Däumchen drehen. Das Blockmodell für den vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben ist beliebt: Der Arbeitnehmer arbeitet zunächst voll weiter, obwohl er nicht mehr das volle Gehalt erhält – in der gleichlangen Freistellungsphase bekommt er anschließend diese Zahlungen weiter, muss aber keine Hand mehr rühren. Möglich ist eine solche Altersteilzeit ab dem 55. Lebensjahr, wenn er in den fünf Jahren davor mindestens an 1.080 Kalendertagen sozialversicherungspflichtig beschäftigt war; Zeiten mit Anspruch auf Arbeitslosengeld oder ALG II zählen mit. Die passive Phase muss sich mindestens bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt für eine Altersrente erstrecken. Noch ein Leckerbissen: Der halbierte Lohn wird vom Arbeitgeber um 20 % aufgestockt – steuer- und sozialabgabenfrei.
Das BAG befasst sich am 17.10. zum zweiten Mal mit einem früheren Beschäftigten, der mit dem Autobauer BMW einen solchen Altersteilzeitvertrag geschlossen hatte. Demzufolge dauerte die Arbeitsphase vom 1.2.–31.5.2016, die Freizeitphase vom 1.6.–20.9.2019. Für drei Wochen im Mai 2016 beantragte er Urlaub, doch eine Woche nach dessen Beginn wurde er für den Rest des Monats krankgeschrieben. Für die neun Tage, die er wegen der sodann beginnenden Freistellungszeit nicht mehr realisieren konnte, verlangt er eine Abgeltung. Das ArbG Regensburg und das LAG München wiesen ihn ab – der Resturlaubsanspruch sei wegen Unmöglichkeit verfallen. Anders die obersten Arbeitsrichter: Hinsichtlich jener 6 1/3 Tage, auf die ein gesetzlicher Mindestanspruch bestand, fragten sie beim EuGH an, ob ein Erlöschen nach § 7 III BUrlG mit europäischem Recht vereinbar sei. Was dieser im Einklang mit weiteren Entscheidungen, die bereits in Erfurt umgesetzt wurden, verneinte (NZA 2023, 681).
RVG-Forderung mit Steuerschuld verrechnet. Auf originelle Weise wollte ein Rechtsanwalt Vergütungsansprüche für Beratungshilfe durchsetzen: Gegenüber dem Finanzamt erklärte er in seiner Steuererklärung die Aufrechnung. Die beiden involvierten Amtsgerichte befanden ebenso wie die Bezirksrevisorin, die RVG-Forderungen gegen die Landeskasse seien bereits verjährt. Das FG Köln verwies somit auf § 226 III AO. Danach kann ein Steuerpflichtiger gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen. Eine Forderung sei auch dann nicht unbestritten, wenn sie zu einer Zeit, in welcher sie noch nicht verjährt war, dem Schuldner noch gar nicht bekannt war, so die rheinischen Richter. Schließlich solle durch die Vorschrift verhindert werden, „dass die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Vorschützen von ungewissen oder zweifelhaften Gegenforderungen aufgehalten wird“. Überdies müssten die Voraussetzungen des § 226 III AO auch im Zeitpunkt der gegenseitigen Unverjährtheit schon erfüllt sein, um die Aufrechnung zu ermöglichen. Der BFH wirft am 18.10. ein Auge auf den Fall.
Zugang von Verwaltungsakten. Vor dem BVerwG kämpft am 18.10. ein Bürger gegen sieben Zahlungsbescheide des MDR von vor fast zehn Jahren. Diese hat ihm der sogenannte Beitragsservice nach einem Meldedatenabgleich eigenen Angaben zufolge übersandt. Die Bundesrichter wollen klären, ob unter drei Bedingungen ein einfaches Bestreiten des Zugangs eines Verwaltungsakts genügt, um Zweifel zu wecken: wenn der Postausgang ordentlich dokumentiert ist, das Schreiben nicht als unzustellbar zurückkommt und der Erhalt mehrerer Briefe bestritten wird.