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Homeoffice ist in Zeiten von Corona zu einem großen Thema geworden. Ob Arbeitgeber einem Beschäftigten eigenmächtig einen neuen Dienstort zuweisen dürfen, wenn er sowieso die meiste Zeit zuhause am PC sitzt, will das Bundesarbeitsgericht klären. Wann die Gewerkschaft Ver.di eigene Mitarbeiter bei einem späten Einstieg in den Job von der Betriebsrente ausschließen darf, wollen die Erfurter Richter ebenfalls entscheiden. Dabei geht es auch um die Frage, wann Arbeitsgerichte per Video verhandeln dürfen.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 16. Sep 2021.

Versetzte Heimwerker. Die Pandemie hat viele Arbeitnehmer ins Homeoffice getrieben – manche zu deren größerer Freude als andere. Das BAG befasst sich am 22.9. mit einem Problem, das dabei auftreten kann: Ein bundesweit agierender IT-Dienstleister aus der Branche der Unternehmensberater fand, wenn die Beschäftigten sowieso zuhause am Computer sitzen, könne es ihnen auch egal sein, welcher Betriebsstätte sie zugeordnet seien. Im Streitfall fand die Umstrukturierung bereits vor Corona statt: Der Arbeitgeber führte drei Betriebsstätten zu einer einzigen zusammen, die zudem in einem vierten Ort lag und sodann in einen fünften verlegt wurde. Mit dem Gesamtbetriebsrat wurde ein Interessenausgleich verabredet: 34 Beschäftigte durften fortan im Heimbüro werkeln; sie behielten dieselben Aufgaben und ihren jeweiligen Chef. Allerdings wurde ihnen ein neuer Dienstort zugewiesen, wo Personalgespräche und Betriebsversammlungen stattfinden. Die Belegschaftsvertreter sahen sich übergangen. Schließlich erhöhten sich die Fahrtstrecken der Betroffenen von fünf bis zehn Kilometern auf zum Teil weit mehr als 100, wenn sie einmal an den neuen Dienstort reisen müssten. Zudem drohe ihnen prinzipiell eine Kündigung des Homeoffices nach mindestens dreimonatiger Vorankündigung. Die Consultingfirma widersprach: Erst bei künftigen Rückrufen der Arbeitnehmer ins Firmenbüro sei der Betriebsrat im Spiel.

Das LAG Hessen hingegen befand: Auch wenn sich sonst nichts ändere, sei für die Zuordnung eines Heimwerkers zu einem anderen Dienstort nach § 95 III 1 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich, wenn sie länger als einen Monat dauere. Entscheidend sei, ob „die Tätigkeit für einen mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachter als eine andere anzusehen ist“. Und hier ergebe sich die „Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation“ durch die Zuordnung zu einer anderen Einheit.

Betriebsrente für Späteinsteiger? Auch Gewerkschaften sind Arbeitgeber. So kommt es, dass eine Mitarbeiterin im Sekretariatsdienst von Ver.di auf Einzahlungen der Organisation in die Unterstützungskasse des DGB klagt. Ihr Dilemma: Eingestellt wurde sie kurz nach dem 55. Geburtstag. Und damit war es – anders als etwa bei der IG Metall – zu spät für eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente. Die Beschäftigte sieht darin eine Alters- und Frauendiskriminierung: Die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung sei gestiegen, so dass durch die Vorgabe umso größere Teile eines typischen Erwerbslebens nicht mehr von einer Versorgungszusage gedeckt seien. Da Männer durchschnittlich 40,6, Frauen aber lediglich 28 Versicherungsjahre erbrächten, seien Letztere besonders betroffen. Am 21.9. entscheidet das BAG. Das ArbG Essen und das LAG Düsseldorf haben das Begehren abgewiesen. Die Oberrichter ließen übrigens beide Seiten an ihrer Verhandlung per ­Videoschaltung teilnehmen. § 128a ZPO erlaube dies nicht nur, wenn sich die Teilnehmer in einem anderen von der Justiz gestellten Raum befänden – zumal dies in der Pandemie der Rechtsweggarantie (Art. 19 IV GG) entspreche. Das Gericht habe nur dafür zu sorgen, „dass eine ordnungsmäße und dem Wesen einer Gerichtsverhandlung angemessene mündliche Verhandlung durchgeführt wird“. Weiter heißt es, und das sogar in den Leitsätzen: „Wo dies nicht der Fall ist, das heißt kein angemessener Ort gewählt wird (Schwimmbad, Kneipe, Fußballplatz), kann die Bild- und Tonübertragung unter- oder abgebrochen werden.“

Computerfreaks mit Robe. Wegen der Pandemie tagt der EDV-Gerichtstag erneut bloß virtuell, und das an seinem 30. Geburtstag – aber wer könnte dies besser als die juristischen Experten für die Nutzung von Computern und Internet? Das Motto in diesem Jahr lautet: „Mensch oder Maschine – Wer prägt die Zukunft der Rechtsanwendung?“ Zu den höchst aktuellen Themen zählen die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Justiz, die besonderen elektronischen Postfächer, Videoverhandlungen in Gerichtsverfahren sowie Legal Tech in der Anwaltschaft.