Gekündigte Datenschützerin. Geht der Schutz von betrieblichen Datenschutzbeauftragten in Deutschland zu weit? Das argwöhnt das BAG und hat deshalb den EuGH angerufen. Der will am 22.6. sein Urteil sprechen. Der Fall: Noch in ihrer Probezeit war die „Teamleiterin Recht“ bei einem Maschinenbauer in Nürnberg gekündigt worden; das Unternehmen macht dafür eine Umstrukturierung im Konzern geltend. Zugleich widerrief es ihre Benennung zur internen Datenhüterin und vergab die Kontrolle an eine externe Anwaltskanzlei. Die Frau will sich damit nicht abfinden und hat vor ArbG sowie LAG Nürnberg auch gewonnen. Die befanden: Eine ordentliche Kündigung sei nach § 38 II BDSG iVm § 6 IV 2 BDSG ausgeschlossen, wenn kein wichtiger Grund vorliegt; eine außerordentliche war gar nicht erst ausgesprochen worden.
Doch in Erfurt hegt man Zweifel. Das Unionsrecht besitze Vorrang, sonst müsse es „ohne Weiteres“ unangewendet bleiben. Und das verbiete in Art. 38 III 2 DS-GVO lediglich, einen Datenschützer „wegen der Erfüllung seiner Aufgaben“ abzuberufen oder zu benachteiligen. Angesichts der Vollharmonisierung haben die obersten deutschen Arbeitsrichter daher ihre Luxemburger Kollegen gefragt, ob die strengere Regelung hierzulande unzulässig ist. Vorsorglich wollen sie auch noch wissen, ob es darauf ankommt, ob die Bestellung eines Beauftragten nur nach dem Recht eines Mitgliedstaats zwingend ist. Überwiegend werde zwar in Deutschland die Auffassung vertreten, bei dem einschlägigen Sonderkündigungsschutz handele es sich um materiell-arbeitsrechtliche Regelungen, für die gemäß Art. 153 AEUV keine Gesetzgebungskompetenz der Union bestehe, schreibt der 2. Senat in seinem Vorlagebeschluss. Die Gegenansicht nehme an, die Verknüpfung des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes mit der Stellung des Datenschutzbeauftragten sei im Bereich der nichtöffentlichen Stellen unionsrechtswidrig – es werde ein wirtschaftlicher Druck aufgebaut, an einem einmal benannten Kontrolleur dauerhaft festzuhalten. Das Verdikt der Europarichter dürfte auch anderweitig von Bedeutung sein, wie Katrin Haußmann verdeutlicht hat (ArbRAktuell 2020, 599): „Diskussionen darüber, ob nationales Recht strengere Regeln aufstellen kann, wenn mit der DS-GVO europaweit einheitliche Standards gesetzt werden sollten, werden auch an anderer Stelle geführt.“
Raubkopien im Netz. Wie Wissenschaftsverlage vorgehen müssen, um eine urheberrechtswidrige Veröffentlichung ihrer Artikel und Bücher auf einer darauf spezialisierten Webseite sperren zu lassen, klärt am 23.6. der BGH. Geklagt haben zwei weltweit führende Konzerne aus dieser Branche gegen den größten deutschen Anbieter von Internetzugängen. Im Gegensatz zum LG München I wies das dortige OLG ihren Vorstoß ab: Ihnen sei zumutbar gewesen, vor Inanspruchnahme der Beklagten in Bonn den in Schweden ansässigen Host-Provider der beiden Internetdienste gem. § 7 IV TMG gerichtlich auf Auskunft in Anspruch zu nehmen. Mit diesen Informationen hätten sie anschließend gegen die Betreiber vorgehen können, die die Raubkopien ins Netz gestellt hatten.
Sündige Erben. Bemerkt ein Erbe vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass der Erblasser Steuern hinterzogen hat, muss er dies unverzüglich dem Finanzamt mitteilen (§ 153 I 2 AO). Der BFH will am 21.6. feststellen, ob der Gesamtrechtsnachfolger anderenfalls eine eigenständige Steuerhinterziehung begeht. Und ob auch für ihn eine Ablaufhemmung nach § 171 VII AO hinsichtlich der Steuerschuld des Erblassers greift. Nach dieser Vorschrift endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung eines Steuerdelikts verjährt ist.
Anwaltsmeeting. Endlich wieder in Präsenz, jedenfalls die letzten drei Tage: Vom 20. bis 24.6. kommt der Deutsche Anwaltstag in Hamburg zusammen. Das diesjährige Motto der über 70 Fachveranstaltungen lautet: „Miteinander für das Recht“.
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