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Die Ter­mi­ne der 24. Ka­len­der­wo­che
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Das Neu­tra­li­täts­ge­bot von Bun­des­mi­nis­tern bei In­ter­views und Pres­se­er­klä­run­gen be­schäf­tigt aber­mals das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof ur­teilt über Schmerz­sal­ben, die ein be­kann­ter deut­scher Her­stel­ler kos­ten­los an Apo­the­ker ver­teilt hat. Und (man­cher­orts) be­schert die 24. Ka­len­der­wo­che den Ar­beit­neh­mern und Selbst­stän­di­gen einen Fei­er­tag.

3. Jun 2020

Zu weit aus dem Fens­ter ge­lehnt? Mi­nis­ter sind als Mit­glie­der der Re­gie­rung und damit Staats­ver­tre­ter bis zu einem ge­wis­sen Grad zu par­tei­po­li­ti­scher Neu­tra­li­tät ver­pflich­tet – zu­meist aber auch selbst Mit­glied in einer sol­chen Ver­ei­ni­gung. Wo die Gren­ze des Sag­ba­ren liegt, wird am 9.6. aber­mals das BVerfG ver­kün­den. Die AfD wirft in dem Or­gan­streit­ver­fah­ren Bun­des­in­nen­mi­nis­ter Horst See­ho­fer (CSU) Äu­ße­run­gen vor, die er in einem In­ter­view ge­gen­über der Deut­schen Pres­se­agen­tur (dpa) ge­tä­tigt hatte, das so­dann auch auf der Web­sei­te sei­ner Be­hör­de ver­öf­fent­licht wurde. Darin hatte er über die Op­po­si­ti­ons­par­tei ge­ur­teilt: „Die stel­len sich gegen die­sen Staat. Da kön­nen sie tau­send Mal sagen, sie sind De­mo­kra­ten. Das haben Sie am Diens­tag im Bun­des­tag mit­er­le­ben kön­nen mit dem Fron­tal­an­griff auf den Bun­des­prä­si­den­ten.“ Die­ses Ver­hal­ten sei „hoch­ge­fähr­lich“ und „staats­zer­set­zend“. Die Vor­ge­schich­te: Ein AfD-Ab­ge­ord­ne­ter hatte kurz zuvor Frank-Wal­ter Stein­mei­er im Ple­num einer Ver­let­zung der Neu­tra­li­täts­pflicht be­zich­tigt (NJW-ak­tu­ell H. 7/2020, 6).

See­ho­fers Staats­se­kre­tär Gün­ter Krings hielt da­ge­gen: Als Re­gie­rungs­mit­glied un­ter­lie­ge der Res­sort­chef kei­ner stren­gen Pflicht zur Un­par­tei­lich­keit, wenn nicht ge­ra­de ein Wahl­kampf statt­fin­de – zumal wenn er das Staats­ober­haupt ver­tei­di­ge. Im Üb­ri­gen sei die AfD gar nicht in ei­ge­nen Rech­ten ver­letzt, weil der In­nen­mi­nis­ter sich viel­mehr zu deren Frak­ti­on ge­äu­ßert habe. Nach der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Ers­ten Senat im Fe­bru­ar ti­tel­te ta­ges­schau.de den­noch: „See­ho­fer muss mit Nie­der­la­ge rech­nen.“ Denn die höchs­ten Rich­ter hät­ten schon vor zwei Jah­ren ent­schie­den, dass die frü­he­re Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin Jo­han­na Wanka (CDU) die Chan­cen­gleich­heit im po­li­ti­schen Wett­be­werb ver­letzt habe, als sie auf der In­ter­net­sei­te ihres Res­sorts eine Pres­se­mit­tei­lung mit der Über­schrift „Rote Karte für die AfD“ ver­öf­fent­li­chen ließ.

Kos­ten­lo­se Salbe. Über Gra­tis­pro­ben von Arz­nei­mit­teln will der EuGH am 10.6. auf eine Vor­la­ge des BGH hin be­fin­den. Der Arz­nei­her­stel­ler Ra­tio­ph­arm hatte sein Schmerz­gel Dicl­ofen­ac nach Be­schwer­den über Ge­ruch und Kon­sis­tenz über­ar­bei­tet und in Ver­pa­ckun­gen mit dem Auf­druck „zu De­mons­tra­ti­ons­zwe­cken“ kos­ten­los an deut­sche Apo­the­ker ver­teilt. Der Kon­kur­rent No­var­tis sah durch die Wer­be­ak­ti­on sein ei­ge­nes Prä­pa­rat na­mens Vol­ta­ren be­nach­tei­ligt und er­wirk­te vor dem LG und OLG Ham­burg ein Ver­bot: Die Au­ßen­dienst­mit­ar­bei­ter hät­ten vor sie­ben Jah­ren gegen § 47 III AMG ver­sto­ßen, der keine Ab­ga­be von Mus­tern eines Fer­tig­arz­nei­mit­tels an Apo­the­ken ge­stat­te (son­dern nur an Heil­kund­ler und deren Aus­bil­dungs­stät­ten), sowie gegen § 7 I HWG, wo­nach dies eine un­zu­läs­si­ge Ge­wäh­rung von Wer­be­ga­ben sei.

Die Karls­ru­her Re­vi­si­ons­rich­ter arg­wöh­nen je­doch in der kon­kre­ten Kon­stel­la­ti­on einen Ver­stoß gegen die EU-Grund­rech­te der Pro­du­zen­ten und Phar­ma­zeu­ten, weil hier keine Ge­fahr einer un­ge­öff­ne­ten Wei­ter­ga­be an End­ver­brau­cher be­stan­den habe. Vor die­sem Hin­ter­grund bit­ten sie die Lu­xem­bur­ger Kol­le­gen um eine Aus­le­gung der Richt­li­nie über Hu­man­arz­nei­mit­tel (2001/83). Ge­ne­ral­an­walt Gio­van­ni Pitruz­zel­la kam hin­ge­gen in sei­nen Schluss­an­trä­gen zu dem Be­fund, der Fall sei „völ­lig klar“ – das Ver­bot sei in vol­lem Um­fang zum Schutz der öf­fent­li­chen Ge­sund­heit ge­recht­fer­tigt: „Ge­ra­de weil es sich eben nicht um ge­wöhn­li­che Waren wie Obst und Ge­mü­se han­delt, ist es zudem wich­tig, Ärzte und Apo­the­ker vor einem zu star­ken wirt­schaft­li­chen Ein­fluss zu schüt­zen, der ihre Ob­jek­ti­vi­tät ge­fähr­den könn­te, die von ihnen bei der Er­fül­lung ihrer Pflich­ten im Be­reich der Be­hand­lung und Be­ra­tung ver­langt wird.“

Kirch­li­cher Fei­er­tag. In ei­ni­gen Bun­des­län­dern blei­ben am 11.6. die meis­ten Bü­ro­tü­ren ge­schlos­sen: Ka­tho­li­ken fei­ern Fron­leich­nam. Dies be­trifft Baden-Würt­tem­berg, Bay­ern, Hes­sen, Nord­rhein-West­fa­len, Rhein­land-Pfalz, das Saar­land sowie ei­ni­ge Ge­mein­den in Sach­sen und Thü­rin­gen. Der Name be­deu­tet üb­ri­gens „Leib des Herrn“; ge­fei­ert wird das Sa­kra­ment der Eu­cha­ris­tie.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.