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Die Termine der 26. Kalenderwoche
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Ob angeblich von Kunden stammende Bewertungen von Produkten oder Dienstleistern echt sind, ist ohnehin kaum ersichtlich. Der BGH klärt nun immerhin, wie detailliert Eigenwerbung mit einer bestimmten Zahl von Sternen ausfallen muss. Auch entscheiden die Karlsruher Richter, ob sich das Urheberrecht von Fotografen sogar auf Bilder erstreckt, auf denen damit gestaltete Fototapeten zu erkennen sind. Und auch sonst hat die Justiz diesmal eine Menge interessanter Termine zu bieten.

20. Jun 2024

Sterne sehen. Ob man Bewertungen im Internet glauben kann, ist immer die quälende Frage, wenn man ein Produkt oder eine Dienstleistung sucht. Stecken hinter guten Noten wirklich echte Kunden? Oder bezahlte Claqueure oder gar automatisierte Bots – und hinter schlechten Einschätzungen böse Konkurrenten des Anbieters? Noch fragwürdiger wird es, wenn ein Unternehmen einfach selbst behauptet, welche Zensuren ihm seine Kunden vergeben hätten. Der BGH befasst sich am 27.6. mit der Klage der Wettbewerbszentrale gegen eine Firma, die auf ihrer Webseite die Vermittlung von Immobilienverkäufern an Immobilienmakler anbietet. Sie warb unter anderem mit Sternebewer­tungen ihrer Auftraggeber von durchschnittlich 4,7 von fünf möglichen Sternen – ohne Angaben zur Gesamtzahl der Teilnehmer, zum Zeitraum und zur Aufgliederung nach den einzelnen Sterneklassen. LG und OLG Hamburg haben dem Unternehmen untersagt, mit ­Bewertungen unter Angabe einer durchschnittlichen Sternezahl Reklame für sich zu machen, ohne deren Gesamtzahl und den zugrunde gelegten Zeitraum zu nennen. Das von den Wettbewerbsschützern eben­falls beantragte Verbot der Werbung ohne Aufschlüsselung der Bewertungen nach Sterneklassen hat das LG hingegen abgewiesen. Da darf man gespannt sein, ob der I. Zivilsenat in Karlsruhe insbesondere den letzten Punkt aufrechterhält.

Fototapeten. Die klassischen Papierrollen aus Rau­faser als Wandschmuck sind ziemlich „out“. „In“ sind Foto­tapeten. Dass der jeweilige Fotograf daran ein Ur­heberrecht hat, steht außer Frage. Der BGH will aber am 27.6. in drei Fällen entscheiden, ob sogar die Verbreitung von Abbildungen einer Räumlichkeit mit einer Fototapete im Internet dessen Rechte – oder die von jemanden, an den er diese abgetreten hat – verletzt. Geklagt hat ein von einem Berufsfotografen gegrün­detes Unternehmen, das Lizenzen für Nutzungsrechte an solchen Bildern verkauft. Eine der Beklagten ließ die Tapete an einer Wand in ihrem Haus anbringen, die in Videobeiträgen auf ihrem Facebook-Auftritt zu ­sehen war. Die zweite stellte ein Bildschirmfoto der von ihr gestalteten Internetseite des Tenniscenters ihres Ehemanns auf ihre eigene Webseite; darauf ist der Gastraum der Sportstätte mit einem entsprechenden Wandschmuck zu sehen. Und die dritte verwendete ­einen solchen in einem Zimmer ihres Hotels und zeigte ein Bild davon auf Hotelportalen im Netz. AG und LG Düsseldorf schmetterten alle Forderungen ab, weil die drei Prozessgegner mit dem Erwerb des Sach­eigentums an den Wandverkleidungen zugleich durch schlüssiges Verhalten ein einfaches Nutzungsrecht erworben hätten.

Noch viel mehr. Vor dem Sommerloch treten unsere Bundesgerichte am 27.6. noch einmal aufs Gaspedal. Der BGH verkündet, ob der Süßwarenhersteller Haribo mit dem Begriff „klimaneutral“ werben durfte (NJW-aktuell H. 16/2024, 6). Zudem versucht er erneut, über Verluste bei Sportwetten im Ausland zu ­verhandeln (NJW-aktuell H. 18/2024 und 10/2024, 6). Und er erörtert eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, ob Festivalveranstalter eine Gebühr von 2,50 Euro verlangen dürfen, wenn sie nicht verbrauchte Beträge zurückerstatten, mit denen Besucher zuvor ihr Ticket-Armband aufgeladen hatten. Das BVerwG urteilt über eine Lehrerin, die wegen „päda­gogisch unangemessenen Verhaltens“ letztlich vor­zeitig in den Ruhestand versetzt werden soll, aber die Feststellung einer anderweitigen Verwendbarkeit vereitelt, indem sie sich den Vorladungen zum Amtsarzt verweigert. In Leipzig geht es ferner um zwei „Wiedereinsteller“, die nach Grundwehrdienst und Reserveübungen zu Berufssoldaten berufen wurden; überdies um die Ablieferungspflicht für die Nebentätigkeits­vergütung einer Bundesbeamtin für wissenschaftliche Forschung. Das BSG klärt, ob eine Tattookünstlerin, eine Flamenco­lehrerin sowie eine Trau- und Hochzeitsrednerin Anspruch auf Aufnahme in die Künstlersozialversicherung haben und ob der Kauf einer Batterie für das Hörgerät den Unfallversicherungsschutz für den Weg zur Arbeit unterbricht.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.