Urteilsanalyse
Darlegungs- und Beweislast des Anwalts bei einer Honorarklage
Urteilsanalyse
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Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen den Parteien ein Anwaltsvertrag zustande gekommen ist, trägt im Falle der Honorarklage nach allgemeinen Grundsätzen der klagende Rechtsanwalt. Das gleiche gilt nach einem Urteil des Landgerichts Offenburg für den Umfang des erteilten Mandats.

9. Jul 2021

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 13/2021 vom 01.07.2021

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Sachverhalt

Die Klägerin zeigte in zwei arbeitsgerichtlichen Verfahren die Vertretung der Beklagten an und stellte Anträge. Die Beklagte hatte eine Vollmacht unterschrieben, die sich unter anderem auf die gesamte Prozessführung in allen Instanzen erstreckte. Kurz darauf widerrief sie die Vollmacht gegenüber der Klägerin. Diese machte anschließend gegenüber der Beklagten eine anwaltliche Vergütung in Höhe einer Verfahrensgebühr pro Verfahren geltend. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein. Sie behauptete, die Klägerin nur mit der Beantragung von Akteneinsicht und der Formulierung von Anträgen beauftragt zu haben. Ferner habe das AG die Beweislast für den Abschluss eines Anwaltsvertrags verkannt.

Entscheidung: Umfassende Vollmacht Indiz für unbeschränktes Mandat

Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen den Parteien ein Anwaltsvertrag zustande gekommen sei, trage im Falle einer Honorarklage nach allgemeinen Grundsätzen der klagende Rechtsanwalt. Das gleiche gelte für den Umfang des Mandats. Für beides reiche es nicht aus, dass der Anwalt die Entfaltung einer anwaltlichen Tätigkeit nachweise, die von der Sache her Gegenstand anwaltlicher Beratung oder Interessenwahrnehmung sein könne. Es müsse auch der Nachweis erbracht werden, dass die Tätigkeit als vertragliche Leistung in Erfüllung eines erteilten Mandats entfaltet worden sei.

Hier sei der Beweis für das Zustandekommen des Anwaltsvertrages sowie für ein umfassendes Mandat einschließlich Prozessführung in beiden arbeitsrechtlichen Verfahren geführt worden. Denn die Beklagte habe eine Vollmacht unterschrieben, die die Klägerin explizit zur gesamten Prozessführung in allen Instanzen ermächtigt habe. Die Erteilung einer derart umfassenden Vollmacht sei Indiz dafür, dass das Mandat der Klägerin nicht beschränkt gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso die Beklagte eine Prozessvollmacht habe unterschreiben sollen, ohne dass dieser ein zumindest konkludent geschlossener Anwaltsvertrag zugrunde gelegen habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum sie eine derart umfangreiche Vollmacht unterschrieben habe, wenn sie – wie von ihr behauptet – nur Akteneinsicht und Hilfe bei der Formulierung von Anträgen begehrt habe.

Praxishinweis

Bei einer Honorarklage muss der Rechtsanwalt darlegen und, falls bestritten, beweisen, dass ein Anwaltsvertrag zustande gekommen ist, die geltend gemachten Gebühren und Auslagen angefallen und fällig sind sowie dass die Vergütung ordnungsgemäß gemäß § 10 RVG berechnet wurde (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 25 Aufl. 2021 § 1 RVG, Rn. 205). Bei einem Gebührenrechtsstreit ist der Rechtsanwalt nicht an die Verschwiegenheitspflicht gebunden, soweit, aber auch nur soweit, eine auf Einlegung zur Durchsetzung seiner Ansprüche erforderlich ist (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021 § 1 RVG, Rn. 209 mwN).

LG Offenburg, Urteil vom 15.06.2021 - 2 S 7/20 (AG Offenburg), BeckRS 2021, 14438