Aufhebungsvertrag für Toten. Muss man das einen Pyrrhussieg nennen, den eine Witwe vor dem LAG Baden-Württemberg erstritten hat? Ihr Mann hatte mit seinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag verhandelt: Demnach wollte er auf dessen Veranlassung seinen Job Ende Juni 2020 aufgeben und dafür eine Abfindung von knapp 35.000 Euro erhalten. Einen Tag vor Heiligabend 2019 übersandte der Anwalt des Unternehmens per Mail dem Vertreter des Beschäftigten die Neufassung eines Vertragsentwurfs, in den er wunschgemäß den Passus eingebaut hatte: „Des Weiteren bitte ich um Verständnis, dass in Anbetracht der Erkrankung unseres Auftraggebers mit aufgenommen werden sollte, dass der Abfindungsanspruch bereits jetzt entstanden und vererblich ist.“ Mitte Januar 2020 schickte der Anwalt des ausscheidenden Projektleiters ein von diesem unterzeichnetes Exemplar. Kurz darauf verstarb er. Der Geschäftsführer unterschrieb spätestens zwei Tage später; das Original ging dem Arbeitnehmer-Anwalt am letzten Tag des Monats zu. Darin enthalten war auch der Hinweis, dass für das kommende Halbjahr wegen durchgehender Arbeitsunfähigkeit kein Vergütungsanspruch mehr zu erwarten sei.
Die Ex-Gattin – im Testament als unbeschränkte Alleinerbin eingesetzt – musste allerdings erleben, dass die Firma sodann einen Rückzieher machte. Die konterte nun nämlich: Selbst wenn der Aufhebungsvertrag wirksam zustande gekommen sei, bestehe eine anfängliche Unmöglichkeit, weil der Mitarbeiter vor dessen Abschluss verstorben sei und somit die beabsichtigte Auflösung des Arbeitsverhältnisses „ins Leere“ gehe. Zudem sei die Geschäftsgrundlage weggefallen. Die Landesarbeitsrichter in Stuttgart sahen das etwas anders. Der Aufhebungsvertrag sei zustande gekommen, obwohl der Arbeitgeber das Angebot des Arbeitnehmers erst nach dessen Tod angenommen habe – und wenngleich nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis erst später hätte enden sollen. Aber: Die Erbin habe den Anspruch auf die Abfindung verloren, weil der Arbeitnehmer bereits bei Zustandekommen des Kontrakts die geschuldete Leistung – nämlich die Aufgabe des Arbeitsplatzes – nicht mehr erbringen konnte. Womit auch der Anspruch auf die Gegenleistung entfallen sei.
Was das BAG davon hält, will es am 5.10. verkünden. Die Reaktionen fielen gegensätzlich aus: Während die Fachanwältin Brigitte Glatzes die Entscheidung in der NZA-RR als richtig, wenngleich unbefriedigend einstufte (schließlich hätte der Geschäftsführer das Vertragsexemplar noch rechtzeitig zugehen lassen können), nannte ihr Kollege Norman Brunner sie in der ArbRAktuell „kritikwürdig“: Der Verstorbene habe mit dem Antrag auf Vertragsschluss bereits seine Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt und damit die von ihm versprochene Leistung erfüllt. Und Fachanwalt Friedrich Merath zweifelte in der GWR an der „moralischen Gerechtigkeit“.
Wieder einmal Nassauskiesung. Mit den Fallstricken beim Aufstellen eines Planfeststellungsbeschlusses befasst sich am 6.10. das BVerwG. Ein Naturschutzverband wehrt sich gegen die Erweiterung eines Quarz-, Sand- und Kiesabbaus im Langener Stadtwald am Rand eines Erholungsgebiets. Umstritten sind Reichweite und Bindungswirkung im Zusammenhang mit einem bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan.
Sozialhilfe. Wie sind die angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB XII zu ermitteln, wenn preisgünstiger Wohnraum knapp ist? Das will das BSG am 6.10. klären. Zusätzlich kompliziert wird der Fall dadurch, dass es um die Einstandsgemeinschaft eines Ehepaars geht, bei der einer der Partner keine Unterstützung benötigt.
Einheitstag. Darauf muss wohl nicht eigens hingewiesen werden: Der Montag dieser Berichterstattungswoche ist ein Feiertag. Gedacht wird der Wiedervereinigung nach dem Fall der Mauer.
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