Hausarzt. Ärzte dürfen von ihren Patienten keine Geschenke annehmen oder sich Vorteile versprechen lassen – jedenfalls wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit ihrer medizinischen Entscheidungen beeinflusst wird. So steht es in § 32 I 1 der Musterberufsordnung (MBO). Der BGH befasst sich am 2.7. mit der Klage eines Insolvenzverwalters, der sich um das restliche Vermögen eines Hausarztes kümmert. Er prozessiert gegen die ehemalige Pflegerin (und ihre Tochter) eines im Jahr 2018 verstorbenen 80-jährigen Mannes. Der war ledig, kinderlos und zeigte sich von seiner restlichen Verwandtschaft schwer enttäuscht. Im hohen Alter wollte er auf seinem Hof verbleiben und schloss daher 2016 mit dem Hausarzt (bei dem er seit dem Vorjahr in Behandlung war) sowie der Pflegeperson nebst deren Tochter vor einem Notar einen „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“. Darin verpflichtete sich der Medikus zu diversen Arztleistungen – so zu Beratung und Behandlung, Hausbesuchen und telefonischer Erreichbarkeit auch nachts sowie zu Betreuungsleistungen daheim, darüber hinaus zu Hilfe bei einigen Behördenangelegenheiten. Als Gegenleistung sollte er im Todesfall ein Grundstück des Erblassers erhalten. Kurz darauf bekräftigte der Senior in einem notariellen Testament, dass die Pflegerin Alleinerbin werden sollte – mit Ausnahme der Immobilie. Dennoch nahm sie den gesamten Nachlass in Besitz.
Der Versuch des Verwalters, das Grundstück zur Insolvenzmasse zu ziehen (§ 2174 BGB), scheiterte am LG Bielefeld wie auch am OLG Hamm. Die Zuwendung an den Heilkundler sei ein Vermächtnis, aber wegen standesrechtlichen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam (§§ 2171 I, 134 BGB). Die Regelung in der MBO (übernommen von der hier zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe) diene dem Vertrauen in die Freiheit und Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen sowie dem Ansehen und der Integrität des Berufsstands. Die Unwirksamkeit schränke auch die verfassungsrechtlich geschützte Testierfreiheit nicht ungerechtfertigt ein. Die obersten Zivilrichter könnten das anders sehen: Sie haben die Revision zugelassen.
Zuschlag. Das BAG urteilt am 2.7. über zwei Klagen auf eine höhere variable Vergütung. So geht es um einen Vertriebsbeauftragten, der 2021 mehr als ein halbes Jahr krankgeschrieben war. Dieser Teil des Entgelts war abhängig von der Leistung des gesamten Teams. Von den gut 30.000 EUR, die demnach eigentlich jedem zustanden, zog der Arbeitgeber dem Mann knapp 13.000 EUR für die Fehltage nach Ende der Lohnfortzahlung ab. Zu Recht, so das OLG Düsseldorf, und schrieb in seine Leitsätze: „Ohne Arbeit kein Lohn.“ Der andere Prozess betrifft eine männliche Führungskraft im Vertrieb, der von ihrem Zuschlag von rund 43.000 EUR knapp 7.500 EUR für 62 unbezahlte Fehltage in der Elternzeit abgezogen wurden. Das Argument des Vaters, er habe sein Ziel durch Arbeiten vor und nach der Abwesenheit erreicht, zog bei den rheinischen Oberrichtern nicht.
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