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Die Ter­mi­ne der 32. Ka­len­der­wo­che
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Ulf / Adobe
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In der Hoch­zeit der Co­ro­na-Pan­de­mie haben man­che Un­ter­neh­men ihren Mit­ar­bei­tern ver­bo­ten, Ur­laub in Ri­si­ko­ge­bie­ten zu ma­chen. Dür­fen sie einen Ar­beit­neh­mer nach des­sen Rück­kehr am Werks­tor ab­wei­sen und ihm das Ge­halt ver­wei­gern, wenn er das den­noch getan hat? Das muss das Bun­des­ar­beits­ge­richt klä­ren. Und vor dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt klagt die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te des Bun­des­nach­rich­ten­diensts gegen neue Be­för­de­rungs­re­geln, die aus ihrer Sicht Frau­en be­nach­tei­li­gen.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 5. Aug 2022.

Pan­de­mie. Dür­fen Un­ter­neh­men Be­schäf­tig­ten den Lohn ver­wei­gern, wenn sie in einem Ri­si­ko­ge­biet Fe­ri­en ge­macht haben? Dar­über will das BAG am 10.8. in einem Fall aus der An­fangs­zeit der Co­ro­na-Wel­len ent­schei­den. Ar­beit­ge­ber ist ein Un­ter­neh­men der Le­bens­mit­tel­in­dus­trie, der Klä­ger ist dort als Lei­ter der Nacht­rei­ni­gung be­schäf­tigt. Das von der Co­ro­na-Task­force der Kon­zern­mut­ter er­stell­te Hy­gie­ne­kon­zept sah im Som­mer 2020 vor, dass Rei­se­rück­keh­rer aus vi­ren­ge­plag­ten Re­gio­nen 14 Tage lang zu Hause blei­ben muss­ten. Ein ein­ma­li­ger ne­ga­ti­ver PCR-Test wurde nicht als Frei­brief ak­zep­tiert. Die Firma hatte alle Mit­ar­bei­ter dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Tür­kei sowie et­li­che wei­te­re Rei­se­zie­le ak­tu­ell vom Ro­bert Koch-In­stitut als Ri­si­ko­ge­bie­te aus­ge­wie­sen seien. Für die Zeit einer dann ob­li­ga­to­ri­schen Qua­ran­tä­ne ver­lö­ren Mit­ar­bei­ter ihren An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung. Der Mann hielt sich bis zum 14.8.2020 wegen des Todes sei­nes Bru­ders in der Tür­kei auf. Vor der Aus­rei­se un­ter­zog er sich einem PCR-Test – mit ne­ga­ti­vem Er­geb­nis. Bei sei­ner Ein­rei­se nach Deutsch­land ließ er er­neut einen Ab­strich vor­neh­men, wie­der­um ohne Be­fund. Ein Arzt be­schei­nig­te ihm zudem, dass er keine Sym­pto­me habe. Und das Ge­sund­heits­amt teil­te ihm auf seine An­fra­ge hin mit, wegen sei­nes ne­ga­ti­ven Test­ergeb­nis­ses müsse er sich nicht von sei­nen Mit­men­schen iso­lie­ren. Doch als sich der Ar­beit­neh­mer am 17.8. zur Ar­beit begab, wurde er am Werks­tor ab­ge­wie­sen. Wor­auf­hin er mit Schrei­ben sei­ner Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten seine Ar­beits­kraft anbot – ver­geb­lich.

Der Klä­ger strei­tet nun­mehr um die rest­li­che Ver­gü­tung für die­sen Monat wegen An­nah­me­ver­zugs. Das Un­ter­neh­men ver­tei­digt sich zwar damit, es habe die Qua­ran­tä­ne wegen des ver­gleichs­wei­se hohen Ri­si­kos eines fälsch­lich ne­ga­ti­ven Test­ergeb­nis­ses an­ge­ord­net. Das ArbG Ber­lin und das LAG Ber­lin-Bran­den­burg stell­ten sich den­noch auf die Seite des Klä­gers. Ein ­Arbeitgeber könne zwar die Art und Weise der Ar­beits­er­brin­gung sowie Ord­nung und Ver­hal­ten der Be­schäf­tig­ten im Be­trieb re­geln, um sie vor einer In­fek­ti­on zu schüt­zen – auch wenn da­durch jene, die sich nicht an die Vor­ga­ben hiel­ten, mit­tel­bar ihren Ent­gelt­an­spruch ver­lö­ren. Er könne aber nicht di­rekt über die­sen dis­ponieren, ohne die ge­schul­de­te Leis­tung zu kon­kre­ti­sie­ren.

Schlapp­hü­te. Der Bun­des­nach­rich­ten­dienst liegt an der kur­zen Leine des Bun­des­kanz­ler­amts – und das nicht nur in Bezug auf seine Spio­na­ge­tä­tig­keit. Auch eine neue Be­för­de­rungs­richt­li­nie will der Ver­wal­tungs­chef von Olaf Scholz dem Ge­heim­dienst vor­ge­ben. Doch dem wi­der­setzt sich die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te des BND: Sie hat zu­nächst er­folg­los Ein­spruch ein­ge­legt. Nach­dem ein wei­te­rer Ei­ni­gungs­ver­such ge­schei­tert ist, hat sie Klage beim BVer­wG er­ho­ben, das hier­für in ers­ter und letz­ter In­stanz zu­gleich zu­stän­dig ist. Nach dem Wil­len des Scholz-Ad­la­tus soll künf­tig für die Be­för­de­rung in eine A 16-Füh­rungs­po­si­ti­on statt einer ein­zi­gen drei­jäh­ri­gen A 15-Sach­ge­biets­lei­tung die Be­wäh­rung in min­des­tens zwei un­ter­schied­li­chen Po­si­tio­nen die­ser Art ver­langt wer­den; eine ­davon kann durch die ent­spre­chen­de Ver­wen­dung in einer obers­ten Bun­des­be­hör­de oder als Residentur­leitung er­setzt wer­den kann.

Da­durch sieht die Klä­ge­rin die Vor­ga­ben des Bun­des­gleich­stel­lungs­ge­set­zes ver­letzt: Des­sen Ziel einer gleich­be­rech­tig­ten Teil­ha­be von Frau­en und Män­nern an Füh­rungs­po­si­tio­nen bis Ende 2025 werde ge­fähr­det. Auch liege darin eine nicht ge­recht­fer­tig­te mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung der weib­li­chen Be­schäf­tig­ten, die mit Art. 3 II GG nicht ver­ein­bar sei. Die Be­klag­ten – der Be­hör­den­lei­ter im Kanz­ler­amt sowie der Prä­si­dent der rund 6.500 Aus­lands­auf­klä­rer – spre­chen der Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten al­ler­dings be­reits die Kla­ge­be­fug­nis ab. Aber ihr Vor­stoß sei auch un­be­grün­det, weil die Er­hö­hung der An­for­de­run­gen die Chan­cen weib­li­cher Be­schäf­tig­ter auf eine Chef­stel­le im Ver­gleich zu den männ­li­chen Kol­le­gen nicht ver­schlech­te­re und au­ßer­dem sach­lich ge­recht­fer­tigt sei. Die Leip­zi­ger Rich­ter wol­len über den ur­sprüng­lich für ver­gan­ge­nen Juli an­ge­setz­ten Fall (NJW-ak­tu­ell H. 29/2022, 6) nun am 11.8. ur­tei­len.

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