Teure Autobahn. Wer im Ausland die Straßenmaut prellt, muss auch daheim in Deutschland mit Konsequenzen rechnen. Komplizierter wird es, wenn es sich um einen Mietwagen handelt. Über einen solchen Fall verhandelt am 7.9. der BGH. Die Klägerin ist eine ungarische Gesellschaft, deren Geschäftszweck die Eintreibung der dortigen Autobahnmaut ist. Von einem deutschen Autovermieter fordert sie über ein deutsches Inkassounternehmen knapp 1.000 Euro nebst Zinsen plus gut 400 Euro Abmahnkosten: Vier Fahrzeuge dieser Firma seien insgesamt fünfmal auf einem gebührenpflichtigen Abschnitt der Fernverkehrsstraßen in dem Donauland unterwegs gewesen. Im Gegensatz zum AG Frankfurt a. M. gab das dortige LG der Klage statt und verwarf das wichtigste Gegenargument des Vermieters: Der Forderung stehe die öffentliche Ordnung Deutschlands entgegen.
Art. 21 der Rom I-VO verbiete zwar die Durchsetzung von Ansprüchen, wenn dies offensichtlich unvereinbar mit dem hiesigen ordre public sei. Doch sei die Haftung eines Fahrzeughalters gemäß der ungarischen Mautverordnung auch dem hiesigen Recht keineswegs fremd, wie die Landrichter unter Hinweis auf das Bundesfernstraßenmautgesetz schreiben. Zudem stehe diesem eine hinreichende Möglichkeit zur Exkulpation zur Verfügung, wenn Auto oder Kennzeichen missbräuchlich genutzt werden. Anderenfalls könne er sich durch entsprechende Vereinbarungen beim Fahrer schadlos halten. Und die bis auf das Vierfache gestaffelte Zusatzgebühr bei Nichtzahlung sei mit einer deutschen Vertragsstrafe vergleichbar und dürfe durchaus, wie man am hohen Niveau der gesetzlichen Zinsen in § 288 II BGB sehe, „ausdrücklich der Abschreckung des Schuldners in Form einer Sanktion dienen“. Außerdem: „Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorbehaltsklausel und die gebotene Toleranz gegenüber anderen Rechtsordnungen kann nicht das ausländische materielle Vertragsrecht als solches einer Kontrolle unterworfen werden, sondern es kommt allein auf das Ergebnis der Anwendung im konkreten Einzelfall an.“ Wenig findet sich in dem Richterspruch freilich zu dem Einwand, das ungarische Mautsystem sei äußerst anfällig für Zahlen- und Buchstabendreher sowie Ablesefehler – die Fahrer könnten also durchaus wie vorgeschrieben eine „virtuelle Vignette“ erworben haben.
Virtuelle Steuern. Darf ein Arbeitgeber, der Beschäftigte ins Ausland entsendet, deren dort fällige Steuern vom Gehalt einbehalten und selbst entrichten? Das will das BAG am 7.9. anlässlich von drei Klagen klären, die Mechaniker gegen einen in Hamburg ansässigen multinationalen Konzern angestrengt haben. Der hatte die drei zwei Jahre lang nach Frankreich geschickt, andere landeten in Rumänien. Das Modell ist in Fachkreisen unter dem Namen Hypotax bekannt: Expats sollen so gestellt werden, als wären sie weiterhin im Entsendestaat tätig („hypothetisch“), indem die Besteuerungsdifferenz durch eine Nettolohnvereinbarung ausgeglichen wird (was hier nicht geklappt zu haben scheint). Das Unternehmen hatte die in Toulouse geschuldeten Steuern auch tatsächlich abgeführt, doch die drei wollten lieber ihre Bruttovergütung ausgezahlt bekommen. Das LAG Hamburg gab ihnen recht: Es stützte sich auf die oben schon erwähnte Rom I-VO, jonglierte mit Arbeits-, Entsende- und Tarifvertrag, Konzernbetriebsvereinbarung und Günstigkeitsprinzip – und vergatterte ihren Brötchengeber zur Nachzahlung.
Verschiedenes. Unterliegen die Umsätze eines gemeinnützigen Vereins aus dem Unterricht für Fahrsicherheitstraining der Umsatzsteuer? Diese Frage will der BFH am 8.9. beantworten. Darf der Widerspruch eines Medizinischen Versorgungszentrums gegen die Weigerung des Zulassungsausschusses, eine Arztstelle nachbesetzen zu lassen, wegen verspäteter Zahlung der Verwaltungsgebühr als zurückgenommen gewertet werden? Damit befasst sich am 7.9. das BSG. Und am BVerwG geht es am 6.9. weiter um einen Generalleutnant a. D., der nachträglich zum Vier-Sterne-General befördert werden möchte (NJW-aktuell H. 28/2022, 6).
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