bietet die selbsternannte Künstlerin, die ab und zu mit ihrem Schminkkoffer zu ihren über Facebook akquirierten Kunden fährt, weder Nagelmodelage noch Hautreinigung an. Der mutmaßliche Beweggrund für ihre Gegenwehr: Wer bei einer Handwerkskammer geführt wird, muss dort einen Mindestbeitrag zahlen. Landet er stattdessen zuständigkeitshalber bei der regionalen IHK, kann er bei geringen Einnahmen auf eine Befreiung hoffen.

Stille Post. Der Kurznachrichtendienst Twitter ist im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken im Normalfall öffentlich: Anders als beispielsweise bei Facebook machen es dort nur wenige Nutzer generell von ihrer Zustimmung abhängig, dass andere ihre Posts sehen können. Wer dennoch einmal diskret kommunizieren möchte, verschickt stattdessen eine sogenannte Direktnachricht. Das BVerwG will am 28.10. über die Klage eines Privatmanns entscheiden, der unter Berufung auf das IFG sämtliche dieser eigentlich als vertraulich gedachten Botschaften an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sehen will – und dessen Antworten ebenso. Die Beamten von Horst Seehofer (CSU) wollten da nicht mitspielen. Ihr Argument: Die Nachrichten hätten nicht in Akten aufgenommen werden müssen und kein Verwaltungshandeln erforderlich gemacht. Das VG Berlin, dessen Spruch per Sprungrevision direkt in Leipzig gelandet ist, pochte hingegen auf die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger und legte den Begriff der Amtlichkeit betont weit aus. Nur Informationen, die ausschließlich und eindeutig persönlichen Zwecken dienten, würden davon nicht erfasst. Daher vergatterte es das Ministerium, Einsicht in sämtliche „DMs“ zu gewähren, die dort binnen zwei Jahren eingegangen sind und versandt wurden – mit Ausnahme der Namen, Usernamen und Telekommunikationsnummern von natürlichen Personen. Die Bundesrichter wollen nun nicht nur klären, ob es sich um amtliche Informationen gemäß dem IFG handelt und ob diese vertraulich zu behandeln sind. Sondern auch, ob dies gilt, wenn diese nur noch auf einem Server von Twitter gespeichert sind, zu dem die Ministerialen aber Zugang haben.

Ein Kessel Buntes. Am BGH grüßt am 25.10. mal ­wieder ein Murmeltier namens „Die Kohl-Protokolle“. Gleich in zwei weiteren Verfahren wendet sich die Witwe und Alleinerbin des Altkanzlers (wie zuvor schon ihr ver­storbener Ehemann) gegen eine unautorisierte Ver­öffentlichung von Zitaten durch einen Ghostwriter; sie fordert Unterlassung und eine Entschädigung von mindestens 5 Millionen Euro. Der BFH beschäftigt sich am 28.10. mit einem Ehepaar, das zusammen wohnt und die gemeinsame Veranlagung gewählt hat, jedoch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend macht. Und der Bundestag will sich am 26.10. konstituieren und die 20. Legislaturperiode einläuten. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Wahl eines Parlamentspräsidenten (m/w/d).