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Die Termine der 28. Kalenderwoche
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Jenny Sturm / Adobe

Wann Urlaubsansprüche verfallen, prüft das Bundesarbeitsgericht anhand dreier Fälle – darunter ein Anwalt mit stattlichem Gehalt. Immer noch Neuland, denn der Europäische Gerichtshof hat das deutsche Urlaubsrecht ziemlich durcheinander gewirbelt. Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit der Abgabe von "Kuschelsocken" durch eine Apotheke als Werbegimmick. Und der Chefkameramann des Kinoknüllers "Das Boot" kämpft nun schon seit neun Jahren vor dem Bundesgerichtshof über einen satten Nachschlag auf sein damaliges Salär. Dies und noch viel mehr bringt für Juristen die 28. Kalenderwoche.

1. Jul 2020

Versäumte Erholung. Passend zur Urlaubssaison – auch wenn diesmal virenbedingt nur wenig Menschen in die weite Ferne reisen dürften – befasst sich das BAG am 7.7. mit drei Klagen von Arbeitnehmern auf Abgeltung verfallener Ferientage. Juristisch ist das in mancherlei Hinsicht Neuland, seit der EuGH hier einige Traditionen des deutschen Arbeitsrechts auf den Kopf gestellt hat. So geht es um einen angestellten Anwalt, der auf dem Urlaubskonto bei seiner früheren Kanzlei noch 99 nicht frei genommene Tage ausgemacht hat – freilich noch aus den Jahren 2011 bis 2013 stammend. Verjährt sei das noch nicht alles, befanden auch die Vorinstanzen. Der Mann hatte zuletzt ein festes Jahresgehalt von 126.000 Euro; hinzu kamen Provisionen aus seinem Jahresumsatz von zum Schluss fast einer Million Euro in deutlich sechsstelliger Dimension. Nun fordert er Nachzahlungen – auch bei den Akquisebeteiligungen –, den Ersatz eines wegen unzeitgemäßer Auszahlung entstandenen Steuerschadens und schließlich die Erstattung eines Gehaltsabzugs für Reifen seines Dienstwagens.

Das LAG München billigte ihm immerhin fast 300.000 Euro zu. Der frühere Arbeitgeber hingegen kontert kühl: Der Kläger sei „wiederholt und nachdrücklich“ aufgefordert worden, seinen Erholungsurlaub tatsächlich zu nehmen. Dass er darauf verzichtet habe, beruhe auf seiner eigenen Entscheidung – „motiviert durch das Ziel, möglichst hohe Umsätze und damit möglichst hohes Einkommen zu erzielen sowie sich dadurch für eine beschleunigte Aufnahme in die Partnerschaft zu empfehlen“. Auch die beiden anderen Verfahren – einer längerfristig erkrankten Krankenhausangestellten und eines schwerbehinderten Frachtfahrers im öffentlichen Dienst – drehen sich darum, ob Urlaubsansprüche nach der neueren Rechtsprechung aus Luxemburg aus unterschiedlichen Gründen noch nicht verfallen sind.

Kleine Zugaben. Dass ein Brötchen-Gutschein einer Apotheke über „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Medikaments gegen UWG, HWG und AMG verstoße, hat bereits der BGH entschieden (BeckRS 2019, 12879). Aus öffentlich-rechtlicher Perspektive will das BVerwG am 9.7. die kleinen Werbepräsente untersuchen. Eine Pharmazeutin kämpft dort gegen eine Ordnungsverfügung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Die Standesaufseher haben ihr vor sechs Jahren untersagt, bei der Abgabe von rezeptpflichtigen oder preisgebundenen Arzneien Gutscheine für ein Paar Kuschelsocken oder eine Rolle Geschenkpapier auszugeben. Solche „geringwertigen Kleinigkeiten“ im Wert von weniger als 50 Cent könnten keine Kunden unsachlich und somit gesundheitsgefährdend beeinflussen, verteidigt sich die Apothekerin. Hinzu kommt: Der EuGH hat die deutschen Preisbindungsvorschriften für Versandapotheken aus dem Ausland außer Kraft gesetzt (NJW 2016, 3771). Doch auch damit drang sie in den Vorinstanzen nicht durch: Diese „Inländerdiskriminierung“ verstoße nicht gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes, meinte das OVG Münster.

Großer Kinoerfolg. Nicht viele Filme sind so bekannt wie das U-Boot-Drama „Das Boot“ unter Regie von Wolfgang Petersen. Nicht viele Rechtshändel haben aber auch schon solch einen langen Bart. Der BGH prüft am 9.7. erneut Nachforderungen des damaligen Chefkameramanns gegenüber der Produktionsfirma, dem WDR und dem Videoverwerter. Sein damaliges Salär in Höhe von etwas über 100.000 Euro scheint ihm in einem „auffälligen Missverhältnis“ zu dem Welterfolg des 1980/81 gedrehten Streifens in Kinos, Fernsehen und auf DVDs zu stehen (§ 32a UrhG). Vor den obersten Zivilrichtern hat er bereits im Jahr 2011 erfolgreich auf die Erteilung von Auskünften über die erzielten Einnahmen gestritten. Bei seiner anschließenden Zahlungsklage bekam er vom OLG München denn auch einen Nachschlag von über 400.000 Euro zugesprochen. Das aber kam bei keinem der Beteiligten so gut an wie beim Publikum das cineastische Meisterwerk über die Atlantikschlacht.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.