In welchem Betrieb dürfen Führungskräfte, die keine leitenden Angestellten sind, bei den Wahlen zur Belegschaftsvertretung abstimmen? Eine schwierige Frage für das BAG, wenn solche "Matrix-Chefs" Mitarbeiter an verschiedenen Orten haben. Wie weit ein Abschiebeverbot aus familiären Gründen für Eltern mit Kleinkindern gilt, entscheidet das BVerwG. Dort werden außerdem mehrere Zwistigkeiten um Personalratswahlen beim BND ausgetragen.
Matrix-Chefs. Betriebsratswahlen bieten allerhand juristische Tücken. So hat das BAG schon über die Modalitäten von Abstimmungen per Brief für die Belegschaftsvertretung beim Autobauer VW (NJW-aktuell H. 11/2022, 6) und im vergangenen Jahr bei einem Luftfrachtkonzern (becklink 2031941) sowie bei einem Lebensmittel-Discounter (NJW-aktuell H. 39/2024, 6) befunden. Nun geht es am 22.5. um die Betriebszugehörigkeit von „Matrix-Führungskräften“. Die heiße Frage: Wo dürfen die abstimmen? Die Arbeitgeberin, die das Ergebnis der letzten Wahl anficht, ist Dienstleisterin für Informationstechnologie und den Vertrieb von IT-Produkten. In einer Betriebsvereinbarung sind bei der GmbH fünf Organisationseinheiten festgelegt. Im Jahr 2022 wurden im Betrieb „Region Süd“ die Voten abgegeben. In der Wählerliste waren neben 498 Arbeitnehmern und -nehmerinnen 128 Führungskräfte angeführt. Der Haken: Diese sind Vorgesetzte der Beschäftigten in jenem Betrieb, aber zugleich auch von solchen in anderen. Leitende Angestellte sind sie nicht. In ihren Arbeitsverträgen ist ein Standort vereinbart, dem sie zugeordnet sind – aber nicht zwangsläufig in besagter Region. Für den Fall, dass sie nicht im Homeoffice tätig sind, hält das Unternehmen an sämtlichen Niederlassungen Büros für sie vor.
Die Firma macht geltend gemacht, in die Wählerliste seien entgegen § 7 S. 1 BetrVG Führungskräfte aufgenommen worden, die in Wirklichkeit nicht dem betroffenen Regional-Betrieb angehörten. Auf die tatsächliche Eingliederung nach § 99 BetrVG komme es nicht an. Anders sieht dies das frisch gekürte Mitbestimmungsgremium. Das ArbG Stuttgart hat den Wahlgang für unwirksam erklärt, ebenso das LAG Baden-Württemberg.
Abschiebeverbote. Das BVerwG verhandelt am 22.5. zehn Sprungrevisionen gegen Entscheidungen des VG Gelsenkirchen. So geht es um Kleinkinder nigerianischer Eltern, die in Deutschland zusammenwohnen. Vater und Mutter haben eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 III AufentG), weil für sie ein Abschiebungsverbot in ihr Heimatland wegen „erheblicher konkreter Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit“ festgestellt wurde (§ 60 VII 1 AufenthG). Die Leipziger Bundesrichter wollen klären, ob § 60 V AufenthG, der auf die EMRK (Art. 8) verweist, sowie das Wohl der Kinder oder familiäre Bindungen iSv Art. 5 Halbs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2008/115/EG die geplanten Maßnahmen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge verbieten.
Schlapphüte. Beim BND rappelt es: Gleich in drei Verfahren müssen Deutschlands oberste Verwaltungsrichter über Zuständigkeiten des Personalrats und die Gültigkeit seiner Wahl richten. Hintergrund der Zwistigkeiten: Der Auslandsgeheimdienst besteht aus der Zentrale in Berlin und dezentralen Organisationseinheiten. Teile und Stellen des Nachrichtendienstes, die nicht zur Zentrale gehören, gelten laut Gesetz als Dienststellen iSd Bundespersonalvertretungsgesetzes. Und nicht in allen Teildienststellen werden örtliche Personalräte gebildet. In erster und letzter Instanz stehen die Prozesse am 22.5 auf der Terminrolle.
Allerlei. Ob der Main-Kinzig-Kreis der Bundesagentur für Arbeit eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz zahlen muss, wird dort am selben Tag geklärt. Ein Bezieher von Arbeitslosengeld hatte von ihr in der Corona-Epidemie auch während einer Absonderungsanordnung Leistungen erhalten. Die Ungleichbehandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten durch die Deutsche Post AG bei der Verlängerung der Stufenlaufzeit nach einem tariflich festgelegten Stichtag prüft am 21.5. das BAG. Der BFH widmet sich am Tag darauf dem „doppelten Satzungserfordernis“ im Gemeinnützigkeitsrecht: Nach § 57 III AO ist eine Körperschaft auch dann steuerbegünstigt, wenn sie die privilegierten Zwecke satzungs- und planmäßig durch Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft erfüllt.
Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.