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Die Termine der 18. Kalenderwoche
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Überstunden können Geld bringen – aber nur, wenn der Arbeitgeber mitspielt. Wann der zahlen muss, untersucht das Bundesarbeitsgericht. Ob sich Soldaten gegen Corona impfen lassen müssen, klärt das Bundesverwaltungsgericht. Und der Bundesgerichtshof wollte sich in einem der zahlreichen Diesel-Fälle mit der „Aufheizstrategie“ für einen Audi-Motor befassen, der in ein VW-Fahrzeug eingebaut war.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 28. Apr 2022.

Bezahlte Mehrarbeit. Mit Überstunden möchten manche Arbeitnehmer gerne ihr Salär aufbessern – klar, dass die Unternehmen diese nur bezahlen wollen, wenn sie die Mehrarbeit angeordnet, genehmigt oder zumindest gebilligt haben. Doch wer die Beweislast für die Ableistung der Fron trägt, ist nicht mehr sicher. Denn der EuGH hat von den Mitgliedstaaten verlangt, Arbeitgeber auf ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ zur Arbeitszeiterfassung zu verpflichten (NJW 2019, 1861). Das BAG will deshalb am 4.5. seine bisherige Rechtsprechung zu dem Thema überprüfen, nach der sie beim Mitarbeiter läge. Auf einen Nachschlag von über 5.000 Euro klagt dort ein früherer Auslieferungsfahrer, der nach der von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung 348 nicht abgegoltene Überstunden errechnet hat. Was das Einzelhandelsunternehmen rundum bestreitet: Anfangs- und Endzeiten habe er zwar einmal täglich registriert, dazwischen aber zahlreiche Pausen eingelegt (die in der elektronischen Stempeluhr gar nicht hätten eingetragen werden können). Deren Abhaltung sei zudem angeordnet gewesen. Ohne die wäre er auch nicht ausgekommen, weil er ein „starker Raucher“ sei. Wogegen der Mann geltend macht, beim Ein- und Ausladen sowie dem Transport von Lebensmitteln und Getränkekisten hätte er überhaupt keine Gelegenheit für Auszeiten gehabt.
Das ArbG Emden befand, die Darlegungs- und Beweislast in einem Überstundenprozess liege seit jenem EuGH-Urteil beim Arbeitgeber, wenn er nur die „Kommt- und Geht-Zeit“ dokumentieren lasse: Die Nichterfassung durch ihn stelle eine Beweisvereitelung dar. Das sah das LAG Niedersachsen freilich deutlich anders: Den Europarichtern habe nämlich die Kompetenz gefehlt, zu Fragen der Vergütung Stellung zu beziehen. Schließlich laute Art. 153 V AEUV, der die Zuständigkeiten der Union benennt, wörtlich: „Dieser Artikel gilt nicht für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das Aussperrungsrecht.“

Zwangs-Piks. Eine Impfpflicht gegen Corona hat der Bundestag beispielsweise für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen eingeführt. Für alle aktiven Soldatinnen und Soldaten sehen dies seit vergangenem ­November die allgemeinen Regelungen (AR) A1-840/8-4000 zur Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A 840/8 „Impf- und weitere Prophylaxemaßnahmen“ vor. Diese gesetzliche Duldungspflicht wollen zwei Offiziere am 2.5. vor einem Wehrdienstsenat des BVerwG zu Fall bringen. Eines der Argumente: Die Verwendung der neuartigen mRNA-Impfstoffe stelle keine Impfung im herkömmlichen Sinne dar, sondern die Verabreichung einer genbasierten, experimentellen Substanz. Das Verteidigungsministerium kontert, die Vakzine-Vergabe diene der Verhütung einer übertragbaren Krankheit, auch wenn sie keinen vollständigen Schutz biete. Es genüge, dass sie erwiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung und die Gefahr schwerer Verläufe reduziere. Mit der Spritze seien auch „keine überproportional hohen Impfrisiken“ verbunden.

Aufwärmstrategie. Diesmal sollte es vor dem BGH nicht wie sonst meist um einen von VW, sondern von dessen Konzerntochter Audi hergestellten Dieselmotor gehen. Den hatte wiederum die Volkswagen AG in einen von ihr produzierten Touareg V6 TDI Bluemotion Technology 3.0 TDI eingebaut. Gegen die zog der Käufer ­eines solchen Pkw zu Felde, nachdem das Kraftfahrzeugbundesamt den Antrieb der Baureihe EA 897 wegen seiner Abschalteinrichtung – euphemistisch „Aufwärm-“ bzw. „Aufheizstrategie“ genannt – zurückgerufen hatte. Das OLG Oldenburg gab ihm weitgehend recht: Es liege ein eigenes vorsätzliches Handeln der Wolfsburger Autobauer vor. Denn die „grundlegende strategische Entscheidung zur Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software“ sei zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen sowie jahrelang umgesetzt worden. VW beruft sich dagegen auf das konzerninterne „Trennungsprinzip“. Außerdem sei dem Erwerber eines Geländewagens sowieso nicht abzunehmen, dass ihm beim Kauf das Emissionsverhalten wichtig gewesen sei. Kurzfristig hat der VII. Zivilsenat den Termin nun aber wieder aufgehoben: Der Rechtsstreit sei in der Hauptsache weitgehend für erledigt erklärt worden. Wobei man in solchen Fällen nie wissen kann, ob da jemand „klaglos“ gestellt wird, um eine Grundsatzentscheidung zu verhindern.