Diesel und Deliktsrecht. Die Berichtswoche wartet gleich am Montag mit einem wichtigen Termin auf: Am 8.5. verhandelt der BGH mehrere Diesel-Fälle und will dabei auch die Folgerungen aus der Entscheidung des EuGH vom 21.3. dieses Jahres (NJW 2023, 1111) erörtern. Dieser sah entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH in den europäischen Regelungen zur Typgenehmigung einen Schutz der „Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller“. Mehr noch: Luxemburg entnahm in seinem Urteil dem Europarecht sogar einen Anspruch auf Schadensersatz des Käufers eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs gegen den Hersteller. Damit greift der EuGH tief in die deliktsrechtliche Autonomie der Mitgliedstaaten ein und postuliert selbst eine europarechtliche Schadensersatzhaftung. Die systemkonforme Umsetzung der Luxemburger Vorgaben in das deutsche Haftungsrecht durch den BGH hat damit weitreichende Auswirkungen über die Diesel-Fälle hin hinaus (s. hierzu auch Gsell/Mehring, NJW 2023, 1099).
Zahlung von „Negativzinsen“. Am 9.5. verhandelt der unter anderem für das Bank- und Kapitalmarktrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH über die Pflicht zur Zahlung von „Negativzinsen“ aus einem Schuldscheindarlehen. Gegenstand des Verfahrens ist eine Zinsgleitklausel in einem sogenannten Schuldscheindarlehen, die keine Untergrenze vorsah. Die Parteien streiten darüber, ob die Klausel ab dem Zeitpunkt, ab dem sich unter ihrer Anwendung ein negativer Zinsbetrag ergibt, zur Zahlung von „Negativzinsen“ verpflichtet. Das LG hat dies bejaht, das OLG hingegen verneint.
Auskünfte des Betriebsrats. Ebenfalls am 9.5. verhandelt beim BAG der 1. Senat über den Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats hinsichtlich Anzahl und Namen der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Beschäftigten. Dabei geht es neben dem bei einem solchen Begehren notwendigen Aufgabenbezug (§ 80 II 1 BetrVG) auch um die erforderliche Gewährleistung, sensitive Daten im Sinne des Art. 9 I DS-GVO ausreichend zu schützen (zu den datenschutzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen in solchen Fällen s. BAG, NZA 2019, 1055 = NJW 2019, 2565 – Ls.). Das LAG hatte den Auskunftsanspruch des Betriebsrats bejaht, weil das Gremium sowohl einen Aufgabenbezug und ein Datenschutzkonzept dargelegt habe. Hiergegen hatte die Arbeitgeberin Rechtsbeschwerde eingelegt.
Betriebsschließungen wegen Corona. Das BVerwG verhandelt am 11.5. mehrere Verfahren zur Schließung von Restaurants, Fitnessstudios und Sportanlagen durch Corona-Verordnungen der Länder. Verfahrensgegenstand sind Normenkontrollanträge von Betreibern solcher Betriebe, die sich gegen Vorschriften in saarländischen und sächsischen Landesverordnungen zur Pandemiebekämpfung richten. Das OVG Saarlouis hatte die Unwirksamkeit der angegriffenen Vorschriften festgestellt. Es sah in dem angeordneten Betriebsverbot einen so erheblichen Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit, dass die Normenkontrollanträge auch noch nach dem Außerkraftteten der Regelungen zulässig seien. Die Richter hielten sie zudem für begründet, weil keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorgelegen habe. Die damals geltenden Verordnungsermächtigungen im IfSG hätten im maßgeblichen Zeitraum nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes und des Bestimmtheitsgebots genügt. Anders fiel die Entscheidung des OVG Bautzen in dem sächsischen Verfahren aus. Es erkannte keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit. Es sei eine von sachlichen Erwägungen getragene Entscheidung gewesen, einzelne Lebens- und Wirtschaftsbereiche herunterzufahren, um andere Bereiche, denen nachvollziehbar größeres Gewicht beigemessen worden sei, am Laufen zu halten.
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