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Die Ter­mi­ne der 37. Ka­len­der­wo­che
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Ge­nügt die Jus­tiz in Ru­mä­ni­en den An­for­de­run­gen an einen Rechts­staat? Das will der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof un­ter­su­chen. Vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt geht es um Jus­tiz­fach­an­ge­stell­te aus Ge­schäfts­stel­len, die für eine hö­he­re Ein­grup­pie­rung strei­ten. Und der Bun­des­tag kehrt mit Macht aus der Som­mer­pau­se zu­rück. Dies & mehr bringt die 37. Ka­len­der­wo­che den Freun­den des Rechts.

3. Sep 2020

(Un-)Ab­hän­gi­ge Jus­tiz. Die An­ge­le­gen­heit stand schon ein­mal auf der Ter­min­rol­le in Lu­xem­burg, wurde dann aber kurz­fris­tig und ohne An­ga­be von Grün­den ver­scho­ben: Nun woll­ten die Eu­ro­pa­rich­ter ei­gent­lich am 8.9. über den Rechts­staat in Ru­mä­ni­en ver­han­deln. In einem Pro­zess vor des­sen Obers­tem Kas­sa­ti­ons- und Ge­richts­hof, der den Fall vor­ge­legt hat, geht es um ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren gegen eine Rich­te­rin des Be­ru­fungs­ge­richts Bu­ka­rest; in vier wei­te­ren Vor­la­gen des Kreis­ge­richts von Bihor um Straf­ver­fah­ren etwa wegen Kor­rup­ti­on – auch zu Las­ten der EU-Fi­nan­zen. Beide Ge­rich­te wol­len unter Be­ru­fung auf das Uni­ons­recht Ent­schei­dun­gen des ru­mä­ni­schen Ver­fas­sungs­ge­richts igno­rie­ren, die ei­ner­seits die Zu­sam­men­set­zung ihrer Spruch­kör­per be­tref­fen, an­de­rer­seits die Ver­wert­bar­keit von Be­weis­mit­teln, die unter Mit­wir­kung des ru­mä­ni­schen Ge­heim­diens­tes er­langt wor­den seien (NJW-ak­tu­ell H. 23/2020, 6). Doch am 4.9. gaben sie über­ra­schend – und wie­der ohne An­ga­be von Grün­den – be­kannt: aber­ma­li­ge Ver­schie­bung auf un­be­stimm­te Zeit.

Kar­rie­ren in Ser­vice­ein­hei­ten. Mit dem Ge­halt zwei­er Jus­tiz­fach­an­ge­stell­ten aus Ber­lin be­fasst sich am 9.9. das BAG. Be­mer­kens­wert ist das Ar­gu­ment, mit dem sich das Land gegen die Kla­gen ver­tei­digt: Die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung der obers­ten Ar­beits­rich­ter zur Ein­grup­pie­rung von Ge­schäfts­stel­len­ver­wal­tern grei­fe in die Ta­rif­au­to­no­mie ein. Ab­sicht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en sei es ge­we­sen, in Ge­schäfts­stel­len und Ser­vice­ein­hei­ten Auf­stiegs- und Dif­fe­ren­zie­rungs­mög­lich­kei­ten zu schaf­fen; die­ses Ta­rif­ge­fü­ge werde zer­stört. Einer der Fälle be­trifft eine An­ge­stell­te in einer Ser­vice­ein­heit an einem Ber­li­ner Amts­ge­richt, tätig im Sach­ge­biet Ver­kehrs­straf­sa­chen, Bu­ß­geld­ver­fah­ren und Er­zwin­gungs­haft­sa­chen. Unter Hin­weis auf eine Liste mit elf Ein­zel­tä­tig­kei­ten fin­det sie, ihr Tun bilde einen ein­zi­gen gro­ßen Ar­beits­vor­gang. In­ner­halb des­sen habe sie schwie­ri­ge Ver­rich­tun­gen in einem Um­fang von etwas mehr als einem Vier­tel der Ge­samt­ar­beits­zeit zu er­brin­gen – und darum An­spruch auf mehr Geld.

