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Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) aus dem Jahr 2021 spült jetzt immer neue Auslegungsfragen an den BGH. Diesmal gilt es zu klären: Müssen sich jene Eigentümer an den Kosten eines Prozesses gegen die Gemeinschaft beteiligen, den sie gewonnen haben? Außerdem geht es in Karlsruhe um „Kauf- und Dienstleistungsverträge“ über Teakbäume in Costa Rica. Und das BAG will vom EuGH wissen: Ist bei Gründung einer Holding-SE durch Gesellschaften, die weder selbst noch über Tochterfirmen Arbeitnehmer beschäftigen, ein Verhandlungsverfahren zur Beteiligung der Belegschaft nachzuholen, wenn jemand eingestellt wird?

9. Mai 2024

Prozesskosten für Gewinner. Wenn der BGH einen ­seiner zahlreichen Fälle für eine größere Öffentlichkeit für interessant hält, verbreitet er vorab eine ausführliche Ankündigung auf seiner Webseite und per ­E-Mail. Selten aber kommt es vor, dass er zusätzlich darauf hinweist, dass es sich dabei um „praxisrelevante“ Fragen handelt. So jedoch bei einer Verhandlung, die er für den 17.5. angesetzt hat. Hintergrund sind die zahlreichen Auslegungsfragen, die die Re­form des WEG vor dreieinhalb Jahren aufgeworfen hat und die nun reihenweise in der obersten Zivilinstanz aufschlagen. Zu klären gilt diesmal, ob ein erfolgreicher Anfechtungskläger an den Prozesskosten der unterlegenen Eigentümergemeinschaft beteiligt werden darf. Was auf den ersten Blick etwas abstrus erscheint, war nach § 16 VIII WEG aF auch tatsächlich ausgeschlossen. Doch jetzt muss der V. Zivilsenat in Karlsruhe ­prüfen: Gehören derartige Ausgaben nunmehr gemäß § 16 II 1 WEG nF zu den auf alle Immobilieneigner ­umzulegenden Verwaltungskosten? Oder widerspricht es zumindest ordnungsmäßiger Verwaltung, beim Prozessgewinner ebenfalls zu kassieren?

Der konkrete Rechtsstreit: Die drei Klägerinnen sind Mitglieder einer Gemeinschaft von Wohnungseigen­tümern; ihnen gehört jeweils eine der insgesamt acht Behausungen. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die Verwaltungskosten zu gleichen Teilen auf alle Wohnungseigentumseinheiten umgelegt werden. Das Trio focht beim AG Rostock in einem Vorprozess einen Beschluss der anderen Eigentümer an. Die Richter in der Hansestadt gaben dieser Klage statt und verurteilten die gesamte Eignerschar dazu, dessen Aus­gaben zu tragen. Daraufhin beschloss diese, selbige durch eine für alle geltende Sonderumlage zu finan­zieren – je Einheit knapp 800 Euro. Dagegen wandten sich die streitbaren Damen in einem neuen Verfahren, hatten damit jedoch vor dem AG Rostock keinen Erfolg. Anders dann beim dortigen LG: Nach dessen Ansicht widerspricht die Erhebung der Extrazahlungen gleich doppelt ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Eignerverband wendet in der Revision dagegen ein, aus der Gemeinschaftsordnung ergebe sich keine besondere Regelung für Prozesskosten. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 16 II 1 WEG seien die Aufwendungen für den Vorprozess Teil der Verwaltungskosten und mithin ausnahmslos auf jedermann umzulegen.


Edles Holz. Besonders spannend wird es am 15.5. für Fans des IPR: Dann behandelt der VIII. BGH-Zivilsenat „Kauf- und Dienstleistungsverträge“ über Teakbäume in Costa Rica, die ein in Deutschland lebender Privatier mit einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen über dessen Homepage (also mit einem „Fernkommunikationsmittel“) abgeschlossen hat – und das ohne Widerrufsbelehrung. Das Unternehmen versprach, er könne nach einigen Jahren durch dessen Holzverkauf eine Rendite erzielen („Teakinvestment – Das natür­liche Kraftpaket für ihr Portfolio“). Zusätzlich offerierte es seinen Kunden, die erworbenen Gewächse selbst zu bewirtschaften, zu verwalten, zu schlagen, auszuforsten, zu ernten und zu veräußern. Die zusammen 1.400 Pflanzen kosteten den Erwerber über 80.000 Euro. Laut AGB galt Schweizer Recht und war das Alpenland einziger Gerichtsstand. Sieben Jahre später wollte  der Mann sein Geld zurückhaben. LG und OLG Köln jonglierten mit CISG, LugÜ II, der Rom I-VO sowie dem EGBGB und gaben ihm ganz überwiegend Recht. Klären müssen die Karlsruher Richter dabei auch die ­weiterreichende Frage, ob ein solcher Deal eine Finanzdienstleistung gemäß Art. 229 § 32 IV 1 EGBGB ist, deren Definition der deutsche Gesetzgeber aus Art. 2 Buchst. b der EU-Finanzdienstleistungs-Fern­absatz-Richtlinie hergeleitet hat.

Auf Vorrat. Der EuGH soll am 16.5. erneut das deutsche Arbeitsrecht vorprägen. Das BAG fragt: Ist bei Gründung und Eintragung einer Holding-SE durch Gesellschaften, die weder selbst noch über Tochterfirmen Arbeitnehmer beschäftigen, ein Verhandlungsverfahren zur Beteiligung der Belegschaft nachzuholen, wenn jemand eingestellt wird?

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.