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Die Termine der 28. Kalenderwoche
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Nur einen Bruchteil des Schadens durch die Abgasaffäre hat VW sich von ehemaligen Top-Managern erstatten lassen. Zu wenig, finden Aktionärsschützer und klagen vor dem BGH gegen den geschlossenen Vergleich. Über eine Entschädigung im Zuge der Katastrophe mit dem Schlafmittel Contergan urteilt das BVerwG. Vor dem EuGH geht es um die Kündigung einer Arbeitnehmerin wegen ihres Austritts aus der Katholischen Kirche, am BFH um eine Ausschlussfrist.

2. Jul 2025

Abgasaffäre. Der Dieselskandal hat die Volkswagen AG bislang mehr als 32 Mrd. EUR gekostet, und es ­könnten noch ein paar Milliarden dazukommen. Einen Bruchteil davon hat sich der Wolfsburger Autokonzern von seinem Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn und dem einstigen Boss der Tochtergesellschaft Audi AG, Rupert Stadler, zurückgeholt: Der wegen der Affäre um Betrug bei Abgasmessungen zurückgetretene Winterkorn, gegen den sich ein Strafprozess am LG Braunschweig dahinschleppt, zahlte 11,2 Mio. EUR. Stadler, den das LG München II unter anderem zu einer bislang nicht rechtskräftigen Bewährungsstrafe verurteilt hat, berappte 4,1 Mio. EUR. Der D&O-Versicherer steuerte mit rund 270 Mio. EUR auch nur einen Klacks bei. 2021 stimmten auf einer Hauptversammlung der Konzernmutter VW 99,91 % der Aktionäre einem entsprechenden Vergleich zu, der im Gegenzug die beiden Ex-Manager prinzipiell von Ansprüchen Dritter freistellte. Die Einigung mit der Assekuranz billigten sogar 99,98 % der Anteilseigner. Darüber, ob es dabei bleibt, verhandelt am 8.7. der BGH. Denn Aktionärsvertreter, darunter die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), wollen diese Beschlüsse zu Fall bringen.

Ihr Argument: Selbige seien nichtig, zumindest aber anfechtbar. Denn die Voraussetzungen für die Zustimmungen aus § 93 IV 3 AktG hätten nicht vorgelegen – insbesondere sei die Sperrfrist von drei Jahren nicht eingehalten worden. Zudem verstießen die Vergleiche gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 I 1 AktG): Die Begünstigten seien nämlich selbst Aktionäre der Volkswagen AG gewesen. Auch sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der ehemaligen Vorstände nicht ausreichend ermittelt worden. Und schließlich seien die Investoren „überrumpelt“ worden, denn mit einigen Teilen der Vereinbarungen hätten sie weder rechnen können noch müssen. Eine Kammer für Handelssachen des LG Hannover sowie das OLG Celle schmetterten diesen Vorstoß rundweg ab.

Contergan. Es war das wohl gravierendste Desaster mit Arzneimitteln, das Deutschland erlebt hat: Das von 1957 bis 1961 vertriebene Beruhigungsmittel Contergan des Herstellers Grünenthal GmbH führte bei Tausenden von Frauen, die es in der Frühphase der Schwangerschaft einnahmen, zu schweren Fehlbildungen bei Neugeborenen sowie zu Totgeburten. Weltweit wurden geschätzt rund 10.000 Kinder mit deformierten Gliedmaßen geboren, knapp die Hälfte davon hierzulande. Im Jahr 2005 wurde mit einem seither sechsmal geänderten Gesetz eine Conterganstiftung geschaffen, die aus dem 1971 ebenfalls vom Bundestag errichteten „Hilfswerk für behinderte Kinder“ hervorging und Betroffene mit diversen Geldleistungen unterstützt. Das BVerwG urteilt am 9.7. über den Antrag eines 1961 geborenen Mannes auf Geldzahlungen. ­Experten der Stiftung glaubten nicht, dass seine diversen Körperschäden auf eine Einnahme des Präparats durch seine Mutter zurückzuführen sind. Gegen die Ablehnung seines Begehrens klagte er erfolglos vor dem VG Köln. Mit seiner Berufung vor dem OVG Münster hatte er teilweise Erfolg: Das ContStifG sehe für die Entscheidung ein Votum der Medizinischen Kommission der Stiftung vor. Hier seien jedoch nur acht der 22 Mitglieder einbezogen worden, so dass das Verfahren wiederholt werden müsse. Gegen ihr Urteil ließen die Oberrichter die Revision zu: „Auch wenn die sogenannte Contergankatastrophe Jahrzehnte zurückliegt, werden aktuell noch Erstanträge zur Anerkennung als Contergangeschädigter gestellt, in den vergangenen fünf Jahren jeweils etwa zwischen 26 und 33.“

Weiteres. EuGH-Generalanwältin Laila Medina stellt am 10.7. ihre Schlussanträge zu einer Vorlage des BAG vor. Erneut geht es darum, ob eine Einrichtung der Katholischen Kirche eine Arbeitnehmerin wegen deren Austritts entlassen durfte. Der BFH befasst sich am selben Tag damit, ob eine vom Vorsitzenden Richter festgesetzte Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens (§ 65 II 2 FGO) gewahrt wird, wenn vor deren Ablauf die Steuererklärung elektronisch ans Finanzamt geschickt wird.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.