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Abgeschmolzen ist er mittlerweile, der von vielen ungeliebte „Solidarzuschlag“. Der Bundesfinanzhof befasst sich nun in einer vielbeachteten Verhandlung damit, ob er nicht längst hätte auslaufen müssen. Der Bundesgerichtshof klärt, ob der florierende Handel mit Hanfprodukten mit einem hohen Gehalt des Wirkstoffs CBD wegen möglicher Rauschwirkung strafbar ist. Und das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit einer Serie von 26 gleichgelagerten Klagen syrischer Asylbewerber.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Chefredaktion, 12. Jan 2023.

Der „Soli“. Ab 1995 mussten Menschen und Unternehmen mit steuerpflichtigen Einkünften ihn zahlen – den Solidaritätszuschlag. Einst eingeführt, um die Lasten der Wiedervereinigung zu schultern, meinen etliche Juristen, die Erhebung dieser Ergänzungsabgabe auf Einkommen- und Körperschaftsteuer seit mittlerweile verfassungswidrig, und zwar spätestens seit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019. Die Politik hat allerdings bereits Konsequenzen gezogen: Seither müssen rund 90 % der Steuerzahler den Obolus gar nicht mehr berappen, weitere 6,5 % zu einem reduzierten Tarif und nur die reichsten 3,5 % der Steuerpflichtigen in unveränderter Höhe. Der BFH setzt sich am 17.1. exemplarisch mit einer Klage gegen den jetzigen Rechtszustand auseinander. Das Urteil wird zwar erst für Ende Januar erwartet, und die zugrunde liegenden Gesetzesregelungen kann er ohnehin nicht kippen, sondern nur – wenn er von deren Verfassungswidrigkeit überzeugt ist – das BVerfG anrufen. Doch so fing auch einst die von Karlsruhe sodann erzwungene Reform der Erbschaftsteuer an. Die Münchener Richter rechnen deshalb mit einem solchen Andrang an Journalisten, dass sie bereits angekündigt haben, die knappen Presseplätze notfalls zu verlosen.

Die Kläger in diesem Pilotverfahren, das vom Bund der Steuerzahler unterstützt wird, sind Eheleute, die gegen ihre vom Finanzamt festgesetzten Vorauszahlungen auf den „Soli“ angehen. Das FG Nürnberg hat in der Vorinstanz ihre Argumente zurückgewiesen: Es handele sich um eine „echte Steuer“, für die der Bund durchaus die Ertragshoheit und alleinige Gesetzgebungskompetenz habe. Schon 1972 habe das BVerfG entschieden, dass eine Ergänzungsabgabe nicht von vornherein zu befristen sei. Die begriffliche Nähe zum Solidarpakt sei kein taugliches Indiz dafür, dass der Zuschlag mit der Neuregelung des ­Länderfinanzausgleichs hätte auslaufen müssen. Und die unterschiedlichen ­Tarife beim „Abschmelzen“ dürften soziale Gesichtspunkte berücksichtigen, womit sie nicht gegen das Gleichheitsgebot verstießen.


Kifferkioske. Eine Berliner Firma namens „Bunte Blüte“ vertreibt in den lange geöffneten „Späti“-Kiosken der Bundeshauptstadt sowie im Internet (Online-Slogan: „#dreistdurchgezogen“) Bestandteile von Cannabispflanzen mit einem geringen THC- und einem hohen Gehalt des Wirkstoffs CBD in Portionen zu 2 und 5 Gramm. Die dortige Staatsanwaltschaft geht mit ­Unterstützung des Generalbundesanwalts gegen die Freisprüche für Teilhaber, Geschäftsführer und Mitarbeiter der Unternehmergesellschaft (UG) vor. Das LG hatte nämlich befunden, bei diesen Hanfprodukten handele es sich zwar um Betäubungsmittel. Doch belege die Außendarstellung des Unternehmens, dass diese nicht vorsätzlich zu Rauschzwecken verkauft worden seien. Die Angeklagten hätten nicht vorhersehen können, dass Käufer sie in einer Weise und einer Menge – etwa beim Backen von Keksen – verwenden könnten, die eine solche Wirkung hervorruft. Der BGH will am 16.1. die Rechtslage prüfen.

Syrienflüchtlinge. Mit 26 Revisionen auf einen Schlag, die es selbst zugelassen hat, befasst sich am 19.1. das BVerwG. Die Akten kommen vom OVG Berlin-Brandenburg, das syrischen Asylbewerbern einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft anstelle eines bloß subsidiären Schutzes zugesprochen hatte. Den hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den Jahren 2016 und 2017 verneint. Der Senat in Leipzig will nun klären, welche Anforderungen an die Annahme einer „starken Vermutung“ für eine Verknüpfung zwischen der Verweigerung des Militärdienstes mit einem der in der EU-Anerkennungsrichtlinie genannten Verfolgungsgründe zu stellen sind, wie sie der EuGH nahegelegt hat – sowie für deren Widerlegung. Entschieden werden soll außerdem, welche Bedeutung dem im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung zukommt. Die Vorinstanz fürchtete überdies ­einen zwangsweisen Einsatz etwaiger Rückkehrer bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

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