Wir Anwältinnen und Anwälte spüren einen massiven Termindruck – Verlegungsanträge wegen Terminkollisionen bei Gerichten häufen sich. Gleichzeitig versucht man auch, den Wünschen der Mandantinnen und Mandanten Rechnung zu tragen. Diese begehren nachvollziehbar eine Beschleunigung, nicht nur in den gerichtlichen Verfahren, sondern auch in der täglichen Beratung. Und die Gerichte sind nicht besser dran: In wirklich eiligen Verfahren wird versucht, vorrangig zu terminieren. Zudem schielt alles nach der Erledigungsstatistik. Man sieht das an den Reaktionen auf Verlegungsanträge: Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung steigen. Eine anwaltliche Versicherung zur Glaubhaftmachung einer Terminkollision genügt nicht mehr. Man möge doch eine Kopie der Ladung des kollidierenden Termins beifügen.
In vielen Dezernaten häufen sich die Akten so sehr an, dass es vermutlich Jahre dauern wird, bis man wieder in alte Fahrwasser wie in Zeiten vor der Pandemie zurückkehren kann – oder, um im Bild zu bleiben, bis diese Welle des Rückstaus abgeebbt ist. Bis dahin müssen sich die Rechtsuchenden in Geduld üben. So sind Anwältinnen und Anwälte dazu aufgerufen, entkrampfend auf ihre oft zu Recht drängelnden Mandanten einzuwirken. Helfen könnten auch offene und ehrliche Worte oder Hinweise von Gerichten, die mit der Situation nicht hinter dem Berg halten. Von „Mauern“ hat niemand etwas, und Transparenz hilft auch hier.
Wirklich helfen könnte letztlich aber nur eine personelle Verstärkung, beginnend in der Justiz, also das Schaffen vieler neuer Stellen. In der Anwaltschaft steht es um manche Bereiche nicht wirklich besser – so etwa für die Fachanwaltschaft für Bau- und Architektenrecht. Der Bauboom der letzten Jahre führt hier zu einer Prozesswelle, die von den Kolleginnen und Kollegen kaum noch bearbeitet werden kann – und auch diese ist in den letzten Monaten deutlich weiter „angeschwollen“. Die Justiz und die Anwaltschaft stehen also vor einer kaum zu bewältigenden Mammutaufgabe.