NJW-Editorial
Danke, Max Schrems!
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Max Schrems wurde vor fünf Jahren durch ein Urteil des EuGH in aller Welt bekannt. In ihrem „Schrems-Urteil“ erklärten die Luxemburger Richter das „Safe Harbor“-Abkommen zwischen der EU und den USA für ungültig (NJW 2015, 3151). Auf „Schrems I“ folgt jetzt „Schrems II“. Der EuGH hat durch „Schrems II“ den „Privacy Shield“ gekippt (GRUR-RS 2020, 16082). Anwälte dürfen sich erneut über viel Beratungsbedarf freuen.

24. Aug 2020

Seit 2000 war „Safe Harbor“ die wichtigste Rechtsgrundlage für den Transfer europäischer Daten in die USA. Nach dem „Schrems I“-Urteil mussten Unternehmen den Datenverkehr auf neue Füße stellen. Dies bescherte Datenschutzexperten viel Arbeit. Gutachten, Konzepte und Verträge mussten neu geschrieben werden. Die Aufregung um „Schrems I“ legte sich, als sich Anfang 2016 die EU und die USA auf den „Privacy Shield“ einigten – ein Nachfolgeabkommen, das die Mängel beheben sollte, die zur Ungültigkeit von „Safe Harbor“ geführt hatten. Im Frühjahr 2016 wurde die DS-GVO verabschiedet: Compliance wurde zum Verkaufsschlager. Große Konzerne gaben hierfür nicht selten zwei- bis dreistellige Millionenbeträge aus.

Wie bereits 2015 bemängelt der EuGH jetzt bei „Schrems II“ den ungenügenden Schutz der Daten europäischer Bürger gegen den heimlichen Zugriff von US-Geheimdiensten. Ironie am Rande: Gegenüber europäischen Nachrichtendiensten können sich Europäer weder auf die DS-GVO noch auf die Grundrechte-Charta berufen. Das europäische Recht schützt Max Schrems nicht vor deutschen, französischen oder österreichischen Nachrichtendiensten. „Schrems II“ wird die Welt ebenso wenig verändern wie „Schrems I“. In Brüssel wird an neuen Standardvertragsklauseln gearbeitet, und es wird Verhandlungen mit den USA über ein neues Abkommen gegeben. Das Fehlen einer unabhängigen Kontrollinstanz, das der EuGH in „Schrems II“ bemängelt, war bereits bei den „Privacy Shield“-Verhandlungen ein Zankapfel, der „Ombudsmann“ ein fauler Kompromiss. In neuen Verhandlungen wird sich die US-Regierung bewegen müssen.

Bis zu einem neuen Abkommen werden Anwaltskanzleien alternative Konzepte für den Datentransfer entwickeln. Man wird Art. 49 DS-GVO („Ausnahmen für besondere Fälle“) neu entdecken. Durch Einwilligungen und Vertragskonstruktionen wird man die „Schrems II“-Hürden umschiffen. Die Datenschutzbehörden werden derweil Papiere schreiben, ansonsten aber tatenlos bleiben. Wie nach „Schrems I“ und der DS-GVO werden auch nach „Schrems II“ Anwälte, Berater und Datenschutzexperten die klaren Gewinner sein. •

Rechtsanwalt Prof. Niko Härting ist Gründungspartner von Härting Rechtsanwälte, Berlin.