Telematiktarife. Der Mensch freut sich, wenn er gesund bleibt, und seine Krankenkasse, wenn sie Geld für Behandlungen spart. Darauf zielte ein Modell für Berufsunfähigkeitsversicherungen der Generali-Tochter Dialog Versicherung AG; gegen einige dieser Klauseln streitet der Bund der Versicherten (BdV) am 12.6. vor dem BGH. Es geht um einen sogenannten Telematiktarif, bei dem die Höhe der Prämie vom Lebensstil mitbestimmt wird. Im Versicherungsvertragsrecht nennt man das so, wenn ein Element laufender Verhaltens- bzw. Risikoüberwachung – typischerweise durch eine Handy-App – enthalten ist. Das Ergebnis kann unmittelbare oder (wie hier über die Überschussbeteiligung) mittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Beiträge haben. Die verklagte Assekuranz verlangte für diese Vergünstigung die Teilnahme an einem „Vitality Programm“: etwa sportliches Strampeln im Fitness-Studio, vernünftige Ernährung oder vorsorgliche Check-ups beim Arzt.
Im Prinzip stört sich die Versichertenlobby daran auch nicht, belohnt das System schließlich eine gesunde Lebensführung. Doch beanstandete sie einzelne Punkte im Tarif „SBU-professional vitality“, womit sie beim LG München I und dem dortigen OLG Zustimmung fand. Die Richter erklärten wegen Intransparenz und unangemessener Benachteiligung für unwirksam, dass die Assekuranz Versicherte nicht an ihren eigenen Überschüssen beteiligen wollte, wenn diese das Programm gekündigt oder der Übermittlung der Daten widersprochen hatten. Zu schwammig formuliert war ihnen auch, wann genau die Überschussanteile erhöht oder herabgesetzt werden können.
Verwirkt. Das BVerwG verhandelt am 12.6. zwei Sprungrevisionen der Rechtsanwaltskammer Berlin und der Deutschen Rentenversicherung: Sie greifen die Genehmigung bestimmter Briefporti durch die Bundesnetzagentur im Zuge des Price-Cap-Verfahrens an, das die amtliche Festsetzung von Höchstpreisen bei der Deutschen Post AG vorsieht. Beide Klägerinnen bemängeln die Kappung der Kategorie „Werbeantwort Standardbrief“ auf aus ihrer Sicht überhöhte 0,80 Euro. Der Anwaltsvertretung geht es dabei um die Rückumschläge bei den Kammerwahlen („Porto zahlt Empfänger“). Vor dem VG Köln gingen allerdings beide Prozesse verloren – wegen Verwirkung. Den Richtern zufolge wurde nämlich zu spät der Rechtsweg beschritten. Pikant deren Seitenhieb: „Dass die Klägerin beides [die Entgeltgenehmigung und die Klagemöglichkeit von Endkunden – die Red.] nicht gewusst hat, mag sein (wenngleich dies für den ersten Umstand schon sehr unwahrscheinlich ist). Dies ist jedoch schon deswegen unerheblich, da sie die Selbstverwaltungsorganisation der in Berlin zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ist. Eine solche Organisation muss sämtliche rechtlichen Umstände, auf die sie sich einlässt, kennen, zumal die Klägerin regelmäßig ein höheres Portovolumen (…) generiert hat.“
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