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Die Termine der 25. Kalenderwoche
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Der Datenschutz beschäftigt sowohl das BAG wie auch – gleich doppelt – den EuGH. In Erfurt geht es um einen Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes einer Krankenkasse, dessen Arbeitsunfähigkeit von einer Kollegin geprüft wurde. Die Europarichter verkünden ihre Urteile zu Anfragen zweier deutscher Amtsgerichte: Einmal hatte ein Steuerberater Unterlagen an einen falschen Adressaten geschickt, im anderen Fall war ein Wertpapierdienstleister gehackt worden. Außerdem befindet der EuGH über den Schutzstatus einer Syrierin, die bereits in Griechenland anerkannt worden war.

13. Jun 2024

Datenschutz I. Einen besonderen Fall will das BAG am 20.6. endgültig entscheiden: Ein Computerexperte des Medizinischen Dienstes (MDK) der Krankenversicherung Nordrhein verlangt eine Entschädigung für eine, wie er findet, Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften und seines Persönlichkeitsrechts; ferner nach seiner Entlassung zusätzlich materiellen Schadensersatz für entgangenen Verdienst. Denn nach längerer Krankheit bat die Kasse, bei der er versichert war, bei seinem dafür zuständigen Arbeit­geber – eben dem MDK – um ein Gutachten über ihn. Der Mann moniert: Die Kollegen wüssten jetzt, dass er an einer (sich mittlerweile bessernden) Depression leide. Nach Nieder­lagen vor dem ArbG Düsseldorf und dem dortigen LAG legte das BAG dem EuGH fünf Fragen zur Auslegung der DS-GVO vor (NJW-aktuell H. 34/2021, 6). Der antwortete naturgemäß allgemein, aber eher zulasten des Klägers (NJW-aktuell H. 51/2023, 6).

Eine Konstellation, in welcher der Beklagte eine „Doppelfunktion“ innehat, weil er sowohl der Arbeitgeber der zu begutachtenden Person ist als auch Expertisen für die gesetzlichen Krankenkassen bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit von Versicherten abgibt. Dafür gibt es beim MDK eine „Organisationseinheit Spezialfall“ sowie besondere Regelungen, darunter eine „Dienstanweisung zum Schutz bei Sozialdaten der Beschäftigten des Medizinischen Diensts“ der betreffenden Krankenkasse und ihrer Angehörigen. Eine bei der Kontrollinstitution angestellte Ärztin erarbeitete eine Beurteilung, welche die Diagnose der Krankheit des Klägers enthielt. Dazu hatte sie auch mit dem behandelnden Arzt telefoniert. Die Luxemburger Richter verwiesen unter anderem auf Ausnahmen vom Verbot, besonders empfindliche Kategorien personenbezogener Daten wie etwa solche über die Gesundheit zu verarbeiten, die etwa für den Bereich der Arbeitsmedizin gelten (Art. 9 III Buchst. h DS-GVO). Allerdings müssten die besonderen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden, und die Mitgliedstaaten dürften diese noch verschärfen (Art. 5 I Buchst. f, 6 I, 9 III und IV, 32 I Buchst. a und b). Ein etwaiger Ersatzanspruch sei danach zu bemessen, dass er eine Ausgleichsfunktion für einen ­konkret erlittenen Schaden habe, aber keinen abschreckenden oder strafenden Zweck. Der Grad des Verschuldens sei dabei nicht zu berücksichtigen.

Datenschutz II und III. Der EuGH verkündet am 20.6. seine Entscheidungen zu Anfragen des AG Wesel und des AG München. Aus Nordrhein-Westfalen will man wissen, ob für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 I DS-GVO neben einer Verletzung dieses Regelwerks eine weitere Beeinträchtigung des Anspruchstellers von gewissem Gewicht eingetreten sein muss. Und ob die bloße Furcht reicht, dass personenbezogene Daten in fremde Hände gelangt sein könnten. Eine Steuerberaterkanzlei hatte nach dem Umzug eines Mandanten-Ehepaars dessen Unterlagen versehentlich an die neuen Bewohner der vorherigen Wohnstätte mit einem sehr ähnlichen Nachnamen versandt. Die bayerische Erstinstanz erkundigt sich (wie schon zuvor das BAG) nach der Funktion des Schadensersatzes. Zugrunde lag das Abgreifen von Daten bei Kunden eines Wertpapierdienstleisters durch unbekannte Kriminelle. In München fragt man sich zudem, ob ein Identitätsdiebstahl im Sinne des 75. Erwägungsgrunds zur DS-GVO erst dann vorliegt, wenn die Straftäter von den erbeuteten Angaben Gebrauch machen.

Schutzstatus. Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des BVerwG hin verkündet der EuGH am 18.6. ein Urteil zu einer Syrerin, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als subsidiär schutzberechtigt anerkannt worden ist und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft anstrebt. Dieser Status war ihr bereits 2018 in Griechenland zugesprochen worden. Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des VG Aachen kann sie aber nicht dorthin zurückkehren, weil ihr dort die ernsthafte Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh drohen würde. Allerdings müsse sie in Syrien keine Verfolgung befürchten, so das VG weiter.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.