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Werden Renten teilweise doppelt besteuert? Der Bundesfinanzhof wittert einen Verfassungsverstoß und verhandelt über eine Vorlage an die Karlsruher Hüter des Grundgesetzes. Und der Bundesgerichtshof urteilt über eine Bestpreis-Garantie für Hotelzimmer, die das Bundeskartellamt verboten hat.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 12. Mai 2021.

Doppelter Zugriff? Die Tagespresse ist schon ganz aufgeregt, und der BFH hat ein Akkreditierungsverfahren für Medienvertreter eingeleitet: Am 19.5. wollen die Bundesrichter über eine etwaige Doppelbesteuerung von Altersrenten verhandeln. Doch gleich vorweg ein dreifacher Spoiler: Das Urteil soll erst zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden; die von vielen Be­obachtern vermutete Verfassungswidrigkeit könnte ohnehin erst anschließend das BVerfG feststellen – und der Vize-Vorsitzende des X. Senats Egmont Kulosa hat bereits vor zwei Jahren in einem Fachbeitrag keinen Zweifel daran gelassen, dass zumindest er einen Verstoß gegen das Grundgesetz für „evident“ hält.

Wobei das Dilemma pikanterweise auf eine Vorgabe aus Karlsruhe zurückgeht: Die Verfassungsrichter hatten 2002 einen Systemwechsel zur „nachgelagerten Besteuerung“ von Alterseinkünften angeordnet, weil die bis dahin unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und gesetzlichen Renten gegen das Gleichheitsgebot verstieß. Denn die Versorgungsbezüge von Staatsdienern im Ruhestand gehörten bis auf einen überschaubaren Freibetrag zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurden hingegen nur mit den Ertragsanteilen besteuert – unabhängig davon, in welchem Umfang dem Rentenbezug Beitragsleistungen der Versicherten aus versteuertem Einkommen vorangegangen waren. Der Gesetzgeber ist daraufhin aktiv geworden, freilich mit langen und gestaffelten Übergangsfristen. Und genau darin liegt das Problem: Nach Ansicht von Kritikern wie Richter Kulosa bedarf es „keiner komplizierten mathematischen Übungen, um bei Angehörigen der heute mittleren Generation, die um das Jahr 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, eine Zweifachbesteuerung nachzuweisen“. Denn sie müssten dann ihre Rentenbezüge in vollem Umfang versteuern, könnten ihre Beiträge aber nur 15 Jahre lang (von 2025 bis 2039, und auch dann nur bis zu einem Höchstbetrag) ohne prozentuale Beschränkung abziehen, schrieb er im EStG-­Kommentar von Herrmann/Heuer/Raupach.

Zwei Fälle sind es, die sich die obersten Steuerrichter nun vorknöpfen. Der eine betrifft ein gemeinsam veranlagtes Ehepaar. Der Mann war einst als Freiberufler Pflichtmitglied eines berufsständischen Versorgungswerks, zudem zahlte er weiter freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse ein. In dem bereits länger zurückliegenden Streitjahr 2009 bezog er dann eine Altersrente sowie Zusatzleistungen aus der dortigen Höherversicherung, ferner zahlreiche „Rürup-Renten“ und solche aus privaten Kapitalanlageprodukten – ein Fest für ­forensische Finanzmathematiker. Trotz allem fand das FG Hessen, der Fiskus habe ihn nicht übermäßig ausgenommen. Das andere Verfahren dreht sich um einen Ehemann mit ähnlicher Erwerbsbiographie. Hier hat das FG Baden-Württemberg die Klage sogar schon zweimal abgeschmettert, denn der BFH hatte zwischen­zeitlich weitere Feststellungen verlangt.

Günstige Hotelzimmer. Das Bundeskartellamt legt sich am 18.5. vor dem BGH wieder einmal mit dem OLG Düsseldorf an: Die Behörde hat dem Hotelbuchungsportal booking.com seine Bestpreisklausel verboten. Die besagt seit dem Jahr 2015, dass Herbergen ihre Zimmer auf den eigenen Internetseiten nicht zu niedrigeren Preisen oder besseren Konditionen anbieten dürfen. Doch können die Zimmer auf anderen Online-Portalen oder – sofern dafür nicht im Internet geworben wird – auch offline günstiger angeboten werden. Die rheinischen Oberlandesrichter sahen dies hingegen als notwendige Nebenabreden der Vermittlungsverträge mit den Hotel­unternehmen, die vom Kartellverbot (Art. 101 I AEUV und § 1 GWB) nicht erfasst würden. Nur so lasse sich ein illoyales Verhalten der Unterkunftsanbieter verhindern, indem Kunden, die auf booking.com ein Zimmer gefunden hätten, durch günstigere Angebote zu einer Direktbuchung auf den Internetseiten des Hotels veranlasst würden, um die Vermittlungsprovision zu umgehen. Übrigens handelt es sich dabei bloß um eine „weiche“ Bestpreisklausel: Eine „harte“ Variante hatten die Bonner Wettbewerbswächter schon früher unterbunden.