Richterernennungen. Auch wenn es soeben in Polen einen grundlegenden Regierungswechsel gegeben hat – weiterhin beschäftigen den EuGH Vorlagen, die dem Land rechtsstaatliche Defizite vorwerfen. Am 9.1. urteilt er über zwei Fragenkataloge, die ihm die Bezirksgerichte in Katowice und Krakau geschickt haben. Beide Mal geht es um Verbraucherkreditverträge, und die jeweiligen Spruchkörper meinen mit ähnlichen Argumenten, dass sie nicht korrekt besetzt seien. So gehört Ersterem eine Richterin an, bei deren Ernennung gegen Bestimmungen über die Beteiligung der richterlichen Selbstverwaltung verstoßen worden sei. Das Gericht fragt daher, ob es dennoch als ein solches im Sinne des Unionsrechts anzusehen sei. Außerdem möchte es wissen, ob die ausschließliche Zuständigkeit der „Kammer für außerordentliche Überprüfung“ am Obersten Gericht in Warschau, die Rechtmäßigkeit einer Richterernennung zu überprüfen, mit EU-Recht vereinbar ist – und ob es gegebenenfalls selbst die betreffende Kollegin vom Verfahren ausschließen kann.
Generalanwalt Anthony Michael Collins hat dazu schon im Dezember 2022 Stellung bezogen. Eine Kernaussage: Das Erfordernis ihrer vorherigen Errichtung durch Gesetz gelte unterschiedslos für alle Gerichte der Mitgliedstaaten – unabhängig davon, auf welcher Ebene sie Recht sprechen. Aber: In seinem abschließenden Votum sieht er nicht genügend Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Anforderungen des Unionsrechts. Zwar sei die Rolle der Richterversammlungen bei Ernennungen ab 2018 zurückgedrängt und jene des mehrheitlich von Mitgliedern der Legislative gewählten Landesjustizrats (Krajowa Rada Sądownictwa – KRS) gestärkt worden. Doch entspreche dies der polnischen Verfassung. Auch dass der Justizminister die Hälfte der Mitglieder eines Gerichtskollegiums auswähle, verletzt Collins’ Einschätzung zufolge nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht automatisch die europäischen Vorgaben aus Art. 19 I Unterabs. 2 EUV iVm Art. 47 GRCh. Und wenngleich die Zuständigkeit besagter Kammer am Obersten Gericht „weitreichend und rechtswidrig“ eingeschränkt worden sei, hätten die beiden Bezirksgerichte „keine konkreten Anhaltspunkte systemischer oder individueller Art“ dafür vorgetragen, dass insoweit berechtigte und ernsthafte Zweifel an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der solcherart berufenen Richter bestünden.
Energieeffizienz. Hausfrauen und -männer wissen die Erfindung zu schätzen, die der britische Technologiekonzern Dyson im Jahr 1983 gemacht hat: den beutellosen Staubsauger. Die sogenannte Zyklontechnik wird längst auch von anderen Herstellern vermarktet. Am 11.1. entscheidet der EuGH über eine Schadensersatzforderung von Dyson über 176 Millionen Euro gegen die Kommission in Brüssel, die 2013 Modalitäten für die Energieverbrauchskennzeichnung von lufthungrigen Putzmaschinen festgelegt hatte. Das EuG verwarf – nach einem Umweg über den EuGH – fünf Jahre später die in der delegierten Verordnung festgelegte Testmethode mit leerem Behälter als unrealistisch, lehnte jedoch in einer späteren Runde einen finanziellen Ausgleich ab. Generalanwältin Tamara Ćapeta hält Dysons Rechtsmittel hiergegen für berechtigt: Weder Auslegungsschwierigkeiten noch die Komplexität des Sachverhalts könnten die Entscheidung der EU-Behörde für die gewählte Prüfmethode entschuldigen.
Pharmazeuten. Ein niedergelassener Apotheker stört sich an einem Konkurrenten, der anderenorts ebenfalls ein Ladengeschäft betreibt, aber außerdem im Internet Medikamente vertreibt – sowohl unter einer gleichnamigen Domain wie auch auf der Plattform „Amazon-Marketplace“. Dabei verarbeite er unzulässig Gesundheitsdaten, und das sei unlauterer Wettbewerb, lautet der Vorwurf. Der BGH hat den EuGH um Auskunft gebeten, ob die DS-GVO überhaupt eine solche Klage zulässt. Und ob es sich bei zwar apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Präparaten überhaupt um Gesundheitsdaten handelt. Der Gerichtshof verhandelt den Fall am 9.1. unter dem Namen „Lindenapotheke“.