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Die Termine der 30. Kalenderwoche
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Manche halten die Cum/Ex-Transaktionen für den größten Wirtschaftskrimi in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Bundesgerichtshof klärt nun erstmals, ob die massenhaften Börsendeals, die den Fiskus geschätzte 12 Milliarden Euro gekostet haben sollen, tatsächlich strafbar waren. Außerdem geht es in Karlsruhe um Marketing im Netz durch Influencerinnen. Und vor dem Oberlandesgericht Stuttgart klagen Aktionäre gegen Porsche wegen ihrer Kursverluste durch „Dieselgate“.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 22. Jul 2021.

Steuertricks mit der Börse. Diesen Tag dürften sich viele Juristen (und Banker) rot im Kalender anstreichen: Am 28.7. verkündet der BGH ein Urteil zur Strafbarkeit der dubiosen Cum-Ex-Deals mit Aktien rund um den Dividendenstichtag. Was den Staat mehr als 12 Milliarden Euro gekostet haben soll und was hochkarätige Anwaltskanzleien sowie Steuerrechtsprofessoren einst für legal erklärten, gilt mittlerweile sogar als kriminell. Erstmals werden nun Deutschlands oberste Strafrichter über dieses „Geschäftsmodell“ befinden. Wobei wohl selbst Strafverteidiger nicht mit ­einem Freispruch rechnen, der die bundesweite Lawine an Ermittlungsverfahren stoppen würde. Verhandelt hat der 1. Strafsenat bereits Mitte Juni, ließ sich in der zweieinhalbstündigen Sitzung aber, wie Beobachter berichten, nicht anmerken, zu welcher Einschätzung er neigt.

Aufhänger ist ein Urteil des LG Bonn. Dieses hatte quasi in einem Pilotverfahren zwei britische Börsenhändler wegen Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe dazu zu Bewährungsstrafen verurteilt und die Hamburger Privatbank M. M. Warburg als „Einziehungsbeteiligte“ zur Abgabe von 176 Millionen Euro. Womöglich lassen die Karlsruher Höchstrichter überdies ein obiter dictum zu einer These fallen, die ihr BGH-Kollege Andreas Mosbacher kürzlich in der NJW aufgestellt hat, was ­sogar von der Tagespresse aufgegriffen wurde: Dass ein Beschluss des OLG Frankfurt a. M., der die Auslieferung des als Drahtzieher geltenden Steueranwalts Hanno Berger aus der Schweiz erleichtern könnte, gegen die absolut hergebrachte Meinung in Rechtsprechung und Literatur verstoße. Die Richter in der Bankenmetropole hatten befunden, dass Steuerhinterziehung zugleich als gewerbsmäßiger Bandenbetrug am deutschen Steuerzahler verfolgt werden könne. Noch nicht absehbar ist freilich, wann der BFH die steuerrechtliche Seite klärt.

Influencerinnen im Netz. Aufmerksamkeit dürften aber auch die zivilistischen Urteilsfinder in Karlsruhe auf sich ziehen – vor allem bei Jüngeren, die sich in der ­Digitalwelt tummeln. Und bei denen, die damit Geld verdienen. Am 29.7. erörtert der BGH, wann Influencerinnen ihre Beiträge im Internet als Reklame kennzeichnen müssen. Alle drei inszenieren sich vor der ­Kamera, berichten Persönliches und vermarkten auf dieser Vertrauens- und Vorbildschiene bei ihren Millio­nen von „Freunden“, Fans und Followern kommerzielle Produkte. Systematisch abgemahnt werden sie vom Verband Sozialer Wettbewerb, der Schleichwerbung und damit Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht wittert. Die angegriffenen Frauen veröffentlichen auf dem ­Onlinedienst Instagram, der zu Facebook gehört, Fotos von sich. Die Anhänger können ihre Idole beim Sport beobachten, erhalten Fitness- und Ernährungstipps; Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen gehören ebenso zu den Themen. Das Problem: Klickt man auf ein mit „Tap Tags“ versehenes Bild, werden diese digitalen Schilder sichtbar; durch einen Mausdruck darauf wird der Nutzer auf das Profil der Unternehmen gelotst, wofür diese oft die Influencerinnen entlohnen. Die OLGs Braunschweig, Hamburg und München waren sich in der Vorinstanz uneinig, ob die Posts ausdrücklich als Werbung zu kennzeichnen sind – so die Abbildung eines blauen Plüschelefanten vor dem Gesicht eines (echten) Babys.

„Dieselgate“ am Kapitalmarkt. Wegen des erwarteten Andrangs (und wegen Corona) verlagert sich das OLG Stuttgart in die Filderhalle in Leinfelden, wenn es am 28.7. die Verhandlung über ein Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die Porsche Automobil Holding SE eröffnet. Kleinanleger und Großinvestoren fordern Schadensersatz, weil der Autobauer den Kapitalmarkt zu spät über die Abschalteinrichtungen in Dieselautos von VW unterrichtet haben soll. Die Pflichten der Wolfsburger werden zwar schon vom OLG Braunschweig untersucht. Doch der BGH hat die Stuttgarter Richter dazu vergattert, das Ergebnis nicht abzuwarten, sondern ein eigenes Musterverfahren dazu durchzuziehen, ob auch Porsche als Mehrheitsaktionär eine Ad-hoc-Meldung hätte herausgeben müssen.