Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Diller, Gleiss Lutz, Stuttgart
Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 03/2021 vom 21.01.2021
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Sachverhalt
Ausgangspunkt des Rechtsstreits waren die Versorgungszusagen, die die frühere manroland AG ihren Mitarbeitern erteilt hatte. Das Unternehmen hatte die Pensionsverbindlichkeiten über einen unternehmensinternen Treuhandverein (Contractual Trust Arrangement („CTA“)) in der üblichen Form einer doppelseitigen Treuhand abgesichert. Die CTA-Absicherung sollte ausdrücklich vorrangig solche Versorgungsansprüche betreffen, die nicht bereits über den PSV abgesichert waren, und erstreckte sich ausdrücklich auf Inflationsanpassungen nach § 16 BetrAVG.
Das Unternehmen musste im November 2011 Insolvenz anmelden. Dadurch wurde der klagende PSV eintrittspflichtig, dieser erwarb aber zugleich gem. § 9 II BetrAVG die Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer. Der PSV als Kläger machte gegenüber dem beklagten Treuhandverein geltend, in entsprechender Anwendung der §§ 412, 401 BGB habe er auch die CTA-Ansprüche der Mitarbeiter gegen den Treuhandverein erworben. Der Treuhandverein sei nicht berechtigt, vorrangig Ansprüche der Arbeitnehmer zu bedienen, die nicht PSV-gesichert seien, insbesondere nicht gem. § 16 BetrAVG laufende Renten zu erhöhen.
Entscheidung
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Das BAG bestätigte zunächst die grundsätzliche Insolvenzfestigkeit von – sachgerecht aufgesetzten – CTAs zur Absicherung von betrieblicher Altersversorgung. Ein CTA in der heute üblichen Form der Doppeltreuhand bewirke ein Absonderungsrecht des Treuhänders in der Insolvenz nach § 51 Nr. 1 InsO. Eine Insolvenzanfechtung nach den §§ 130 ff. InsO scheide regelmäßig aus.
Zwar erwerbe der PSV in der Insolvenz gem. §§ 412, 401 BGB im Rahmen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 9 II BetrAVG auch die Ansprüche der Arbeitnehmer aus Treuhandabreden gegen den Treuhänder eines CTA. Nach § 9 II 2 BetrAVG könne jedoch der Forderungsübergang nicht zum Nachteil der Berechtigten geltend gemacht werden. Deshalb müsse es der PSV hinnehmen, wenn das CTA vorrangig solche Ansprüche absichere, die nicht bereits über den PSV abgesichert sind und bezüglich derer kein gesetzlicher Forderungsübergang stattfindet. Deshalb könne auch geregelt werden, dass der Treuhänder das Treuhandvermögen vorrangig für Inflationsanpassungen nach § 16 BetrAVG zu verwenden habe, obwohl der PSV selbst nicht nach § 16 BetrAVG anpassungspflichtig sei.
Praxishinweis
Das Urteil ist von enormer praktischer Bedeutung. Zwar hatte das BAG bereits in einer Entscheidung vom 18.07.2013 (BeckRS 2013, 72734) ein CTA zur Absicherung von ATZ-Guthaben als insolvenzfest angesehen. Damit war jedoch die Anfechtungsproblematik für ein Betriebsrenten-CTA noch nicht abschließend geklärt, weil für ATZ-Guthaben eine gesetzliche Absicherungspflicht des Arbeitgebers besteht (§ 8a ATZG), während die Einrichtung eines Betriebsrenten-CTA den Arbeitnehmern eine überobligationsmäßige Sicherheit zusätzlich zur PSV-Absicherung verschafft, die zu Lasten der übrigen Gläubiger geht (Diller/Tresselt, ZIP 2017, 2084). Nunmehr hat das BAG klargestellt, dass – jedenfalls wenn das CTA rechtzeitig vor Eintritt einer Krise eingerichtet und dotiert wurde – der Insolvenzverwalter nicht anfechten kann.
Von großer praktischer Bedeutung ist auch die Entscheidung, dass zwar der PSV über §§ 412, 401 BGB i.V.m. § 9 II BetrAVG die Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den CTA-Treuhänder erwirbt, er sich jedoch die übliche Sicherungsrangfolge entgegenhalten lassen muss, nach der der CTA-Treuhänder vorrangig solche Betriebsrentenansprüche zu bedienen hat, die nicht über den PSV gesichert sind (z.B. Pensionen oberhalb der Sicherungsgrenze des § 7 III BetrAVG etc.). Ebenso zu akzeptieren hat der PSV eine Bestimmung, wonach der CTA-Treuhänder vorrangig laufende Renten an die Inflation anzupassen hat, obwohl weder den Insolvenzverwalter noch den PSV eine Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG trifft. Zu Recht hat das BAG hier darauf abgestellt, dass solche Sicherungsabreden zwar faktisch zu Lasten des PSV gehen, weil sie die auf ihn übergehenden Sicherungsabreden schmälern, dies aber nicht in schützenswerte Rechtspositionen des PSV eingreift, weil die Errichtung eines CTA ja auch nicht die PSV-Beiträge reduziert.
BAG, Urteil vom 22.09.2020 - 3 AZR 303/18 (LAG Hessen), BeckRS 2020, 35454