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Die Termine der 42. Kalenderwoche
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Wann müssen Rechtsschutzversicherer Klagen der Käufer von Diesel-Autos mit manipulierter Abgasreinigung finanzieren? Das klärt der BGH. Die Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard, der den Löwenanteil seiner Umsätze frei erfunden haben soll, ist einer der größten Wirtschaftskrimis der Bundesrepublik. Ob Aktionäre etwas von dem noch vorhandenen Geld abbekommen, wird ebenfalls in Karlsruhe verhandelt. Aber auch andere Gerichte haben interessante Verfahren auf der Terminrolle.

8. Okt 2025

Verkehrs-Rechtsschutz. Die Dieselaffäre hat nicht nur Justiz, Anwälten und Legal-Tech-Dienstleistern, sondern auch Rechtsschutzversicherungen allerhand Arbeit beschert. Der BGH befasst sich am 15.10. mit dem Deckungsschutz für Käufer betroffener Fahrzeuge. Gegen den Hersteller klagen will eine Frau, die im November 2017 für 29.900 EUR von einem Händler einen gebrauchten Audi Q5 2.0 TDI erworben hatte. Der ist mit einem Dieselmotor ausgestattet und verfügt seit dem Jahr davor über ein Thermofenster, das die Abgasreinigung bei über- oder unterdurchschnittlichen Temperaturen ausschaltet. Das Problem: Die bereits 1997 abgeschlossene und weiterhin laufende Police umfasst zwar nach § 21 VRB 1994 auch den Schutz bezüglich aller Wagen, die erst später auf den Versicherungsnehmer „als Eigentümer, Halter, Fahrer und Insassen“ zugelassen wurden und im Versicherungsschein genannt sind. Doch den amtlichen Segen für das Skandalauto erhielt die Kundin der Assekuranz naturgemäß einige Tage später als das Eigentum daran. Der IV. Zivilsenat will nun vor allem klären, ob auch Ereignisse, die einen Versicherten bereits in seiner Eigenschaft als Erwerber eines noch nicht zugelassenen Gefährts betreffen, unter den Rechtsschutz fallen.

Der Versicherer hatte sich auch nach einem für die Halterin günstigen Stichentscheid ihres Rechtsanwalts geweigert, die Kosten eines Prozesses gegen den Ingolstädter Produzenten zu übernehmen. Wobei er sich allerdings nur auf dessen angeblich mangelnde Erfolgsaussichten berief. Das kreidete ihm das OLG Schleswig zwar an, schmetterte das Anliegen der Klägerin aber – im Gegensatz zum LG Itzehoe – dennoch ab. Denn der Schutz beginne erst mit der Zulassung des Fahrzeugs, während der Erwerb vorher stattgefunden habe.

Milliarden-Krimi. Der längst zusammengebrochene Zahlungsdienstleister Wirecard AG soll mit vorgetäuschten Umsätzen Anleger, Wirtschaftsprüfer und zunächst auch die Finanzaufsicht BaFin getäuscht haben. Ex-Vorstandschef Markus Braun sitzt seit über fünf Jahren in Untersuchungshaft, beteuert aber seine Unschuld. Nach dem einstigen Chief Operating Officer Jan Marsalek wird international gefahndet; er soll sich nach Moskau abgesetzt haben und für den russischen Geheimdienst arbeiten. Der IX. BGH-Zivilsenat kümmert sich am 16.10. um pleiterechtliche Aspekte des spektakulären Wirtschaftskrimis: Rund 50.000 Aktionäre und weitere Gläubiger haben Forderungen von insgesamt rund 15,4 Mrd. EUR zur Insolvenztabelle angemeldet. Klägerin ist eine deutsche Kapitalanlagegesellschaft, die zwischen 2015 und 2020 Wirecard-Anteile auf dem Sekundärmarkt gekauft und weitgehend wieder abgestoßen hat. Sie macht Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung geltend: Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte sie dort nicht investiert. Insolvenzverwalter Michael Jaffé sowie eine gemeinsame Vertreterin von Schuldverschreibungen weisen das ­zurück: Aktionäre müssten sich mit ihren Anliegen ganz hinten anstellen, weil sie schließlich getäuschte Mit­eigentümer seien, und könnten allenfalls Geld bekommen, wenn von den derzeit aufspürbaren 650 Mio. EUR am Ende des Insolvenzverfahrens noch etwas übrig bleiben sollte. Während das LG München I das Be­gehren komplett abwies, sah das dortige OLG dies in einem Zwischenurteil etwas anders: Ansprüche nach dem Kapitalmarktrecht seien normale Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) und nicht auf den „Nach-Nachrang“ (§ 199 InsO) verwiesen, also nicht ans Rückzahlungsverbot zum Kapitalerhalt (§ 57 AktG) gebunden.

Sonstiges. Das BVerwG urteilt über statistische Berichtspflichten berufsständischer Versorgungswerke; ferner über die etwaige Restitution eines von den Nazis enteigneten Grundstücks (NJW-aktuell H. 39/2025, 6). Am BFH geht es um eine „Überversorgung“ durch zu hohe Pensionsansprüche als verdeckte Gewinnausschüttung, vor dem BAG um den Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in NRW. Der EuGH befindet über eine Vorlage des LG Korneuburg (Österreich) zu einer Klage des Rechtsdienstleisters AirHelp Germany wegen einer Flugverspätung durch einen Blitz. Und Bundestag sowie Bundesrat tagen.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.