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Rechtsanwälte können sich in der Regel von Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung befreien lassen. Die Ausnahmen will das Bundessozialgericht anhand der komplizierten Erwerbsbiografie eines Juristen klären. Und am Europäischen Gerichtshof geht es (wieder einmal) um die Bezahlung von Bereitschaftszeiten. Diesmal klagt ein Feuerwehrmann aus Offenbach a. M.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 4. Mrz 2021.

Kettenbefreiung. Wie lange ein Rechtsanwalt von Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung befreit bleiben kann, wenn er längst einen damit unvereinbaren Beruf ausübt, soll das BSG am 11.3. klären. Geklagt hat ein Jurist mit wechselhafter Biografie: Zunächst angestellt in einer Anwaltskanzlei, wurde er 1999 Mitglied der Berliner Anwaltskammer und Pflichtmitglied im berufsständischen Versorgungswerk, weshalb ihn die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung) wunschgemäß von der Einzahlungspflicht befreite. Neun Jahre später gab er den Job auf und war fast ein Jahr lang ­arbeitslos, blieb aber Mitglied in Kammer und Versorgungswerk. Dann heuerte er mehrfach – jeweils befristet auf bis zu zwei Jahre – als Arbeitsvermittler bei der Bundesagentur für Arbeit bzw. einem kommunalen Jobcenter an, hatte danach wieder ein Jahr lang keine Anstellung und wurde schließlich 2015 befristet Sachbearbeiter für Grundsicherung bei einem Landkreis. Nun streikte der Rentenversicherer und lehnte die zuvor immer wieder ausgesprochenen Verlängerungen der Befreiung ab: Der Mann sei berufsfremd beschäftigt und habe unmittelbar zuvor keine berufsspezifische Tätigkeit ausgeübt. Entfallen seien damit die Voraussetzungen des § 6 V 2 SGB VI. Danach kann sich die Entbindung von der Beitragspflicht auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit erstrecken, „wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet“.

Das sahen das SG Darmstadt und das LSG Hessen freilich anders: Dem Wortlaut der Bestimmung sei gerade nicht zu entnehmen, dass die der Befreiung zugrunde liegende Beschäftigung neben der neuen – berufsfremden – Tätigkeit fortbestehen oder unmittelbar darauf folgen müsse. Erforderlich seien lediglich fortbestehende Pflichtmitgliedschaften in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer. Und dies sei bei dem Kläger der Fall, weil § 47 BRAO Anwälten, die vorübergehend im öffentlichen Dienst angestellt sind, (nur) die Ausübung ihres Berufs verbiete. § 6 V 2 SGB VI solle Freiberuflern während einer Unterbrechung des Hauptberufs die Möglichkeit eröffnen, eine Lücke in der Erwerbsbiografie zu schließen und dabei in ihrem berufsständischen Versorgungssystem versichert zu bleiben. Wohlwollend stellen Hessens oberste Sozialrichter zudem fest, seit 1.4.2017 sei der Kläger in der gesetzlichen Renten­versicherung pflichtversichert: „Er hat sich nunmehr von seinem ursprünglichen Hauptberuf ‚Rechtsanwalt‘ losgelöst und endgültig einem neuen (unbefristeten) Tätigkeitsfeld als Jobvermittler zugewandt.“ Durch ­diesen Wechsel des Alterssicherungssystems bestehe keine Missbrauchsgefahr.

Thermofenster. Und ewig grüßt das Murmeltier: Am 9.3. wollte der VI. Zivilsenat des BGH über die Schadensersatzforderung ­eines Autokäufers gegen einen Hersteller wegen des umstrittenen Thermofensters verhandeln; dabei wird die Abgasreinigung automatisch abgeschaltet, wenn es draußen zu kalt oder zu heiß ist. Diesmal ging es um einen Mercedes-Benz GLK 220 CDI. Das OLG Koblenz hat in der Vorinstanz offengelassen, ob die Vorrichtung – anders als die illegale Irreführung bei Prüfstandtests – überhaupt unzulässig sei. Somit habe der Fahrzeugbauer seinen Kunden jedenfalls nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Doch Ende Februar teilten die Karlsruher Richter mit: Der klagende Fahrzeugkäufer habe die Revision zurückgenommen – wie zuletzt in einem ähnlich Rechtsstreit, der für den 23.2. angesetzt war.

Arbeitszeit. Über die Bezahlung von ­Bereitschaftszeiten muss der EuGH am 9.3. wieder einmal ein Urteil sprechen. Das VG Darmstadt hat ihm den Fall eines Feuerwehrmanns aus Offenbach a. M. unterbreitet. Während seiner Rufbereitschaften muss er ständig erreichbar sein und mit dem Einsatzfahrzeug seines Arbeitgebers in Uniform innerhalb von 20 Minuten die Stadtgrenze erreichen können.