Agenda
Die Termine der 23. Kalenderwoche
Agenda
Lorem Ipsum
picture alliance / dpa Themendienst

Ein Grundsatzurteil um Nutzungsersatz beim Widerruf von Verbraucherdarlehen will der EuGH fällen. Der BGH entscheidet über die berühmt-berüchtigten „Kohl-Tonbänder“. Und der Bundesrat hat sich in der Pfingstwoche viel vorgenommen. Kurzfristig abgesagt haben die Europarichter in Luxemburg hingegen eine Verhandlung über Rechtsstaatsprobleme in Rumänien.

27. Mai 2020

Wechselseitiger Nutzungsersatz. In der Pfingstwoche zeigen sich die Terminkalender unserer Bundesgerichte wieder etwas ausgedünnt. Am EuGH dagegen befasst man sich am 4.6. mit einer Klage aus Deutschland. Die Vorlage des LG Bonn hat eine Vorgeschichte: In einem früheren Prozess gegen die DSL Bank hatten die rheinischen Richter bei ihren Luxemburger Kollegen im „Fall Romano“ (NJW 2019, 3290) eine Entscheidung herbeigeführt, die das „ewige Widerrufsrecht“ bei Kreditverträgen von Verbrauchern einschränkte – stärker, als der BGH das bis dahin gesehen hatte. Eine hilfsweise gestellte Anfrage war dabei offen geblieben; nun gelangt sie im „Fall Leonhard“ erneut (und diesmal als einzige) zu den Europarichtern. Der Kläger hatte im Jahr 2005 bei der Deutsche-Bank-Tochter ein Darlehen aufgenommen, um damit den Kauf zweier Eigentumswohnungen zu finanzieren. Zehn Jahre später widerrief er die Verträge wegen mutmaßlich fehlerhafter Belehrungen über das Recht dazu und soll nun den Betrag zurückzahlen – nebst Zinsen für den bisherigen Zeitraum, in dem er das Geld genutzt hat. Der Knackpunkt: Der Kunde fordert seinerseits Nutzungsersatz von dem Geldinstitut für seine bislang geleisteten Zinszahlungen, wie es § 346 BGB im Prinzip auch vorsieht. Das aber hält die Bonner Kammer für einen Verstoß gegen die EU- Richtlinie 2002/65 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher.

Ohne Verhandlung. Neue Runde im Streit um die „Kohl- Tonbänder“: Der BGH hat für den 4.6. sein Verdikt dazu angekündigt, ob der Journalist Heribert Schwan der Witwe des Altkanzlers Auskunft über Unterlagen geben muss, die er bei Gesprächen mit Helmut Kohl als Ghostwriter für dessen Memoiren erstellt hat (NJW-aktuell H. 12/2020, 6). Die rund 200 Spulen musste Schwan bereits aufgrund einer Gerichtsentscheidung, die Kohl noch selbst erwirkt hatte, herausrücken. Die beiden hatten sich überworfen, woraufhin der Buchautor eigenmächtig pikante Details aus den Gesprächen mit dem Politiker verbreitet hat. Maike Kohl-Richter will in einem weiteren Verfahren eine Millionen-Entschädigung erstreiten. Eine Besonderheit in Corona-Zeiten: Mit Zustimmung der Parteien gibt es gemäß § 128 II 1 ZPO keine mündliche Verhandlung.

Gesetzgeber tagt. Eine Reihe von Gesetzen dürfte der Bundesrat am 5.6. abschließend auf den Weg bringen. So sollen Verfahren in der Sozialversicherung durch Änderungen im SGB IV sowie 25 weiteren Gesetzen und Verordnungen digitalisiert und effektiver gestaltet werden. „Konversionsbehandlungen“, die die sexuelle Orientierung oder selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person ändern oder unterdrücken sollen, werden verboten. Unter Strafe gestellt wird die Verunglimpfung von Symbolen der EU, ebenso auch beispielsweise das öffentliche Verbrennen der israelischen Flagge auf Demonstrationen. Beauftragt beim Verkauf einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses nur der Veräußerer einen Makler, muss er mindestens die Hälfte der Provision zahlen. In der ersten Runde berät die Länderkammer einen Regierungsentwurf, um Verbraucher vor überhöhten Inkassokosten zu bewahren; dabei sollen Anwälte gänzlich mit gewerblichen Dienstleistern gleichgestellt werden. Nordrhein-Westfalen und Bayern wollen „verkehrsfeindliches Verhalten, insbesondere solches mit Todesfolge“ durch eine Ergänzung von § 315 III Nr. 2 StGB (Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr) strenger ahnden lassen.

(Un-)Abhängige Justiz. Außerdem wollten die Europarichter am 2.6. über den Rechtsstaat in Rumänien verhandeln. In einem Prozess vor dem Obersten Kassations- und Gerichtshof geht es um ein Disziplinarverfahren gegen eine Richterin des Berufungsgerichts Bukarest, in vier Vorlagen des Kreisgerichts von Bihor um Strafverfahren etwa wegen Korruption. Beide Gerichte bitten um Vorabentscheidungen. Denn sie wenden sich gegen Vorgaben des rumänischen Verfassungsgerichts, weil dieses in Wirklichkeit nicht Teil der Judikative sei. Doch kurzfristig hat der Gerichtshof nun den Termin ohne Begründung auf unbestimmte Zeit verschoben (C-357/19, C-547/19, C-379/19, C-811/19 und C-840/19).

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.