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Die Termine der 4. Kalenderwoche
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Wer muss Umbauten am Gemeinschaftseigentum bezahlen, von denen nur einzelne Wohnungseigentümer profitieren? Eine weitere Frage, die der BGH nach der großen WEG-Reform beantworten muss. Ob auch kirchliche Einrichtungen schwerbehinderte Kandidaten zu einem Bewerbungsgespräch einladen müssen, klärt das BAG. Und das BVerwG hat eine der neu geschaffenen „Tatsachenrevisionen“ auf dem Plan.

18. Jan 2024

Sonderlasten. Die große Reform des WEG aus dem Jahr 2020 gibt den Gerichten manche Nuss zu ­knacken. So hat der BGH kürzlich über das gestärkte Recht von Wohnungseigentümern verhandelt, Umbauten für eine Nutzung durch Menschen mit Behinderungen zu verlangen (§ 20 II WEG nF; NJW-Agenda H. 49/2023, 6); das Urteil zu zwei Streitigkeiten über barrierefreie ­Veränderungen soll am 9.2. folgen. Am 26.1. nimmt sich der V. Zivilsenat eine andere Neuerung vor: Nach § 16 II 2 WEG nF dürfen die Eigentümer von der Grundregel abweichen, dass jeder von ihnen die Lasten der Gemeinschaft nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen hat. Nun können sie „für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten“ eine abweichende Verteilung beschließen. Davon haben denn auch zwei Eigentümerversammlungen Gebrauch gemacht, deren Fälle jetzt in Karlsruhe gelandet sind.

So sträubt sich der Eigner einer Dachgeschosswohnung dagegen, dass er den Austausch seiner defekten Klappfenster mit Himmelsblick alleine bezahlen soll – schließlich stünden diese im kollektiven Eigentum. Vor dem AG Darmstadt und dem LG Frankfurt a. M. ist er mit seiner Klage dagegen gescheitert. Nach deren Auslegung ergibt sich die Beschlusskompetenz für die Änderung der Kostenverteilung aus der gesetzlichen Neuregelung. Insbesondere sei es nicht mehr erforderlich, dass eine solche Entscheidung in einem Einzelfall zugleich eine entsprechende Vorgabe für künftige vergleichbare Anlässe festlegt: Diesem „Grundsatz der Maßstabskontinuität“ komme vielmehr erst bei späteren Beschlüssen zu demselben Thema Bedeutung zu. Ähnlich erging es einem Wohnungseigentümer, der ­zugleich Teileigentum an vier „PKW-Doppelparkern“ besitzt: Aufgrund eines Defekts der Hebeanlage, die wiederum allen zusammen gehört, kann dort jeweils nur ein einziges Fahrzeug abgestellt werden. Für Sanierung und Reparatur sollten die Teileigner der insgesamt zwanzig Hydraulik-Maschinen alleine aufkommen, verfügte die Gesamtgemeinschaft auf einer außerordentlichen Zusammenkunft. Das AG Hannover und das LG Lüneburg fanden den neuen Umlageschlüssel keineswegs unsolidarisch: Nach der novellierten Gesetzesnorm hätten die Wohnungseigentümer die Kompetenz, den Kreis der Kostenschuldner zu verändern und insbesondere auch einzelne von ihnen von bestimmten Ausgaben zu befreien.

Jobsuche. Wenn ein öffentlicher Arbeitgeber einen schwerbehinderten Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlädt, ist das laut BAG ein Indiz für eine AGG-widrige Benachteiligung. Ob diese Pflicht auch für kirchliche Einrichtungen gilt, will die Erfurter Höchstinstanz am 25.1. klären. Dort fordert ein schwerbehinderter Großhandelskaufmann eine Entschädigung von drei Monatsgehältern (insgesamt 7.500 Euro), weil sich ein evangelischer Kirchenkreis im Rheinland nicht mit ihm treffen wollte. Eine Kandidatin für den Job in der Finanzbuchhaltung habe bereits mit ihrer fach­lichen Qualifikation überzeugt, wurde ihm mitgeteilt. Doch handele es sich um einen öffentlichen Arbeit­geber im Sinne von § 165 S. 3 SGB IX, der eine Ge­legenheit für ein persönliches Bewerbungsgespräch vorschreibt, kontert der Mann. Denn alle öffentlich-rechtlichen Kirchenverbände besäßen „staatsähnliche Rechte“, so jenes zum Steuereinzug und die Dienstherrenfähigkeit. Zumal die Gleichstellungsvorschrift als Ausfluss des christlichen Gedankenguts angesehen werden könne und daher nicht mit dem verbürgten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften in Konflikt gerate. Das ArbG Koblenz und das LAG Rheinland-Pfalz wiesen das zurück: Diese seien ebenso wenig wie ihre Untergliederungen eine „sonstige Körperschaft“, die nach § 154 SGB IX zu den einschlägig Verpflichteten gehört.

„Tatsachenrevision“. Das BVerwG darf in Asylverfahren neuerdings über die Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat urteilen. Im Zuge einer solchen „Tatsachen­revision“ befasst es sich am 25.1. mit einem erwerbs­fähigen Afghanen, der sich gegen seine Abschiebung in sein Heimatland wehrt.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.