VW wieder in Karlsruhe. Die Serie von „Diesel-Prozessen“ am BGH geht weiter: Nach dem ersten Urteil Ende Mai (NJW-aktuell H. 22/2020, 6) sollen nun am 21.7. auf einen Schlag das zweite und dritte folgen. Wieder geht es um einen Käufer eines Gebrauchtwagens Marke VW mit dem wegen seiner Abschaltvorrichtung berüchtigten Motor der Baureihe EA189. In einem Fall war wieder ein Autohändler der Veräußerer, im anderen offenbar eine Privatperson. Eine Besonderheit diesmal: Einer der beiden Kunden weigert sich, das Software-Update aus Wolfsburg aufzuspielen, und wehrt sich gegen eine deshalb vom Landrat erlassene Betriebsuntersagung; sein Fahrzeug hat inzwischen über 250.000 Kilometer auf dem Tacho. Beidemal haben LG und OLG Braunschweig die Klagen gegen den Autobauer abgewiesen.
Denn der Straftatbestand eines Betrugs sei nicht erfüllt, weil es an der „Absicht einer stoffgleichen Bereicherung“ fehle – also kein § 823 II BGB iVm § 263 StGB. Auch andere Schutzgesetze wie § 224 StGB (Gefährliche Körperverletzung, und zwar durch die Belastung des Fahrers mit Stickoxiden oberhalb des Grenzwerts) seien nicht verletzt; ebensowenig die EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung, denn diese diene nicht dem Schutz individueller Interessen, sondern nur solchen des Gemeinwohls. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) scheide gleichfalls aus, und zwar mangels schlüssiger Darlegung, welche konkreten Personen im Kreis von Vorständen und leitenden Angestellten Täter sein sollten. Ohnehin: Käufer Nr. 1 habe durch den vorzunehmenden Vorteilsausgleich für seine ausgiebige Nutzung des Wagens den Kaufpreis „vollständig aufgezehrt“. Und Nr. 2 habe keinen Schaden, weil er frühzeitig die neue Steuerungssoftware habe aufspielen lassen. Übrigens: Gleich am 28.7. wollen sich die obersten Zivilrichter einen weiteren Autokauf zur Brust nehmen – wieder ein Gebrauchtwagen von einem Autohändler, wieder VW, diesmal aber andere Vorinstanzen, nämlich die geografisch weiter entfernten LG und OLG Oldenburg. Die haben sich weitgehend auf die Seite der Erwerberin geschlagen.
Neue Runde im Schokoladenkrieg. Schon vor drei Jahren hat sich der BGH mit dem Versuch des Milka-Herstellers befasst, dem Konkurrenten Ritter Sport das Monopol auf die Quadratform seiner Kakaoprodukte abspenstig zu machen. Mit wechselndem Erfolg: Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte sich dem Begehren widersetzt, weil sich die Verpackungsgestaltung am Markt als Erkennungszeichen durchgesetzt habe und nicht technisch bedingt sei. Das Bundespatentgericht löschte sodann jedoch auf Antrag von Milka, das seine Erzeugnisse in lilafarbener Umhüllung vertreibt, die dreidimensionale Formmarke – ein Quadrat sei auch nur eine besondere Form des Rechtecks. Das monierte der I. Zivilsenat und verwies die Angelegenheit zurück nach München (NJW-aktuell H. 42/2017, 6): Die Quadratform der Tafeln sei keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade, so dass kein Schutzhindernis aufgrund der „Art der Ware selbst“ vorliege (§ 3 II Nr. 1 MarkenG aF). Aber vielleicht eines deshalb, weil die Gestaltung „der Ware einen wesentlichen Wert verleiht“ (Nr. 3)? Das Bundespatentgericht verneinte auch dies, da es sich bloß um eine „übliche Schlauchbeutelverpackung“ handele. Am 23.7. will der BGH verkünden, welche Bedeutung aus seiner Sicht die ästhetischen und funktionalen Aspekte der Süßigkeiten sowie der Slogan „Quadratisch. Praktisch. Gut“ für das naschende Publikum haben.
Der Zahn der Zeit. Für den Abzug der AfA bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung teilt das Finanzamt den Kaufpreis auf, denn Grund und Boden erleiden im Steuerrecht im Gegensatz zum Gebäude im Lauf der Zeit keinen Wertverlust. Wieweit es sich dabei auf eine Excel-Tabelle des Bundesfinanzministeriums im Internet („Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück)“ stützen kann, will der BFH am 21.7. klären. Das FG Berlin-Brandenburg befand zu dem originell zu lesenden Sachverhalt: Es durfte.