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Die Termine der 38. Kalenderwoche
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Die gesetzliche Einführung von Syndikusrechtsanwälten kam zustande, nachdem das BSG die Branche der Unternehmensjuristen aufgescheucht hatte. Nun klären die obersten Sozialrichter eine Reihe von Rechtsfragen, die sich aus der neuen Rechtslage ergeben. Auch weitere Bundesgerichte und der EuGH werden aktiv. Und (nur) in Thüringen gibt es einen gesetzlichen Feiertag.

11. Sep 2024

Syndikusanwälte. In der Szene der Unternehmensjuristen sorgte das BSG im Jahr 2014 mit drei Urteilen für einen Donnerschlag: Angestellte Juristen bei nicht-anwaltlichen Arbeitgebern konnten sich seither schwerer der gesetzlichen Rentenversicherung entziehen. Geschockt gründete sich der Bundesverband der Unternehmensjuristinnen und Unternehmensjuristen (BUJ). „Bemerkenswert ist, dass das BSG in diesem Zusammenhang zwangsläufig Schwächen und Wertungs­widersprüche in der Bundesrechtsanwaltsordnung ­aufdeckt“, konzedierte zwar die langjährige Hauptgeschäftsführerin der RAK Düsseldorf Susanne Offermann-Burckart, zugleich aktiv im Versorgungswerk der nordrhein-westfälischen Rechtsanwälte (NJW 2014, 2683). Kritischer sah es Cord Meyer, Syndikus der Deutschen Bahn AG (NZA 2014, 979): „Das BSG spaltet mit seiner Rechtsprechung nicht nur die Anwaltschaft, sondern führt auch mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH zu unerfindlichen Brüchen, weil etwa dessen Anwaltssenat bei der Anerkennung von Fachanwaltstiteln auch die Fallbearbeitung im Unternehmen als eine anwaltliche Tätigkeit anerkannt hat.“ Der Gesetzgeber schritt zur Tat und schuf drei Tage vor Heiligabend 2015 das „Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte“ – und damit die §§ 46 ff. BRAO. Für den 19.9. haben sich die Bundessozialrichter nun eine Handvoll von Fällen aufgegriffen, um die neue Rechtslage auszudeuten.

Im ersten der fünf Verfahren stellen sie die Kernfrage: „Sind Rentenversicherungsträger und Sozialgerichte in Verfahren über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht an die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt durch die Rechtsanwaltskammer gebunden?“ Bei der vom LSG Hessen nach Kassel gewanderten Klage war eine langjährige Anwältin seit 2002 auf Grundlage von § 6 SGB VI von Zahlungen an die Rentenkasse befreit. Ab 2011 arbeitete sie bei einer Bank, beriet Vorstand sowie Aufsichtsrat und beantragte bei der RAK Frankfurt a. M. im Jahr 2011 vergeblich eine Befreiung von der Versicherungspflicht. 2016 begehrte sie dort eine Zulassung als Syndikusrechtsanwältin, war allerdings zuvor zu einem anderen Kreditinstitut gewechselt. Die Oberrichter in der Mainmetropole wiesen ihre Klage ab: Die Juristin erfülle nicht die Voraussetzungen einer unabhängigen Tätigkeit als Rechtsanwältin (§§ 1 und 3 BRAO); die Rentenversicherung sei an die Entscheidung der Kammer gebunden. Den Prozess kommentierte Syndikusrechtsanwalt Dr. Alexander Dombrowsky mit dem Praxishinweis (NZS 2023, 756): „Schon der verworrene Sachverhalt des Urteils lässt den Leidensweg der Klägerin durch den Dschungel der Syndikuszulassung erahnen: Jede Tätigkeitsänderung, jeder Antrag will bedacht und überlegt sein, kann Auswirkungen auf die Altersversorgung haben.“ In den anderen vier Verfahren vor den obersten Sozialrichtern geht es um die Rückwirkung einer Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt, wenn wegen derselben Tätigkeit ein bereits vor der Reform begonnenes Verfahren darum anhängig war; ob ein dahin­gehender Antrag fristwahrend bei einem SG gestellt werden kann; um die Erstreckung einer pauschalen Befreiung auf andere Tätigkeiten; und schließlich darum, ob ein erst später in den Anwaltsberuf eingestiegener ­Antragsteller in dem Zeitraum, für den er eine rückwirkende Befreiung begehrt, in einer berufsständischen Versorgung versichert gewesen sein muss.

Sonstiges. Der BGH verhandelt am 18.9. über Überschussbeteiligungen bei Rentenversicherungen und am 20.9. über eine etwaige Pflicht einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Errichtung der Anlage nach Insolvenz des Bauträgers. Das BVerfG verkündet am 18.9., ob AfD-Abgeordnete einen Anspruch auf den Vorsitz in Bundestagsausschüssen haben bzw. als solche abgewählt werden dürfen (NJW-aktuell H. 12/​2024, 7). Das BAG befasst sich am Tag darauf mit dem mutmaßlichen AGG-Hopping eines Jurastudenten nach dem „Geschäftsmodell 2.0“ (so das LAG Hamm), der sich systematisch als „Sekretärin“ bewirbt. Der EuGH urteilt am 19.9. über eine Vorlage des BGH zum maßgeblichen Tätigkeitsort nach der EuInsVO. Und ausschließlich in Thüringen ist der Weltkindertag am 20.9. ein gesetzlicher Feiertag.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Chefredaktion.