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Die Termine der 27. Kalenderwoche
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Bleiben Mieter bei den Gebühren für ihren Kabelanschluss an den Anbieter gefesselt, den ihr Vermieter ausgesucht hat? Der Bundesgerichtshof untersucht den Fall einer großen Wohnungsbaugesellschaft. Freisprüche im Strafprozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs beschäftigen die Karlsruher Richter ebenfalls. Und das Bundesverwaltungsgericht verhandelt über ein besonderes Geschäftsmodell im Autohandel.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 1. Jul 2021.

Kabel-Knebel. Egal ob öffentlich-rechtlich, privat oder sogar per Abo-Gebühr – Fernseh- und Radioprogramme erfreuen sich nicht nur zu Fußballzeiten großen Zuspruchs. Der Empfang über Haus- oder Zimmerantenne ist weitgehend passé, meist kommen die Sendungen aus dem Kabel oder über eine Satellitenschüssel. Der BGH will am 8.7. klären, ob ein Vermieter seine Bewohner für die gesamte Zeit ihres Mietverhältnisses an einen von ihm gewählten Anbieter binden kann. Der von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs angestrengte Prozess betrifft immerhin eines der führenden Immobilienunternehmen in Nordrhein-­Westfalen mit Mietwohnungen in rund 100 Städten und Gemeinden. Fast 110.000 dieser Behausungen hat es an ein Kabelfernsehnetz anschließen lassen; das Entgelt, das es für die Versorgung der Wohnungen mit den Programmen zahlt, legt es nach den Mietverträgen als Betriebskosten um. Entkommen können dem die Mieter nur, wenn sie ausziehen. Die Wettbewerbshüter wittern einen Verstoß gegen § 43b TKG: Weder enthalten die Mietverträge eine Regelung, nach der die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabel-TV- oder Kabel-Internet-Anschlusses wenigstens nach 24 Monaten kündbar ist, noch bietet der Großvermieter Mietverträge an, nach denen die Bereitstellung solcher Anschlüsse auf zwölf Monate begrenzt ist. Die Wettbewerbszentrale moniert: Zur Vermeidung von Doppelzahlungen würden die Bewohner faktisch davon abgehalten, ein anderes Angebot – etwa via Internet oder durch Streamingdienste – anzunehmen.

Die Argumente verfingen am LG Essen und dem OLG Hamm nicht. § 43b S. 1 TKG, wonach die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten 24 Monate nicht überschreiten darf, sei im Verhältnis zwischen der Wohnungsbaugesellschaft und ihren Mietern nicht anwendbar. So sei schon fraglich, ob sie einen Telekommunikationsdienst anbiete: Wesentlicher Kern der von ihr geschuldeten Leistung sei schließlich die Gewährung des Gebrauchs der vermieteten Wohnung. Jedenfalls sei der in der Übertragung von Signalen bestehende Dienst nicht „öffentlich zugänglich“: Bei den Mietern eines Mehrfamilienwohnhauses handele es sich nicht um einen unbestimmten Personenkreis. Falls die Bundesrichter sich dem anschließen, bleibt geknebelten Mietern noch ein Lichtblick: Ab Juli 2024 greift das jüngst verabschiedete Telekommunikationsmodernisierungsgesetz. Dann entfällt das sogenannte Nebenkostenprivileg und damit die Umlagefähigkeit für vom Vermieter abgeschlossene TV-Kabelverträge.

Kölner Stadtarchiv. An einem Mittag im März 2009 ist das Kölner Stadtarchiv im Zuge des U-Bahn-Baus eingestürzt – in den Trümmern zweier Nachbargebäude kamen zwei junge Männer ums Leben. Neun Jahre später – kurz vor der absoluten Verjährung – gelangte das dortige LG zu dem Schluss, Ursache sei die Havarie einer rund 27 Meter tiefen Baugrube gewesen. Deren seitliche Schlitzwand, die das Eindringen von Grundwasser verhindern sollte, sei nicht fachgerecht erstellt worden. Zwei Bauleitern unterstellte die Strafkammer zwar Sorgfaltspflichtverletzungen, sprach sie aber mangels Kausalität vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Über die Revisionen der Staatsanwaltschaft hiergegen will der BGH am 7.7. verhandeln. Über die Rechtsmittel eines Bauüberwachers und eines Oberbauleiters, die zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden, entscheidet der Senat gesondert.

Gekauft und vermietet. Mit einem ungewöhnlichen Geschäftsmodell befasst sich am 7.7. das BVerwG. Geklagt hat ein Unternehmen, das von seinen Kunden Kraftfahrzeuge ankauft. Gleichzeitig mieten sie diese für einen bestimmten Zeitraum zurück; solange dürfen sie vom Kaufvertrag zurücktreten. Das Landratsamt München untersagte das, weil der „gewerbsmäßige ­Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufsrechts“ nach § 34 IV GewO verboten sei. Damit scheiterte die Behörde allerdings vor dem VGH München.