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Die Politik hat immer neue Gesetze gegen "Hatespeech" erlassen. Nun klärt der Bundesgerichtshof, ob Facebook die Beiträge von zwei Nutzern löschen und ihre Konten vorübergehend sperren durfte. Auch um "Dieselgate" soll es in Karlsruhe wieder gehen. Und was die Bundeskanzlerin zur Wahl in Thüringen gesagt hat, will die AfD vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklären lassen.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 15. Jul 2021.

Von Facebook blockiert. Die Bekämpfung von „Hassrede“ ist der Politik ein wichtiges Anliegen – das bereits zweimal verschärfte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) macht das ebenso deutlich wie diverse Änderungen von StGB und StPO durch das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hass­kriminalität“ von Ende März. Nie verstummt sind allerdings auch Bedenken, durch „Overblocking“ werde die Meinungsfreiheit beschnitten oder sogar eine „Zensur“ eingeführt. Um dieser Kritik zu begegnen, wurde zwar kein ausdrücklicher Restore-Anspruch verankert, aber doch immerhin ein Gegenvorstellungsverfahren ein­geführt, mit dem sich Nutzer seit Ende Juni gegen aus ihrer Sicht unberechtigte Sperren und Löschungen wehren können. Am 22.7. muss sich nun der BGH mit den Grenzen des Sagbaren befassen.

Geklagt haben zwei Nutzer des sozialen Netzwerks Facebook, deren Beiträge das Unternehmen gelöscht und deren Konten es zudem vorübergehend gesperrt hatte – unter Berufung auf seine „Gemeinschaftsstandards“. Einer der beiden hatte im Zuge einer Diskussion über sogenannte Reichsbürger unter anderem gepostet: „Migranten können hier morden und vergewaltigen und keinen interessiert’s!“ Der andere hatte sich über ein Video ereifert, in dem eine Person mit Migrationshintergrund es ablehnte, von einer Polizistin kontrolliert zu werden. Eine seiner Äußerungen dazu lautete (in Versalien verfasst): „Diese Goldstücke können nur eines … Morden … Klauen … Randalieren … und ganz wichtig … nie arbeiten.“ Vor dem OLG Nürnberg konnten sie sich (wie auch größtenteils in der Vorin­­stanz am LG Nürnberg-Fürth bzw. LG Regensburg) nicht mit ihrem Wunsch nach Freischaltung ihrer Beiträge und dem Unterlassen einer erneuten Sperre durchsetzen. Die Oberlandesrichter sahen in den zugrunde liegenden Nutzungsbedingungen gegen „Hassrede“ weder ­einen AGB-Verstoß durch eine unangemessene Benachteiligung oder intransparente Klauseln noch eine Verletzung der Meinungsfreiheit. Aufgrund der Zu­stimmung durch Anklicken der entsprechenden Schaltfläche seien diese auch wirksam geworden.

Schmutzige Abgase. Die Ankündigung von Dieselklagen vor dem BGH ist stets ein gewagtes Spiel – nicht selten ziehen Kläger im letzten Moment ihre Revision zurück, weil sie auf wundersame Weise ihr Interesse an dem Rechtsstreit verloren haben. Bleibt es bei der Terminplanung der obersten Zivilrichter, beleuchten sie zwei weitere der vielen Facetten des Abgasskandals. Am 20.7. geht es vor dem II. Zivilsenat um frühere Aktionäre der Volkswagen AG, die ihre ­Anteile im September 2015 verkauft haben – wenige Tage, bevor der Autobauer mit einer Ad-hoc-Mitteilung bekanntgab, dass er die mittlerweile berüchtigte Software verbaut hatte, die im normalen Fahrbetrieb die Emissionswerte weniger stark drosselte als auf einem Prüfstand. Nun wollen die Investmentfonds von dem Zulieferer Bosch Schadensersatz. AG Ludwigsburg und LG Stuttgart fanden allerdings, der Softwarelieferant habe schon objek­tiv keine Hilfe zur Begehung eines etwaigen Kapitalmarktdelikts des Wolfsburger Konzerns geleistet. Für den 21.7. hat der VIII. Zivilsenat gleich vier Verfahren gebündelt. Die Kläger hatten bereits in den Jahren 2009 oder 2010 Neuwagen mit einem Dieselmotor EA 189 erworben und erst sieben oder acht Jahre später Nachlieferung verlangt, obwohl ihr Modell nicht mehr hergestellt wurde. Doch keiner der Verkäufer hat auf Verjährung gepocht. Ein weiterer Aspekt: Alle vier hatten die Fahrzeuge als Verbraucher gekauft, so dass sie keinen Nutzungsersatz schulden (§ 475 III BGB nF).

Statement der Kanzlerin. Abermals klagt die AfD vor dem BVerfG gegen Äußerungen von Regierungsmitgliedern – diesmal sogar gegen ein Statement von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die hatte im Februar 2020 von Südafrika aus gefordert, die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich auch durch CDU-Abgeordnete zum Ministerpräsidenten von Thüringen rückgängig zu machen, weil auch Parlamentarier der Rechtsaußen-Partei für ihn votiert hatten. Der Zweite Senat verhandelt da­rüber am 21.7.