Ge­setz­ge­ber legt los. Mit einem Mam­mut­pro­gramm mel­det sich der Bun­des­tag aus der Som­mer­pau­se zu­rück: Vom 9.–11.9. haben sich die Ab­ge­ord­ne­ten eine Reihe von Ge­set­zes­be­schlüs­sen vor­ge­nom­men. Ei­ni­ge davon sind der ak­tu­el­len Pan­de­mie ge­schul­det. So soll sogar das Grund­ge­setz ge­än­dert wer­den, um die Kom­mu­nen zu ent­las­ten, deren Ge­wer­be­steu­er­ein­nah­men wegen Co­ro­na ein­ge­bro­chen sind. Art. 104a III GG wird da­hin­ge­hend er­gänzt, dass der Bund sich stär­ker an deren Aus­ga­ben für Un­ter­kunft und Hei­zung bei der Grund­si­che­rung für Ar­beit­su­chen­de be­tei­li­gen kann. Ein neuer Art 143h GG soll zudem ein­ma­lig eine pau­scha­le Fi­nanz­sprit­ze ge­stat­ten. Alle drei Le­sun­gen will das Par­la­ment in die­ser Woche durch­zie­hen. Be­glei­tet wird das durch ein Ge­setz, das diese Vor­ha­ben um­setzt. Es re­du­ziert zudem den An­teil, den die neuen Bun­des­län­der an den Er­stat­tun­gen tra­gen müs­sen, die die Ren­ten­ver­si­che­rung für ihre Zah­lun­gen auf­grund der Zu­satz­ver­sor­gungs­sys­te­me der un­ter­ge­gan­ge­nen DDR er­hält. Um die Auf­stel­lung von Kan­di­da­ten für die nächs­te Bun­des­tags­wahl si­cher­zu­stel­len, wird fer­ner das Wahl­ge­setz er­gänzt, damit bei Na­tur­ka­ta­stro­phen oder Pan­de­mi­en Kan­di­da­ten von den Par­tei­en auch ohne eine Ver­samm­lung auf­ge­stellt wer­den kön­nen.

Die von Jus­tiz­mi­nis­te­rin Lam­brecht (SPD) be­trie­be­ne Ver­kür­zung der Wohl­ver­hal­tens­pha­se für die Rest­schuld­be­frei­ung wird erst­mals be­ra­ten. Sie soll von prin­zi­pi­ell sechs auf drei Jahre re­du­ziert wer­den – und zwar über die EU-Vor­ga­ben hin­aus nicht nur für Un­ter­neh­mer, son­dern auch für Ver­brau­cher (NJW-ak­tu­ell H. 30/2020, 8). Eine von der Res­sort­che­fin ge­wünsch­te Höchst­frist von einem Jahr für die Spei­che­rung sol­cher In­for­ma­tio­nen durch Aus­kunf­tei­en hat es al­ler­dings nicht in den Re­gie­rungs­ent­wurf ge­schafft. Auf der Agen­da im Reichs­tags­ge­bäu­de ste­hen fer­ner unter an­de­rem stren­ge­re Vor­ga­ben für Aus­weis­fo­tos (NJW-ak­tu­ell H. 25/2020, 8), die Ver­drei­fa­chung der Pau­scha­le für rechts­wid­ri­ge Frei­heits­ent­zie­hun­gen auf 75 Euro pro Tag (NJW-ak­tu­ell H. 13/2020, 6), ein Ab­kom­men zur Steu­er­ver­mei­dung durch mul­ti­na­tio­na­le Kon­zer­ne sowie die Si­che­rung von Rech­ten ins­be­son­de­re bri­ti­scher Bür­ger nach dem Brexit.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.