Agenda
Die Termine der 42. Kalenderwoche
Agenda
Lorem Ipsum
Marc Bode / Adobe

Für manche Geldgeber hat sich ihre Investition in einen Solarpark teuer bezahlt gemacht: Die Betreiberfirma ging pleite, und der Insolvenzverwalter wollte sogar noch mehr Geld von den Anlegern. Der Bundesgerichtshof muss nun an der Schnittstelle von Insolvenz- und Sachenrecht entscheiden, wem die einzelnen Glitzer-Module eigentlich gehören. Und das Bundessozialgericht prüft, ob Anspruch auf die begehrte „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ nach 45 Jahren Beitragszahlung hat, wer zuletzt arbeitslos war.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 14. Okt 2021.

Sonnenkraftwerk ohne Rendite. Dogmatisch geht es um die Schnittstelle von Insolvenz- und Sachenrecht, lebenspraktisch um die Verbindung von „Energiewende“ und „grauem Kapitalmarkt“: Der BGH verkündet am 22.10. seine Entscheidung zu vier Klagen eines Insolvenzverwalters, der die Hinterlassenschaften eines Unternehmens betreut, das 2010 eine Freiland-Photovoltaikanlage erworben hatte. Zu dem Solarpark gehörten 5.000 Photovoltaikmodule und neun Wechselrichter mit einer Gesamtleistung von 1.050 Kilowatt in der Spitze (kWp); er war im Vorjahr auf dem Grundstück eines Dritten errichtet worden. An dem erhielt die Gesellschaft ein Nutzungsrecht. Bald darauf verkaufte sie die glitzernden Einzelbestandteile dieser Anlage an 65 Kapitalanleger. Hieran sollten sie Eigentum erwerben, ebenso an einem Miteigentumsanteil an der Unterkonstruktion der Anlage. Den Betrieb gab sie jedoch nicht ganz aus der Hand: Die Module ließ sie von den Geldgebern zurück an ein eigenes Tochterunternehmen vermieten. Doch nach sechs Jahren musste der Insolvenzverwalter das Ruder übernehmen.

Der wollte in mehreren Verfahren feststellen lassen, dass die Beklagten kein Eigentum an den Modulen und der Unterkonstruktion einschließlich „aller Schienen, Schrauben, Halterungen und Dachanbindungen sowie sämtlicher Leitungen und Zubehör“ erworben haben. Die befürchteten nicht nur einen Verlust ihrer Investments und der „garantierten“ Rendite, sondern eine Pflicht zur Rückzahlung der vereinnahmten Mieten. Daher erhoben sie Widerklage und verlangten Herausgabe der Bauelemente, woraufhin alle Beteiligten den ursprünglichen Streit für erledigt erklärten. Unterschiedlich fielen die Urteile der Oberlandesgerichte zu den Gegenforderungen aus: Die Richter in München und Bamberg gaben ihnen statt, deren Kollegen in Karlsruhe wiesen sie ab. Die Bundesrichter wollen nun zunächst klären, ob Solarmodule, die in eine Freiland-Photovoltaikanlage eingebaut werden, gem. § 93 BGB als wesentliche Bestandteile anzusehen sind; ohne Trennung von der Anlage könnten sie dann nicht gesondert übereignet werden. Das OLG Bamberg verneint dies wegen der Austauschbarkeit der Komponenten zum Zeitpunkt des Einbaus. Werde dies hingegen bejaht, schreibt der BGH in seiner Terminvorschau, wären die Kristallinzellen nur sonderrechtsfähig, wenn sie – wie das OLG München annimmt – als Scheinbestandteile der Anlage anzusehen sein sollten. Das OLG Karlsruhe wiederum meint, die Solaranlage sei insgesamt als Gebäude (§ 94 BGB) anzusehen.

Früher in Rente. Wer besonders lange in die Rentenkasse eingezahlt hat, bekommt die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ (nicht zu verwechseln mit der weniger attraktiven, aber immer noch besser als die Regelaltersrente ausgestatteten „Altersrente für langjährig Versicherte“). Voraussetzung dafür sind 45 Versicherungsjahre, der Vorteil ist ein früherer Anspruch auf Leistungen ohne Abschläge. Einst war dies ab dem 63. Lebensjahr möglich, mittlerweile verschiebt sich das Eintrittsalter – wie auch bei den anderen gesetzlichen Altersbezügen – mit dem Geburtsjahr stufenweise nach oben. Das BSG will am 21.10. klären, ob hier auch Zeiten angerechnet werden, in denen der Antragsteller in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn Arbeitslosengeld bezogen hat. In beiden Verfahren war der Versicherte zuvor wegen einer Insolvenz des Arbeitgebers in eine Transfergesellschaft gewechselt; das befristete „Transferarbeitsverhältnis“ endete jeweils durch Zeitablauf. Das LSG Bayern befand in der Vorinstanz: ja. Schließlich sei der Bezug der Entgeltersatzleistungen durch die Pleite des vorigen Unternehmens bedingt gewesen. Das gelte jedenfalls dann, wenn wie hier nicht nur der Aufhebungs-, sondern auch der befristete Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft vom Insolvenzverwalter unterzeichnet worden sei. Ähnlich das LSG Thüringen: Zeiten des ALG-Bezugs in den letzten beiden Jahren vor Rentenbeginn würden für die Wartezeit von 45 Jahren berücksichtigt, wenn sie Folge einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe seien. Dem Ursachenzusammenhang zwischen Insolvenz und Arbeitslosengeld I stehe die zwischengeschaltete Beschäftigung in einer Transfergesellschaft nicht entgegen.