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Die Termine der 27. Kalenderwoche
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Drogerien waren nachweislich einem Kartell von Zulieferern ausgesetzt. Der Insolvenzverwalter der untergegangenen Kette Schlecker will von Herstellern über 200 Millionen Euro als Schadensersatz, weil der einstige Marktführer Zahnpasta und Putzmittel zu teuer habe einkaufen müssen. Außerdem vor dem Bundesgerichtshof: Der Stadtplan-Erbe Alexander Falk, der einen Anschlag auf einen namhaften Wirtschaftsanwalt veranlasst haben soll. Und vor dem Bundesarbeitsgericht geht es um die Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und einem „drittbezogenen Arbeitseinsatz“.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 27. Jun 2022.

Kartellbrüder. Mit mehr als 5.000 Filialen waren die Geschäfte der Drogeriekette Schlecker kaum aus dem Stadtbild wegzudenken. Doch im März vor zehn Jahren mussten zunächst rund 2.200 davon schließen, und schon Ende Juni war der zeitweilige Marktführer dieser Branche in Deutschland pleite. Haftstrafen für Mitglieder der Eigentümerfamilie folgten, und Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz versucht seither für die Gläubiger zu retten, was noch zu holen ist. Sein auch vom Bundeskartellamt längst mit Bestandskraft bestätigter Vorwurf: 15 Hersteller beispielsweise von Geschirrspülmitteln, Zahncremes und Duschgels hätten sich zu einem Kartell zusammengeschlossen und jahrelang ­untereinander Informationen ausgetauscht, um die geforderten Preise zu drücken. Was dann vielerlei Namen trug – etwa Rabatte, Skonti, Rück- und sonstige Vergütungen, Werbeaktionen oder Werbekostenzuschüsse. Dadurch habe Schlecker beim Einkauf zuviel bezahlt und einen Schaden von mindestens 212 Mio. Euro ­erlitten, meint Geiwitz in seiner „Follow-on-Klage“. Wohingegen das LG Frankfurt a.M. und das dortige OLG keinen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellbaren Schaden erkannten, allerdings auch kein eigenes Gutachten einholten.

Der BGH will sich nun am 5.7. mit der Causa befassen. Ein Prüfungspunkt dürfte der in solchen Fällen gebräuchliche „Passing-on-Einwand“ der Beklagten sein: Schlecker habe ohnehin seine womöglich überhöhten Preise weiterwälzen können – sei es auf eigene Tochtergesellschaften oder auf seine Endkunden. Wobei die Oberlandesrichter am Main offen ließen, ob sich Kartellanten bei einer konzerninternen Weiterver­äußerung überhaupt auf eine entsprechende Vorteilsausgleichung berufen können.

Anwaltsopfer. Ein anderer spektakulärer Fall landet am 6.7. vorm BGH: 2010 war ein namhafter Wirtschaftsanwalt in Frankfurt a.M. angeschossen worden, als er vor seinem Wohnhaus ins Auto steigen wollte. Der unbekannte Täter zielte aus rund zehn Zentimetern Entfernung auf das linke Bein; der Jurist erlitt einen potenziell lebensgefährlichen Durchschuss im Oberschenkel. Das Landgericht der Mainmetropole sah darin einen Racheakt, in Auftrag gegeben vom Stadtplan-Erben Alexander Falk: Der war im Zusammenhang mit dem Verkauf seines Internetunternehmens Ision wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden und sah sich erheblichen zivilrechtlichen Forderungen ausgesetzt. Als treibende Kraft dahinter ­betrachtete die Schwurgerichtskammer (die Anklage hatte auch versuchte Anstiftung zum Mord umfasst) zehn Jahre später besagten Anwalt. Der Angeklagte beteuert seine Unschuld. Der Schuldspruch erging aufgrund eines reinen Indizienprozesses mit einem zeitweise in einem Schutzprogramm befindlichen Kronzeugen und einer vielfach nachbearbeiteten Audiodatei eines Gesprächs in einem Hamburger Steakrestaurant.

Fremdfirma. Um die Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und einem „drittbezogenen Arbeitseinsatz“ geht es am 5.7. in zwei Fällen am BAG. So hatte ein Systemingenieur im Jahr 2007 einen Vertrag mit ­einem Unternehmen unterschrieben, das keine Erlaubnis für die gewerbliche Überlassung von Arbeitsleistungen besaß. Seitdem war er ununterbrochen in einer anderen Firma tätig; einige seiner rund 60 Abteilungskollegen waren ebenfalls bei sonstigen Arbeitgebern beschäftigt. Zwölf Jahre später wollte er feststellen lassen, dass in Wirklichkeit jenes Unternehmen sein Vertragspartner sei, bei dem er täglich in Teams eine Datenbank betreute, die zur Programmierung von Steuergeräten für Fahrzeuge bei Vertragshändlern und Werkstätten diente. Damit sei er dort eingegliedert. Das ArbG Darmstadt und das LAG Hessen gaben ihm recht. Denn die von ihm vorgelegten E-Mails enthielten neben Weisungen, die man als (bloß) projektbezogen ­bezeichnen könne, auch ganz klar solche mit arbeitsrechtlichem Charakter – etwa zur Urlaubsplanung. Dem habe die Beklagte „nichts Substantielles“ entgegengesetzt; insbesondere habe sie keine Dienstleistungsverträge mit jener Firma vorgelegt, bei der der Mann einst unterzeichnet hatte.