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Die Termine der 40. Kalenderwoche
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Vor dem Bundesgerichtshof kämpft eine Frau um Ruhe vor dem Pferdestall direkt nebenan. Allerhand Geld für nicht genommene Urlaubstage soll das Bundesarbeitsgericht einer Steuerfachangestellten zubillligen. Und eine Anwaltskanzlei will keine Lohnsteuer auf die Beiträge zur Berufshaftpflicht ihrer Associates entrichten. All dies in einer Woche, in der ein Feiertag ausgerechnet auf den Samstag fällt.

24. Sep 2020

Wiehernde Vierbeiner. Eine Reitschule zum Nachbarn zu haben, ist offenbar nicht nach jedermanns Geschmack – zumal wenn die Pferde in einem offenen Stall untergebracht sind. Im Streitfall grenzte dieser unmittelbar ans Grundstück der Klägerin; zudem waren die Boxen mit dem Auslauf zu ihrem Wohnhaus hin ausgerichtet und ihre dortigen Ruheräume nur zwölfeinhalb Meter entfernt. Wenn der BGH sich am 2.10. mit dem Fall befasst, muss er eine weitere Besonderheit wägen: Die Aufsichtsbehörde hatte eine Baugenehmigung für die Vierbeiner-Unterkunft abgelehnt, und das fand auch die rechtskräftige Billigung des zuständigen VG.

Das LG Halle und das OLG Naumburg gaben dem Begehren der Frau nach Ruhe vor Wiehern und Hufeklappern weitestgehend statt und verurteilten die Betreiberin dazu, die Pferdehaltung an dieser Stelle zu unterlassen. Das Anrainergrundstück werde durch die Lärmimmissionen nicht nur unwesentlich beeinträchtigt; die Nutzung des Stalls sei auch nicht ortsüblich, da es an der notwendigen Genehmigung der Behörde fehle. Allerdings muss es den beiden Vorinstanzen zufolge der Beklagten überlassen bleiben, auf welche Weise sie die Geräusche auf ein zumutbares Maß senkt. Daher könne die Klägerin nur die Unterlassung der Lärmbelästigung verlangen, nicht aber speziell ein Ende der Tierhaltung in dem Offenstall. Ein solcher Anspruch folge auch nicht aus §§ 1004, 823 II BGB iVm dem Gebot der Rücksichtnahme: Durch die verwaltungsgerichtliche Entscheidung stehe nicht mit Bindungswirkung für den Zivilprozess fest, dass dieses Gebot verletzt worden sei.

Kumulierter Urlaub. Der Verfall von Urlaubsansprüchen ist derzeit ein Dauerthema am BAG, seit der EuGH dessen Rechtsprechung dazu kräftig aufgemischt hat. Am 29.9. geht es in Erfurt um eine frühere Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin, die bei ihrem Ausscheiden im Jahr 2017 für nicht genommene Erholungstage rund 3.200 Euro brutto ausgezahlt bekam. Fünf Jahre zuvor hatte ihr der Arbeitgeber bescheinigt, dass ihr noch insgesamt 76 Tage zustünden, die nicht verfallen würden. Seither gab es einiges Hin und Her auf dessen Vordrucken. Nun macht die Frau weitere 101 Tage geltend und verlangt einen Nachschlag von rund 20.000 Euro. Während ihr das ArbG Solingen bloß knapp 550 Euro zusprach, fand das LAG Düsseldorf über 17.000 Euro angebracht: Da der Brötchengeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen sei, seien die kumulierten Urlaubsansprüche nicht verfallen.

Versicherte Anwälte. Wie kreativ Finanzbeamte sein können, um steuerpflichtige Tatbestände zu konstruieren, musste eine Anwalts-GbR erleben. Vor dem FG Thüringen konnte sie die Lohnsteuernachforderung vorerst zu Fall bringen – am 30.9. will der BFH das letzte Wort sprechen. Im Streit stehen die Beiträge, die die GbR für ihre üppig bemessene Berufshaftpflichtversicherung zahlt: Weil sie nicht nur ihre fünf Partner, sondern auch ihre 15 bis 20 Associates in der Police ausdrücklich mit unter den Schutzschirm vor Vermögensschäden genommen hat, erblickt der Fiskus darin einen verkappten Arbeitslohn. Denn den angestellten Anwälten blieben dadurch Zahlungen für eine eigene Pflichtversicherung erspart. Die Richter in Gotha fanden hingegen, diese Erweiterung des Versicherungsschutzes solle dem Arbeitgeber einen möglichst umfassenden Schutz für alle bei ihm beschäftigten Personen gewähren. Das helfe, Spannungen zwischen dem Versicherungsnehmer und seinen Beschäftigten zu vermeiden, falls diese einmal von einem Mandaten unmittelbar in Anspruch genommen würden – und diene also letztlich dem Unternehmenswohl.

Ausgerechnet am Samstag! Fast ans Ende unserer Berichterstattungswoche fällt der Tag der Deutschen Einheit – der einzige Feiertag nach Bundesrecht. Dass der 3.10. diesmal ein Samstag ist, ist für Berufstätige allerdings ein dicker Wermutstropfen.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.