Pandemie. Dürfen Unternehmen Beschäftigten den Lohn verweigern, wenn sie in einem Risikogebiet Ferien gemacht haben? Darüber will das BAG am 10.8. in einem Fall aus der Anfangszeit der Corona-Wellen entscheiden. Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Lebensmittelindustrie, der Kläger ist dort als Leiter der Nachtreinigung beschäftigt. Das von der Corona-Taskforce der Konzernmutter erstellte Hygienekonzept sah im Sommer 2020 vor, dass Reiserückkehrer aus virengeplagten Regionen 14 Tage lang zu Hause bleiben mussten. Ein einmaliger negativer PCR-Test wurde nicht als Freibrief akzeptiert. Die Firma hatte alle Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass die Türkei sowie etliche weitere Reiseziele aktuell vom Robert Koch-Institut als Risikogebiete ausgewiesen seien. Für die Zeit einer dann obligatorischen Quarantäne verlören Mitarbeiter ihren Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der Mann hielt sich bis zum 14.8.2020 wegen des Todes seines Bruders in der Türkei auf. Vor der Ausreise unterzog er sich einem PCR-Test – mit negativem Ergebnis. Bei seiner Einreise nach Deutschland ließ er erneut einen Abstrich vornehmen, wiederum ohne Befund. Ein Arzt bescheinigte ihm zudem, dass er keine Symptome habe. Und das Gesundheitsamt teilte ihm auf seine Anfrage hin mit, wegen seines negativen Testergebnisses müsse er sich nicht von seinen Mitmenschen isolieren. Doch als sich der Arbeitnehmer am 17.8. zur Arbeit begab, wurde er am Werkstor abgewiesen. Woraufhin er mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten seine Arbeitskraft anbot – vergeblich.
Der Kläger streitet nunmehr um die restliche Vergütung für diesen Monat wegen Annahmeverzugs. Das Unternehmen verteidigt sich zwar damit, es habe die Quarantäne wegen des vergleichsweise hohen Risikos eines fälschlich negativen Testergebnisses angeordnet. Das ArbG Berlin und das LAG Berlin-Brandenburg stellten sich dennoch auf die Seite des Klägers. Ein Arbeitgeber könne zwar die Art und Weise der Arbeitserbringung sowie Ordnung und Verhalten der Beschäftigten im Betrieb regeln, um sie vor einer Infektion zu schützen – auch wenn dadurch jene, die sich nicht an die Vorgaben hielten, mittelbar ihren Entgeltanspruch verlören. Er könne aber nicht direkt über diesen disponieren, ohne die geschuldete Leistung zu konkretisieren.
Schlapphüte. Der Bundesnachrichtendienst liegt an der kurzen Leine des Bundeskanzleramts – und das nicht nur in Bezug auf seine Spionagetätigkeit. Auch eine neue Beförderungsrichtlinie will der Verwaltungschef von Olaf Scholz dem Geheimdienst vorgeben. Doch dem widersetzt sich die Gleichstellungsbeauftragte des BND: Sie hat zunächst erfolglos Einspruch eingelegt. Nachdem ein weiterer Einigungsversuch gescheitert ist, hat sie Klage beim BVerwG erhoben, das hierfür in erster und letzter Instanz zugleich zuständig ist. Nach dem Willen des Scholz-Adlatus soll künftig für die Beförderung in eine A 16-Führungsposition statt einer einzigen dreijährigen A 15-Sachgebietsleitung die Bewährung in mindestens zwei unterschiedlichen Positionen dieser Art verlangt werden; eine davon kann durch die entsprechende Verwendung in einer obersten Bundesbehörde oder als Residenturleitung ersetzt werden kann.
Dadurch sieht die Klägerin die Vorgaben des Bundesgleichstellungsgesetzes verletzt: Dessen Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen bis Ende 2025 werde gefährdet. Auch liege darin eine nicht gerechtfertigte mittelbare Diskriminierung der weiblichen Beschäftigten, die mit Art. 3 II GG nicht vereinbar sei. Die Beklagten – der Behördenleiter im Kanzleramt sowie der Präsident der rund 6.500 Auslandsaufklärer – sprechen der Gleichstellungsbeauftragten allerdings bereits die Klagebefugnis ab. Aber ihr Vorstoß sei auch unbegründet, weil die Erhöhung der Anforderungen die Chancen weiblicher Beschäftigter auf eine Chefstelle im Vergleich zu den männlichen Kollegen nicht verschlechtere und außerdem sachlich gerechtfertigt sei. Die Leipziger Richter wollen über den ursprünglich für vergangenen Juli angesetzten Fall (NJW-aktuell H. 29/2022, 6) nun am 11.8. urteilen.
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