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Die Termine der 16. Kalenderwoche
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Wie sind Ruhestandspolster zu besteuern? Und was ist eine „verbösernde Änderung“? Damit befasst sich der BFH in der kommenden Woche. Das BVerwG wird in mehreren Verfahren prüfen, ob die BaFin zu viel kontrolliert hat – im Fall Wirecard wird ihr ja eher das Gegenteil vorgehalten.

15. Apr 2021

Steuertarif. „Außerordentliche Einkünfte“ klingen nach einem unverhofften Geldsegen, meinen im Steuerrecht aber etwas anderes – eine frohe Botschaft für deren Empfänger enthalten sie dennoch. Denn bei ihnen greift der Fiskus nicht ganz so heftig zu wie sonst bei hohen Beträgen. Um die geht es nämlich in § 34 EStG: „Tarifbegünstigt“ werden demnach Einkünfte, die über längere Zeit hinweg erwirtschaftet, aber dann auf einen Schlag ausgezahlt werden – etwa Abfindungen bei der Auflösung eines Arbeitsvertrags oder der Gewinn beim Verkauf einer eigenen Firma. Inwieweit dies auch im Zusammenhang mit einer betrieblichen Altersversorgung gilt, will der BFH am 23.4. klären. Der erhoffte Bonus des klagenden Ehepaars: Die betreffende Auszahlung müsste vom Finanzamt rechnerisch auf fünf Jahre verteilt werden, was ihre Steuerprogression senken würde.

Das FG München hat den beiden in der Vorinstanz recht gegeben. Im Streit stehen fast 150.000 Euro aus dem Versorgungswerk des früheren Arbeitgebers der Frau, in das sie regelmäßig per Gehaltsumwandlung eingezahlt hatte. Bei ihrem Ausscheiden bekam sie eine Abfindung, von der sie ebenfalls 120.000 Euro auf ihr dortiges „Aufbaukonto“ überwies. Als sie zwei Jahre später ihr Versorgungsguthaben abhob, verweigerte ihr die Finanzverwaltung die begehrte Fünftelregelung. Zur Begründung verwies die Behörde auf eine Klausel in der Betriebsvereinbarung des Konzerns, derzufolge die Auszahlungen seines Versorgungswerks auf besonderen Wunsch eines Mitarbeiters auch in Raten oder als Rente erfolgen könnten: Somit handele es sich um „sonstige Einkünfte“ (§ 22 Nr. 5 EStG), bei denen die Vergünstigung ausgeschlossen sei. Nach dem Einspruch der Eheleute setzte sie mit einer „verbösernden Änderung“ des Einkommensteuerbescheids ihre Forderung sogar noch etwas herauf.

Da spielten die erstinstanzlichen Richter nicht mit. In Wirklichkeit handele es sich nämlich um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 I 1 Nr. 2 EStG): Gewähre ein Arbeitgeber per Direktzusage (§ 1 I 2 1. Alt. BetrAVG) eine Altersversorgung, fließe den Beschäftigten erst mit der Auszahlung ein geldwerter Vorteil zu. Doch sollen die Bundesrichter klären, ob eine teilweise Umwandlung eines Entschädigungsanspruchs wegen eines Arbeitsplatzverlusts zugunsten der betrieblichen Altersversorgung eine Teilauszahlung darstellt, die die Tarifermäßigung ausschließt. Zumal wenn von zwei Versorgungskonten nur eines in Anspruch genommen wird.

Versicherungsaufsicht. Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weht derzeit der Wind ins Gesicht – bekanntlich hat ihr der Zusammenbruch des mutmaßlichen Schwindelunternehmens Wirecard den Vorwurf mangelnder Kontrolltätigkeit eingebrockt. Nun muss sich die Behörde unter neuer Leitung ausgerechnet gegen die entgegengesetzte Kritik wehren: In 20 Parallelverfahren wehren sich am 21.3. vor dem BVerwG Versicherungsunternehmen aus Österreich gegen deren Anordnung, regelmäßig über etwaige Beschwerden von Kunden über ihr Geschäft in Deutschland zu berichten. Hintergrund sind Leitlinien der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA). Zu deren Umsetzung erließ die BaFin eine „Sammelverfügung“, die die Assekuranzbranche in der Alpenrepublik zu jährlichen Meldungen verpflichtet. Das VG Frankfurt a. M. und der VGH Kassel befanden hingegen, dies könne nicht auf das deutsche Versicherungsaufsichtsgesetz gestützt werden; dessen Regelungen seien mit Rücksicht auf entgegenstehende Vorschriften des Europarechts einschränkend auszulegen. Das Hindernis sahen die Vorinstanzen in der Richtlinie 2009/138/EG „betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit“ namens Solvabilität II (besser bekannt als Solvency II) von 2009, die bis zu deren Umsetzung sieben Jahre später auch bei den Anbietern hierzulande für einige Unruhe gesorgt hatte. Deren Kern: Brüssel wollte die Vorgaben für das Eigenkapital stärker auf die konkrete Risikolage der einzelnen Gesellschaften ausrichten, um sie krisenfester zu machen. •

Prof. Dr. Joachim Jahn  ist Mitglied der NJW-Schriftleitung .