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Die Termine der 40. Kalenderwoche
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Sebastian Kahnert/dpa

Das Dienstgericht am Landgericht Leipzig hat den Richter Jens Maier (AfD) wegen rechtsextremistischer Aktivitäten in den Ruhestand versetzt. Das Dienstgericht des Bundes beim BGH prüft, ob dem womöglich sein früheres Bundestagsmandat entgegensteht. Das Bundesarbeitsgericht befasst sich mit einem Arbeitszeitkonto, das sich nach Ansicht eines Rettungssanitäters auch für Bereitschaftsdienste füllen soll, die er wegen Krankheit gar nicht ableisten konnte. Und Deutschland feiert seine wiedergewonnene Einheit.

28. Sep 2023

AfD-Richter. Wohl bei keinem anderen Justiz-Juristen hoffen Politik und Öffentlichkeit so sehr auf die Entfernung aus dem Amt wie bei Jens Maier. Ein Lebenslauf mit politischer Kehrtwende und voller Affären: 1991 war der heute 61-jährige – ein gebürtiger Bremer – nach dem Zweiten Staatsexamen in Niedersachsen nach Dresden gezogen, wo er nach Stationen im Kultus­ministerium, als Staatsanwalt (Schwerpunkt SED-Unrecht) und sodann als Fachhochschuldozent 1997 Zivilrichter am LG wurde. Bis 1986 SPD-Mitglied, engagierte er sich ab 2013 in der AfD. Schon vier Jahre ­später versuchte deren Landesvorstand vergeblich, ihn auszuschließen, weil er die NPD gelobt habe. In ernstliche Schwierigkeiten kam Maier erstmals, als ihm nach einem Auftritt mit Björn Höcke – dem Exponenten des völkischen AfD-„Flügels“ – das Gerichtspräsidium die Zuständigkeit für Ehrschutz- und Medienverfahren entzog; so hatte er die „Herstellung von Mischvölkern“ ­angeprangert. Auch erhielt er einen Verweis wegen ­Verletzung des Mäßigungsgebots. 2017 zog der Jurist in den Bundestag ein; mangels Wiederwahl streifte er – mittlerweile vom sächsischen Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft – am AG Dippoldiswalde kurzfristig wieder die Robe über. Doch umgehend untersagte ihm das Dienstgericht am LG Leipzig die Führung der Amtsgeschäfte und versetzte ihn bald auch in den vorzeitigen Ruhestand. Beantragt hatte dies Katja Meier (Grüne), die Justizministerin des Bundeslands, in dem die AfD in Umfragen derzeit – ein Jahr vor der Landtagswahl – bis zu 35 % der Stimmen erhält. Unabhängig davon läuft ein Disziplinarverfahren.

Das Dienstgericht des Bundes beim BGH nimmt sich am 5.10. des Spruchs der Vorinstanz aus der sächsischen Landeshauptstadt an. Die hatte sich auf Verfassungsschutzberichte, Presseveröffentlichungen und Beiträge in sozialen Netzwerken sowie Videos auf „YouTube“ gestützt. Ihr Verdikt: Für einen Richter findet das Grundrecht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit auch in der privaten Lebensführung dort eine Grenze, „wo es mit dem ihm für die Erhaltung einer ordnungsgemäßen Rechtspflege obliegenden unerlässlichen Pflichtenkreis unvereinbar ist“. Da der „Grundstatus“ als Richter in der Zeit als Bundestagsabgeordneter fortbestehe, müssten sich Parlamentarier mit Rückkehrwunsch in den aktiven Dienst auch während ihrer Mandatszeit so verhalten, dass sie die ­persönliche Gewähr dafür bieten, „die im neu zu übertragenden Amt der Allgemeinheit gegenüber bestehenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllen (zu) können“. All dem stehe die „sachliche und persönliche Unabhängigkeit“ von Richtern nicht entgegen.


Unpässlich. Füllt sich das Arbeitszeitkonto auch, wenn Bereitschaftsdienste wegen Arbeitsunfähigkeit ausfallen? Das LAG Hamm bestätigte im Fall eines Anästhesie­pflegers einen solchen Anspruch aus seinem Arbeitsvertrag, der eine durchschnittliche Anrechnung vorsah. Soweit in den Richtlinien der Caritas für Arbeitsverträge (AVR) davon abgewichen werde, verstoße dies gegen §§ 4, 12 EFZG. Danach könne zwar eine entgegenstehende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts durch einen Tarifvertrag festgelegt werden. Kirchliche Arbeitsrechtsregelungen seien hingegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen, da diese durch eine Zwangsschlichtung auf dem „Dritten Weg“ gegen den Willen der Arbeitnehmer zustande kommen könnten. Das dürfe sich weder pekuniär noch durch „Minusstunden“ beim Freizeitausgleich auswirken. Am 5.10. will das BAG schauen, was es davon hält.

Einheit. Der Dienstag dieser Berichterstattungswoche ist ein Feiertag – am 3.10. gedenkt das Land der Wiedervereinigung vor 33 Jahren. Womit sich der Montag als arbeitnehmerfreundlicher „Brückentag“ anbietet, was vielleicht auch den dünnen Terminkalender un­serer obersten Bundesgerichte erklärt. Wer also den Mauerfall und das (weiterhin nicht ganz gelungene) ­Zusammenwachsen von West und Ost zünftig begehen will, kann an der zentralen Feier teilnehmen, die diesmal in Hamburg ausgerichtet wird. Und das zwei volle Tage lang.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.