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Die Termine der 3. Kalenderwoche
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Wer Einnahmen nicht akribisch aufzeichnet, riskiert eine "Hinzuschätzung" des Finanzamts. Der BFH wollte zwei Fälle von Gastronomen prüfen, die meinen, die formalen Mängel ihrer Buchführungen könnten sich nicht aufs Ergebnis ausgewirkt haben. Fax oder beA lautet vor den obersten Finanzrichtern die Frage angesichts einer Rechtsanwaltsgesellschaft. Der BGH beleuchtet das sogenannte Werkstattrisiko. Und am EuGH geht es um häusliche Gewalt im Heimatland als Grund für meinen Flüchtlingsstatus.

11. Jan 2024

Kassensturz. Wenn die Buchführung nicht sauber gehandhabt wird, darf das Finanzamt mutmaßlich verschwiegene Umsätze hinzuschätzen und sich dabei an einer Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums orientieren. Doch was gilt, wenn sich die ­formellen Mängel nach Darstellung des Gewerbetreibenden nicht auf die Erfassung der Einnahmen ausgewirkt haben? Der BFH wollte sich am 17.1. mit zwei Fällen aus der Gastronomie befassen – beide Male übrigens in der zweiten Runde, weil er die Entscheidungen der Vorinstanzen schon einmal gekippt hat. Kurz bevor es zur Sache gehen sollte, hat er aber ohne Angabe von Gründen die Termine aufgehoben – auf Anfrage bei der Pressestelle hieß es, dass sie wohl nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden seien.*

So sollte es um Einkommen- und Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag einer eher gehobenen Gaststätte in Rheinland-Pfalz gehen. Deren Tagesabschlüsse – Z-Bons genannt – enthielten keine fortlaufende Nummerierung, auch Storno­buchungen und die Zahlungsweise waren nicht aus­gewiesen; die Uhrzeit des Abrufs war ebenfalls nicht angegeben, wie ein Betriebsprüfer feststellte. Die Tabelle der Finanzverwaltung für den Rohgewinnaufschlag bei Gast-, Speise- und Schankwirtschaften sei eine „Mogelpackung“ und verstoße gegen die Unschuldsvermutung, wandte der Prozessvertreter des Restaurantbetreibers ein. Dieser Prozentsatz wird auf die Wareneinkäufe angewendet (soweit diese ­deklariert und nicht womöglich ebenfalls verschwiegen ­wurden), um die wirklichen Erlöse hochzurechnen.

Die Finanzrichter in Neustadt an der Weinstraße fanden die konkret nachweisbaren Fehlbeträge zwar eher marginal. Sie hielten den Steuerbeamten aber zugute, dass sie den niedrigsten der amtlichen Richtwerte ­angewandt und davon sicherheitshalber nochmals 30 Prozent abgezogen hatten. Auch beim Inhaber eines Lokals, einer Diskothek und einer Bar in Hamburg reichten einem Außenprüfer die Aufzeichnungen über die Einnahmen nicht – bei dessen elektronischen Registrierkassen, für die zunehmend strenge Vorgaben an die Manipulationssicherheit gelten, ebenso wie bei dessen offenen Kassen, deren Verwendung durchaus noch erlaubt ist. Die hanseatischen Richter sahen in der Nutzung der Richtsatzsammlung gleichfalls eine anerkannte Schätzungsmethode, wenn ein interner Betriebsvergleich – etwa durch Nachkalkulation – mangels verlässlichen Zahlenmaterials nicht möglich ist. Zu weit ging ihnen allerdings ein pauschaler „Sicherheitszuschlag“, den die Finanzbehörde bei der Bar draufgelegt hatte: Hier hatte der Betreiber selbst schon einen Rohgewinnaufschlag von satten 680 Prozent erklärt.

Fax oder beA?  Wann Rechtsanwaltsgesellschaften Schriftsätze als elektronisches Dokument auf einem ­sicheren Übermittlungsweg ans FG schicken mussten, will der BFH am 16.1. klären. So die Frage, ob die individuelle Qualifikation des Handelnden dabei eine Rolle spielt (§ 62 II 3 iVm § 52d FGO). Und ob die FGO Bezug auf die Regelungen der BRAO nimmt. Das streitentscheidende Fax mit der Klageerhebung wurde ­wenige Monate verschickt, bevor zum 1.8.​2022 auch Berufsausübungsgesellschaften ein besonderes elek­tronisches Anwaltspostfach bekamen (§ 31b BRAO).

Blechschaden. Wer trägt das sogenannte Werkstatt­risiko – nämlich dass ein Handwerksbetrieb (tatsäch­liche oder angebliche) Leistungen in Rechnung stellt, die der Haftpflichtversicherer des Gegners nicht erstatten will? Der BGH hat Ende November die Lastenverteilung hierbei in fünf verschiedenen Konstellationen erörtert (NJW-aktuell H. 48/2023, 6). Am 16.1. verkündet der VI. Zivilsenat seine Urteile.

Häusliche Gewalt. Der EuGH gibt am 16.1. seine Entscheidung zu einer Kurdin mit türkischem Pass bekannt, deren Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wurde. Ein bulgarisches Gericht möchte wissen, unter welchen Voraussetzungen Frauen als Flüchtlinge anzuerkennen sind, wenn sie zwangsverheiratet und Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt wurden. Und ob ihnen zumindest subsidiärer Schutz zusteht, wenn ­ihnen für den Fall der Rückkehr ein Ehrenmord angedroht wurde.

*Anm. d. Red.: Die Meldung wurde nach Veröffentlichung um die Aufhebung der Termine am BFH am 17.1.24 ergänzt; Stand 17.01., 9.45 und 10.35 Uhr, jja.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Svhriftleitung.