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Die Termine der 28. Kalenderwoche
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Müssen Steuerberaterprüfungen zur Gewährleistung der Chancengleichheit anonym erfolgen? Unter welchen Voraussetzungen müssen Vermieter Auskunft über die Berechnung der zulässigen Miethöhe geben? Und welche Pflichten gelten bei Massenentlassungen? Das sind die Rechtsfragen der 28. Kalenderwoche.

7. Jul 2023

Berufsbezogene Prüfungsverfahren. Der BFH verhandelt am 11.7. über die Frage, ob aus dem Grundsatz der Chancengleichheit das verfassungsrechtliche Gebot folgt, Aufsichtsarbeiten für die Korrektur zu anonymisieren. Das Verfahren betrifft die Steuerberaterprüfung, das die Klägerin nicht bestanden hatte. Mit ihrer Klage verlangt sie eine Neubewertung bzw. Wiederholung von Aufsichtsarbeiten. Zudem hat sie die Durchführung eines sogenannten Überdenkungsverfahrens beantragt. Sie ist unter anderem der Auffassung, dass die Anfertigung der Klausuren und die daran anknüpfende Korrektur anonym erfolgen müssten. Außerdem hätte die Nutzung von Bewertungstabellen den Spielraum der Prüfer unzulässig eingeschränkt. Das FG Hamburg hat die Klage in der Vorinstanz abgewiesen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen in juristischen Staatsprüfungen (NJW 1991, 2005) rechnet das Gericht reine Benotungsfragen ebenso wie die Beurteilung des Schwierigkeitsgrades und der Darstellungsweise dem prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum zu. Unter diesen Maßstäben sei die Bewertung der Aufsichtsarbeiten nicht rechtsfehlerhaft gewesen. Besondere Umstände, die möglicherweise die zuständige Steuerberaterkammer hätten verpflichten könnten, sich zur Wahrung der Chancengleichheit für ein Kennzahlverfahren zu entscheiden, waren laut den Hamburger Steuerrichtern nicht ersichtlich. Auch sei die Nutzung von Bewertungsschemata nicht zu ­beanstanden. Das Überdenkungsverfahren schließlich sei nicht darauf ausgerichtet, eine vollständige Neubewertung der Prüfungsleistung vorzunehmen, sondern diene der Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Prüflings. Dies sei hier ausweislich der Stellungnahmen der Prüfer erfolgt.

Auskunft über Miethöhe. Am 12.7. verkündet der BGH Urteile in vier Verfahren über den Auskunftsanspruch des Mieters nach den Vorschriften zur Mietpreisbremse (§ 556g III BGB). Der VIII. Zivilsenat hatte hierüber am 24.5. mündlich verhandelt (NJW-aktuell H. 21/2023, 6). Darin klagt ein Rechtsdienstleister aus abgetretenem Recht auf Auskunft über die Berechnung der zulässigen Miethöhe, Rückzahlung überzahlter Miete und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten berufen sich unter anderem auf Ver­jährung. In drei Fällen sind zwei Zivilkammern des LG Berlin als Berufungsgerichte davon ausgegangen, dass der Auskunftsanspruch nicht verjährt sei. Er könne als Hilfsanspruch nicht vor dem Hauptanspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete verjähren, da die Auskunft zu dessen Geltendmachung benötigt werde. Demgegenüber hat eine andere Zivilkammer des LG eine Verjährung angenommen. Aus deren Sicht gilt hier die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, die mit dem Abschluss des Mietvertrags zu laufen beginne.

Massenentlassungen. Der EuGH verkündet am 13.7. ein Urteil zur Übermittlungspflicht bei Massenentlassungen. Das BAG hatte ihm die Frage vorgelegt, welche Sanktion ein Verstoß gegen die Informationspflicht des Arbeitsgebers gegenüber der Agentur für Arbeit im Rahmen von anzeigepflichtigen Massenentlassungen nach sich zieht (NZA 2022, 491). In dem Fall hatte sich der klagende Mitarbeiter gegenüber dem Insolvenzverwalter wegen der unterbliebenen Mitteilung auf die Unwirksamkeit seiner Kündigung berufen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Aus Sicht des BAG muss der EuGH klären, welchem Zweck die Pflicht nach Art. 2 III Unterabs. 2 der Richtlinie 98/59/EG dient. Hiervon hänge ab, ob § 17 III 1 KSchG, der unionsrechtskonform in gleicher Weise wie die Vorschrift der Richtlinie auszulegen ist, als Verbotsgesetz gemäß § 134 BGB anzusehen ist. In diesem Fall wäre die Kündigung unwirksam. Aus Sicht von Generalanwalt Priit Pikamäe (BeckRS 2023, 5798) soll es die Mitteilungspflicht der Behörde ermöglichen, etwaigen Folgen von Massenentlassungen für die betroffenen Arbeitnehmer zu bewerten und sich auf Abhilfemaßnahmen vorzu­bereiten. Die Mitgliedstaaten müssten es den Arbeitnehmervertretern im nationalen Recht ermöglichen, die Einhaltung dieser Pflicht überprüfen zu lassen. Dabei sei effektiver und wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz gemäß Art. 47 GRCh zu gewährleisten, der zudem abschreckende Wirkung haben müsse.

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