Nicht auf Augenhöhe? Wer als Gewerkschaft anerkannt werden will, muss mächtig genug sein, um einen Kampf mit dem Tarifpartner ausfechten zu können. Das bestreitet eine Reihe etablierter Arbeitnehmervereinigungen – vom DGB bis zu Ver.di, der IG Metall und der NGG – im Fall der „DHV – Die Berufsgewerkschaft e. V.“, die zum Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschland (CGB) gehört. Auch die Bundesländer Berlin und Nordrhein-Westfalen wollen, dass die Justiz der DHV Tarifunfähigkeit bescheinigt. Das hat das LAG Hamburg zuletzt vor einem Jahr getan; einen gleichlautenden Spruch der hanseatischen Richter von 2016 hatte das BAG zwei Jahre später zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Denn die Kollegen an der Elbe seien zu Unrecht von einer Absenkung der Anforderungen an die Durchsetzungs- und Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das Mindestlohn- und das Tarifeinheitsgesetz ausgegangen. Auch könne die DHV ihre soziale Mächtigkeit nicht auf ihre langjährige Teilnahme am Tarifgeschehen stützen: Sie habe teilweise Tarifverträge außerhalb ihres Organisationsbereichs und zudem in wechselnden Zuständigkeiten geschlossen (NJW-aktuell H. 26/2018, 6).
Nun geht es in Erfurt am 22.6. in die nächste Runde. Die Antragsteller machen geltend, der Organisationsbereich ihrer kleinen Konkurrentin erstrecke sich auf rund 11,4 Millionen Beschäftigungsverhältnisse; da von höchstens 10.000 Mitgliedern auszugehen sei, liege der Organisationsgrad unter 0,1 %. Weil sie somit nicht „auf Augenhöhe“ verhandeln könne, drohe die Ausweitung von Tarifverträgen mit „Dumpinglöhnen“. Die angegriffene DHV beruft sich hingegen auf 7,01 Millionen Jobs und 75.065 Mitglieder zum ursprünglichen Streitzeitpunkt Ende 2014. Die Vereinigung hat eine lange Tradition: Nach Anfängen im Jahr 1893 wurde sie 1950 neu als „Gewerkschaft der Kaufmannsgehilfen“ gegründet. Nach diversen, teilweise unwirksamen Satzungsänderungen beansprucht sie die Zuständigkeit für Arbeitnehmer in zahlreichen Branchen, von Privatbanken über den Einzelhandel und Sozialverbände, die Fleischwarenindustrie und Reiseveranstalter bis hin zu IT-Dienstleistern für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
Überleben am Hindukusch. Gemeinsam verhandelt das BVerwG am 24.6. die Verfahren von zwei Männern, die nach eigenen Angaben Afghanen sunnitischen Glaubens sind. Der eine floh demnach 2015 vor Rekrutierungsbemühungen der Taliban. Asyl-Antrag, Klage auch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes und Berufung hatten keinen Erfolg; der VGH Mannheim befand, ihm stehe in drei Großstädten interner Schutz zur Verfügung. Nun verweist er auch auf die Auswirkungen der Covid-Pandemie, die dort die Sicherung eines menschenwürdiges Existenzminimums beeinträchtigten. Ganz ähnlich der andere Fall, in dem aber der Kläger mit diesem Argument vor dem OVG Bremen Erfolg hatte. Ein Niederlassen etwa in Kabul oder Herat sei nur zumutbar, wenn er dort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinde; die Sicherung des Existenzminimums müsse zudem auf Dauer gewährleistet sein.
Kein Geld bei Kirchenasyl. Um Leistungen nach dem AsylbLG geht es am 24.6. in fünf Streitigkeiten vor dem BSG. So hat das LSG Bayern einer Äthiopierin Hilfen verweigert, die sich im Kirchenasyl ihrer Abschiebung entzogen hatte. Trotz des faktischen Verzichts der staatlichen Behörden auf den zwangsweisen Vollzug sei dies ein vorwerfbarer Rechtsmissbrauch.
Teilen im Netz. Über die Haftung von Videoplattformen wie YouTube für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer, die dort Dateien hochladen, urteilt am 22.6. der EuGH. Vorgelegt hat der BGH diesen und andere Fälle bereits 2018. Hier verlangt ein Musikproduzent und -verleger – Inhaber eines weltweiten Künstlerexklusivvertrags – Schadensersatz für die Verbreitung von Liedern, Fotos und Konzertmitschnitten der Britin Sarah Brightman im Internet.